"Schütze 133": Rathaus-Geiselnehmer war "relativ unbeeindruckt"
Im Prozess um den Geiselnehmer aus Ingolstadt sagte am Freitag "Schütze 133" aus - er hatte den Geiselnehmer niedergeschossen. Der Angeklagte blieb dabei ungewöhnlich ruhig.
Der Geiselnehmer von Ingolstadt hatte sich dieses Mal ein Buch mitgebracht, in dem er zwischendrin ein wenig schmökerte. Und so begab es sich, dass Landgerichtsvizepräsident Jochen Bösl am gestrigen Verhandlungstag dem immer wieder vertieften und somit friedfertigen Angeklagten nicht einmal eine Sekunde Ordnungshaft verpassen musste. Und dies, obwohl „Schütze 133“ aussagte: der SEK-Beamte, der den Geiselnehmer kampfunfähig geschossen hatte.
Geiselnehmer sei "relativ unbeeindruckt" gewesen
Der auch vor Gericht anonym bleibende Polizist war bereits zum zweiten Mal als Zeuge geladen. Beim ersten Mal – das war an einem Verhandlungstag, als der Angeklagte noch nicht der beruhigenden Lektüre zugesprochen hatte – war er wegen ungebührlichen Verhaltens aus dem Gerichtssaal entfernt worden. Für alle Fälle also wiederholte der Schütze seine Aussage: Als der Zugriff befohlen wurde, sei die Tür im Alten Rathaus zum Zimmer mit den Geiseln aufgesprengt worden. Unmittelbar darauf habe er schnell mehrmals hintereinander geschossen. Der Geiselnehmer habe die Pistole in seine Richtung gehalten. Ob er dabei an einem Bürotisch noch saß oder schon stand, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Auch das Schusskanal-Gutachten über die Verletzungen des Geiselnehmers ist in dieser Sache nicht eindeutig. Der Angeklagte selbst kommentierte die Aussage des Schützen mit den Worten: „Das passt nicht zusammen.“
Dass der Zugriff aber notwendig wurde, darüber ist man bei der Polizei überzeugt. Der Verhandlungsführer, der mit dem Geiselnehmer verhandelt hatte, erklärte gestern, warum: Man habe ihn keinesfalls alleine mit einer der vier Geiseln, der Vorzimmerdame des Dritten Bürgermeisters, lassen wollen. Ihr hatte er vor der Geiselnahme über Monate nachgestellt.
Als seine Forderungen weitestgehend erfüllt waren, wollte er am späten Nachmittag der Geiselnahme noch Zeit mir ihr alleine verbringen. Die vorletzte Geisel, der Beschwerdemanager der Stadt, sollte freikommen. Und der Geiselnehmer wollte, so seine Aussage, dann „meine verfluchte Seele bei ihr auskotzen“. Angesichts der bedrohlichen Vorgeschichte und den Waffen, die er bei sich trug, wollte die Polizei das unter allen Umständen vermeiden. Der Zugriffsbefehl kam. Der Schütze selbst sagte gestern, der, den er niederschoss, sei „relativ unbeeindruckt“ gewesen.
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