Schießerei im Zug: Angeklagter ist drogenabhängig
Im Prozess um eine Zugschießerei im Alex von München nach Augsburg steht ein 45-Jähriger vor Gericht. Der Drogenabhängige sieht sich selbst als Opfer.
Im Prozess gegen den 45 Jahre alten Michael W., der vor einem Jahr im Alex von München nach Augsburg auf Polizeibeamte geschossen haben soll, hat der Angeklagte gestern über seine Drogenprobleme berichtet. Am ersten Verhandlungstermin hatte der aus Kasachstan stammende und zuletzt in Augsburg lebende Angeklagte mit deutschem Pass nur spärliche Angaben zu seiner Person gemacht und sich zum Tatvorwurf des versuchten Mordes nicht geäußert.
Angeklagter äußert sich nicht zu Tatvorwurf
Michael W. verfolgt das Geschehen im Gerichtssaal ohne jeglich Regung. Mehrere Fahrgäste, die am 21. März im Alex 84148 von München ins Allgäu saßen, berichten im Zeugenstand über die Rangelei im Zug, die Schreie, die Schüsse und über ihre Ängste. Zu Wort kommt auch der Polizist, der an jenem Nachmittag in der Polizei-Einsatzzentrale saß. Gegen 14.30 Uhr sei ein Notruf per Handy eingegangen. Der 45-jährige Bundespolizist habe sich aus dem Alex gemeldet: „Ich bin angeschossen worden, ich brauche einen Rettungswagen.“
Dann sei das Gespräch abgerissen, berichtet der Polizeibeamte. Das sei für ihn schlimm gewesen, sagt der Polizist im Zeugenstand. Er habe geahnt, dass sein Kollege in Lebensgefahr ist – aber nicht gewusst, wo er ist. Über die Bundespolizei erfuhr er schließlich den Aufenthaltsort des Alex, zudem ging wenig später ein weiterer Notruf des anderen verletzten Bundespolizisten ein. In wenigen Minuten seien dann Polizei-Einsatzkräfte am Kemptener Bahnhof eingetroffen, wo der Zug gegen 14.48 Uhr eintraf. Keiner wusste zu diesem Zeitpunkt, ob sich einer oder beide Gewalttäter noch in dem Zug befinden.
Drogensüchtiger soll im Zug einen Polizisten angeschossen haben
Der Angeklagte, der auch im Ermittlungsverfahren meist geschwiegen hat, schildert auf Nachfrage seines Pflichtverteidigers Felix Dimpfl dann doch recht ausführlich seinen Einstieg in die Drogenkarriere. Er spricht leise und in gebrochenem Deutsch. Begonnen habe alles beim Militärdienst in Kasachstan. Das war vor 26 Jahren. „Ich habe immer wieder Aufputschmittel genommen“, sagt der 45-Jährige. Um „runter zu kommen“, rauchte er anschließend immer öfter Cannabis oder nahm Morphium. Der gelernte Schlosser kam mit weiteren Drogen in Kontakt: „Im Grunde war ich auch heroin- und kokainabhängig“ – zuletzt nahm er vor allem Badesalz. Es folgten Haftstrafen und zwei Therapien. Eine absolvierte er, die zweite brach er ab. Zeitweilig habe er zehn Gramm Heroin am Tag konsumiert, sagt Michael W.
Beschuldigter sieht sich als Opfer
Der Richter will von dem 45-Jährigen wissen, wie er sich angesichts seiner Drogenproblematik die Zukunft vorstellt. Er wolle ja davon wegkommen, sagt der 45-Jährige. Doch das sei nicht so leicht. Immer wieder habe es in der Vergangenheit Gründe für Rückfälle gegeben. Er sieht sich selbst in der Opferrolle: Beispielsweise habe er ohne erkennbaren Grund einen Job verloren und sei wieder auf der Straße gestanden. Da sei er dann schnell wieder in die „kriminelle Umgebung“ geraten. Pro Tag habe er 30 bis 50 Euro für Drogen benötigt.
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