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Nürnberg
07.06.2014

Rock im Park 2014: ABC zum Festivalwahnsinn in Nürnberg

Die deutsche Rockszene zieht es an diesem Wochenende nach Nürnberg. Alle Jahre wieder bricht das perfekte Chaos aus in Franken.
Foto: Alexander Rüsche, dpa/lby

Dieses Wochenende ist „Rock im Park“, Bayerns Höhepunkt des Festival-Sommers. Szenen eines Wahnsinns, der Methode hat. Was das perfekte Chaos über uns erzählt. Von A bis Z.

A wie Ausnahmezustand

Er herrscht wieder. 65 000 Menschen, das größte Open-Air-Spektakel Bayerns auf dem Nürnberger Zeppelinfeld, dort, wo einst aufmarschiert wurde, dem Führer zu gefallen, Reih und Glied, jetzt ein dröhnendes, schreiend buntes Gelage – ein Fest der Freiheit, die fortgeschriebene Woodstock-Legende gegen alle Uniformität? Aber alles ist bestens eingehegt, polizeibe-, videoüberwacht, und ist bestens vermarktet: Der Eintritt für die vier Tage dieses Jahr kostet 209,50 Euro. Der regulierte Ausbruch als Geschäftsmodell? Andererseits, Nietzsche schrieb: „Wahnsinn bei Individuen ist selten, aber in Gruppen … die Regel.“ Findet der hier seinen Entfaltungsraum? Wie im Fasching? Das Leben in Gemeinschaft basiert auf Regeln. Um sich ihrer Notwendigkeit bewusst zu werden, hilft es, diese in Ritualen auch mal außer Kraft zu setzen. Der organisierte Exzess, ein Mega-Event der bürgerlichen Reinigung? Wir werden sehen. Und damit hinein.

B wie Betäubungsmittel

Wer vormittags besoffen und besudelt über eine Wiese torkelt, beschreibt kein Leitbild der Leistungsgesellschaft. Wer allerdings an einem Festival-Tag eine Kiste Bier zu picheln und dann noch zur Musik zu hüpfen vermag, ist ein Hecht. Auf Elektro-Festivals tanzen substanzenfreudige Teilnehmer schon mal weiter zur Musik, die längst nicht mehr läuft. Hier fällt ein haubitzenvoller Bursche inmitten seiner Kumpels einfach um, wird gefeiert, für die spätere Heldengalerie handygeknipst. Wenn er sich nicht erinnern kann, war’s umso geiler.

C wie Chemietoiletten

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Symbol für die Schattenseite des Verlusts der bürgerlichen Ordnung, in der Hitparade der Gründe für Heimweh: Platz 1. So bedrückt sehen die Gesichter in mitunter langen Schlangen vor der blauen Plastikbox dann auch aus. Dabei war der Horror: Dass sich Witzbolde außen daran machen, das Ding zum Wackeln, gar zu Fall zu bringen, während einer drin ist. Früher. Heute laufen die Boxen nicht mal mehr über. Das Grauen ist weitgehend logistisch gezähmt. Bleibt nur das vor dem Kontrollverlust des Vorgängers und vor dem Blick in die Tiefe – und die zarte Hoffnung auf ein bisschen Klopapier. Cowboys aber leben hier auf, verlieren jede Hemmung, auch gut einsehbar, in Pose zu gehen.

D wie Deppen

Gibt’s reichlich. Im-Gedränge-Befummler, Musiker-mit-Bier-Beschmeißer. Die Herausforderung für die Kommune, die manche Regeln eben doch will, aber nur im persönlichen Zusammenstehen wahren kann. Die größten Deppen aber stehen auf der Bühne. Dazu gehört nicht ein Pete Doherty, selbst so besoffen, dass er „Schni-Schna-Schnappi“ singend von der Bühne gejagt wird. Dazu gehörte viel mehr Jeff Hanneman von Slayer, der am alten Nazi-Ort mit Freude Sieg-Runen auf seiner Gitarre vorführte. Und Rammstein, die ach so ironisch mit gereckter Rechter das martialische „Links“ Zwo! Drei! Vier!“ dröhnen. Dagegen gerne auch einen Campino von den Toten Hosen, der, klar, mit geschichtsbewusster Predigt zeigefingert, aber sich so gern zum Gutmenschen-Deppen macht.

E wie Ernährung

Fast Food. Fünf Fressmeilen lang. Und inzwischen auch bio und vegetarisch und vegan und alles. Trotzdem: Nach dessen Entledigung ist die Aufnahme der Nahrung gleich Rang 2 auf der Liste zur Sehnsucht einer Rückkehr in die Bürgerlichkeit. Zeltplatzgrillen zögert das nur leidlich heraus.

