Pflegenotstand in Bayern: Bürokratie behindert Ausbildungsprojekt
Obwohl sie dringend benötigt werden, dürfen 15 Vietnamesen immer noch nicht zu ihrer Pflege-Ausbildung ins Allgäu reisen.
Pflegekräfte fehlen in ganz Bayern. Und die Lage spitzt sich in unserer alternden Gesellschaft zu. Längst wird daher nicht nur versucht, verstärkt junge Menschen für den Beruf zu begeistern, auch im Ausland werden Kräfte umworben. In Kempten soll dafür eine internationale Pflegeschule eröffnen. Doch der Start musste verschoben werden: Die 15 Vietnamesen, die im Herbst als erste Klasse ihre Ausbildung an der Kolping-Akademie beginnen sollten, sind nie im Allgäu angekommen. Es scheiterte an Formalitäten und fehlenden Visa, sagt Silvia Knips, die bei der Allgäu GmbH für die „Fachkräftesicherung Pflege“ zuständig ist.
Kolping-Akademie will Pfleger aus dem Ausland im Allgäu ausbilden
Die Allgäu GmbH arbeitet mit der Kolping-Akademie zusammen, um ausländische Schüler in die Region zu holen. In Bayern seien die entsprechenden Verfahren dafür jedoch sehr aufwendig – langwieriger als zum Beispiel in Baden-Württemberg, erklärt Knips.
So betreibe Kolping in Stuttgart bereits eine sehr erfolgreiche Pflegeschule mit 350 Schülern aus 20 Nationen. Dass das in Bayern nicht ganz so reibungslos laufe, sei zwar bekannt gewesen. Dass es aber so schwierig wird, die Schüler zum geplanten Zeitpunkt nach Kempten zu bekommen, hat nach Angaben von Knips niemand erwartet. Die 15 Vietnamesen machen ihre Ausbildung nun in einer anderen Einrichtung in Deutschland. „Sie konnten nicht warten“, sagt Knips und erklärt: Die Schüler machen in Vietnam auf eigene Kosten Deutschkurse und wollen danach schnellstmöglich mit der Ausbildung beginnen. Dass die motivierten Kräfte diese aufgrund von überbordender Bürokratie nicht in Kempten machen können, „ist zum Haareraufen“. Plan B laute nun, dass 2019 zwei Klassen mit jeweils maximal 25 Schülern in Kempten zu Pflegern ausgebildet werden. Die Schüler sollen dann aber nicht nur aus Vietnam kommen. Generell sei geplant, auch Flüchtlinge und Menschen aus Ländern wie Südafrika, Südamerika und Osteuropa für das Projekt zu gewinnen. Kontakt zu entsprechenden Organisationen in der ganzen Welt habe man zum Beispiel über das Kolping-Bildungswerk.
Pflegekräfte sollen nach der Ausbildung in Deutschland bleiben
Die Suche nach Kräften im Ausland sei aber nicht nur eigennützig, betont Knips. Auch den Ländern soll etwas Gutes getan werden. Es gebe zum Beispiel ein Projekt mit jungen Frauen aus Kamerun, die sich durch eine Arbeit in Deutschland eine eigene Existenz aufbauen könnten. Ländern, die selbst „Demografie-Probleme“ haben, werbe man dagegen keine Pflegekräfte ab.
„Es muss vor allem zu uns passen“, erläutert Knips weiter. In Ländern wie Vietnam habe das Alter etwa einen ganz anderen Stellenwert. Deshalb seien diese Personen besonders für den Pflegeberuf geeignet. Das geht aber nur, wenn die Menschen nach der Ausbildung auch in Deutschland bleiben. Deshalb stehe das Thema Integration an oberster Stelle, sagt Knips: „Da sind wir alle gefragt, damit das klappt und die Menschen sich willkommen fühlen.“ Das Kolping-Bildungswerk biete daher zusätzliche Sprachkurse an und unterstütze die Schüler auch im Alltag. Finanziert werde dies unter anderem von den Pflegeeinrichtungen, die Projektpartner sind. Ihren Lebensunterhalt verdienten sich die Pflegeschüler durch ihre Ausbildungsvergütung. Sie werden nach Tarif bezahlt und bekommen im ersten Lehrjahr 1024 Euro brutto.
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