F wie Fasching

Als bräuchte die Ähnlichkeit des Zustands noch Verdeutlichung: Die Kostümierung nimmt stetig zu, dafür fehlen die alten Rocker-Kutten. Jetzt torkeln rosa Plüschhasen über den Weg und Superhelden in Strumpfhosen. Auffallen ist alles, das sonst bei ständig überlasteten Handynetzen oft gar nicht so einfache Wiederfinden der Gruppe aber gewährleistet. Am Schluss liegt die Maskerade meist im Dreck – damit das Alter Ego, ein Segen.

G wie Generator

Dieselaggregate sind ja nicht mehr zugelassen – aber mit zusätzlichen Autobatterien lässt sich in Camper-Lagern trotzdem 24 Stunden dröhnen – meist mit Musik, die sonst keiner hören will, durch die Zeltwände aber jeder abbekommt. Weil hier zudem jeder Quadratzentimeter bezeltet wird und es zudem Festivalgäste gibt, für die das Campen und Dröhnen Selbstzweck ist – Bühnen? Bands? War da was? – gibt es kein Entkommen. Sehnsuchtsparade zur Heimkehr: Platz 4.

H wie Helga

Kult! Mythos? Jedenfalls ein Sinnbild dafür, dass Verlust an Orientierung hier Trumpf ist. Seit vor bald 30 Jahren ein Festivalbesucher die ganze Nacht lang seine verloren gegangene Freundin mit „Helga“-Rufen suchte, branden die Schreie überall, immer wieder auf. Auch gut eingeführt ist das Ritual „Folgt dem Stuhl“: Einer hält einen solchen hoch, tätigt den Ruf und mitunter folgen Hunderte, kreuz und quer und verheerend über den Zeltplatz. Das Goldene Kalb dieser Gemeinschaft ist eine Unbekannte oder ein Campingstuhl. Alles Dada.

I wie Intimleben

Gibt es nicht. Ist drum überall. Meistens genau im Zelt nebenan (singt sie und grunzt er deshalb so laut?). Und in der entgrenzten Gesellschaft auch auf Großleinwand: Mädels, die auf den Schultern ihrer Freunde sitzen und für die Kamera ihre Brüste entblößen. Wer hat behauptet, die neue Freiheit wäre sexy?

J wie Jesus

Wo Menschenmassen sind, sind auch Prediger. Meistens auf der Bühne. Sie sagen Sachen wie: „Sei du selbst“ oder „Glaubt den Lügen der Politiker nicht“ oder „Wir sind das Volk“. Ein Wochenende damit – dann kann man wieder ins Büro.

K wie Kinder

Sind auch da. Aber nur zum Reinschnuppern mit Tagesticket – erkennbar auch an Eltern mit Ausflugstaschen und Multifunktionskleidung. Wohl die erste Maßnahme zur Desensibilisierung, meist noch mit Watte im Ohr. Das herbe Erwachen Jahre später: Der Nachwuchs übernimmt den Zeltplatz. Zeit zum Abtreten für die Routiniers.

L wie Liegen

Immer und überall möglich – so scheint’s. Aber die Wahl ist nicht immer ein Akt des Bewusstsein.

M wie Matsch

Der Reife-Test für den Ausbruchswillen. Ein Festival ohne Regen ist wie Müsli ohne Milch. Helden bauen Schlammrutschen, während andere versuchen, irgendwas irgendwie trocken zu halten. Wer Freude haben will, muss Kind genug sein, auch am Tag danach, wenn’s weiterregnet, wieder in die Pfützen hüpfen. Ausstiegs-Hitparade: Platz 3.

N wie Natur

Eine der häufigsten Behandlungsursachen bei den Rettungsdiensten: Zeckenbisse. Und gemeint sind keine Geheimattacken von einst sogenannten Punks, nein, was man gern vergisst: Die Natur ist auch noch da. Heimtückisch wehrt sie sich ein bisschen, dafür bleibt sie danach verheert und vermüllt zurück.

O wie Ozon

Natürlich verbraucht dieses Event Strom wie eine Kleinstadt und verbreitet auch Abgase. Am spürbarsten aber wird all das Gift in einer Regel: Bierfürze gefährden die Ozonschicht. Und das auch noch angereichert mit Fast Food.

P wie Prügeln

Solche Ausfälle sind seltener geworden, echte Rocker gibt’s ja kaum noch, alle so nett. Beziehungsstreitigkeiten gibt’s dafür immer wieder. Kann man ja schon mal durcheinanderkommen, in der Entgrenzung.

Q wie Quote

Errechnet sich am Verhältnis von Qualität zur Quantität. Bei Preisen von an die 4 Euro für an die 0,4 Liter leblose, bierähnliche Flüssigkeit kaum gegeben. Im Band-Programm eine heikle Angelegenheit. Denn auch diese Kommune differenziert sich immer weiter. Ein Mega-Event braucht für alle was – und hat damit für keinen genug. Außer Bier. Der neue Sozialismus?

R wie Risiko

Schlimmes Geräusch: von einem verursacht, der genau an die gleiche Stelle von der Bühne ins Publikum springt wie sein Vorgänger – wo alle schon alle Hände voll zu tun haben; verursacht von seinem Ellenbogen auf einer fremden Nase. Neue Gefahr: Kopfzusammenstöße, weil alle aufs Handys starrend durch die Gegend steuern, boing! Dazu Schnapsideen wie die zweier Camper, die in einer kalten Nacht den Grill mit glühenden Kohlen als Heizung ins Zelt holten – und fast erstickt wären.

S wie Stars

Noch die irrste Band aus dem nördlichen Ural hat textsichere Fans. Stars wollen hier aber auch viele vom Fußvolk sein, in jedem Grüppchen mindestens einer. Triumphe gibt’s meist nur in unfreiwilligen Wettbewerben wie „blödeste Aktion“. Zum Beispiel: Zelt verwechselt, schlafen gelegt, böses Erwachen.

T wie Tätowierungen

Was sich Menschen für Hässlichkeiten in ihre Haut stechen lassen – hier zu erleben. Schlumpffamilien und Monsterpornos. Hinzu kommt der Wettbewerb um den dümmsten T-Shirt-Spruch (weit vorn: „Ich kack’ zu Hause“) und die Spuren des Spaßes, den Freunde mit einem wasserfestem Flizer hatten, während du schliefst. Am besten ein auf der Stirn prangendes: Volldepp!

U wie Ufos

Zwei Jahre her, sie hatte schwarzes, kurzes Haar, war blass und fein – und sie lächelte. Dann war sie weg, von den 65 000 verschluckt, nicht mehr gesehen.

V wie Verbrennungen

Wie auf Malle – die Kehrseite, wenn einem den ganzen Tag der Planet aufs Dach strahlt. Wer liegen bleibt, wacht als Rothaut auf – bis zum dritten Grade. Wer besonders hart ist, malt sich mit Creme auf den nackten Oberkörper bloß ein „Na und?“, Effekt für den nächsten Tag.

W wie Windeln

Inkontinenz-Wattierung ist ja hier, im Reich der Gesellschaft gewordenen Pubertät, ein Graus aus der Ferne des Alterns. Aber dafür, dass man den Auftritt der Lieblingsband von ganz vorne erleben kann, und weil man bei dem Andrang dafür auch mal mehrere Stunden an Ort und Stelle durchstehen muss, trägt manch Erwachsener Windeln.

X wie x-beliebig

Vor dem Bierstand sind alle gleich, angetrunken auf der Wiese liegend sowieso, im Hüpfen und Singen erst recht. Denkste. Die meisten bleiben schön in Grüppchen, schön bei Freunden – andere sind da, um angeguckt zu werden. Aber kennenlernen? Kaum. Höchstens auf dem Zeltplatz, beim Trinkspiel. Man fährt ja nach dem Festival mit den Gleichen zurück in die gleiche Welt. Sind bloß Ferien, Abschalten, gebettet in einen umso nötigeren Rest des Gewohnten.

Y wie Ypern

Zynischer Vergleich. Aber für eine Generation ohne Krieg, wenn spätestens an Tag drei alles verschlammt ist und der ganze Platz, übersäuert und sonst was, garantiert anfängt zu stinken, dann sind das vielleicht die Gasangriffe und Schützengräben dieses Ausnahmezustands der Vergnügungsgesellschaft.

Z wie Zelten

Mitten in den Ausnahmezustand hat sich die Normalität zurückgestohlen. Es gibt extra Camping-Bereiche mit festen Ruhezeiten, Müll-Trennungs- und -Vermeidungs-Richtlinien. Die Bändigung und Verbürgerlichung schreitet voran. Und immer mehr Gäste schlafen auch schon im Hotel. Gehen vormittags noch ins Museum. Als wäre das alles ein Wochenendtrip mit Unterhaltungsprogramm!

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