Sechseinhalb Jahre Haft für Messerangriff auf Schwiegermutter
Jahrelang gab es Streit zwischen Schwiegersohn und Schwiegermutter. Als die Situation eskalierte, stach er sie brutal nieder. Dafür wurde der junge Vater verurteilt.
Sechseinhalb Jahre Haft – so lautet das Strafmaß für den Familienvater, der im vergangenen Oktober in Ellzee seine Schwiegermutter mit sechs Messerstichen lebensgefährlich verletzt hat. Die Erste Strafkammer am Memminger Landgericht verurteilte den Mann wegen gefährlicher Körperverletzung. Den rechtlichen Einschätzungen des Verteidigers und der Vertreterin des Opfers erteilte Richterin Brigitte Grenzstein deutliche Absagen.
Die Kammer um die Vorsitzende Richterin sah es als erwiesen an, dass der 29-Jährige nach der Tat seiner Schwiegermutter helfen wollte. Nach den Stichen habe er dem zu Boden gesackten Opfer sinngemäß gesagt: „Das hast Du jetzt davon, wie Du mich behandelt hast.“ Doch dann habe er sich besonnen, mit dem Handy die Polizei gerufen und so die Rettung der ihm verhassten Schwiegermutter ermöglicht. Damit gab er aus juristischer Sicht die Absicht auf, seine Schwiegermutter zu töten. Und wegen dieses „strafbefreienden Rücktritts“ wurde er nicht wegen versuchten Mordes verurteilt.
Die Vertreterin des Opfers hatte in ihrem Plädoyer eine Verurteilung wegen Mordversuchs verlangt: Der Angeklagte habe gewusst, dass die 54-Jährige als Zeugin Jehovas keine Bluttransfusion annehmen werde und sei daher davon ausgegangen, dass die Schwiegermutter nicht zu retten sei. Die Stiche hatten unter anderem die Lungenflügel und die Leber der Frau verletzt, was zu massivem Blutverlust führte. Doch weil sie bewusstlos war und nicht protestieren konnte, verabreichten ihr die Ärzte Blutkonserven und retteten so ihr Leben. Dieses Argument der Rechtsanwältin ließ Grenzstein nicht gelten: „In dieser Situation gab es bei ihm kein Nachdenken über Glaubensregeln“, sagte die Richterin.
Der Täter war nur bedingt steuerungsfähig
Denn der Mann stand zum Tatzeitpunkt massiv neben sich. Ein Gutachter hatte ausgesagt, dass der Täter aufgrund einer akuten Belastungsreaktion nur bedingt steuerungsfähig gewesen sei. Der Verteidiger hatte in seinem Schlussvortrag erklärt, dass aufgrund dieses emotionalen Ausnahmezustands ein minderschwerer Fall von gefährlicher Körperverletzung vorliege und eine Haftstrafe von vier Jahren gefordert. Diese Sichtweise bezeichnete Grenzstein aber als „abwegig“: „Es bleibt eine fürchterliche, eine krasse Bluttat, sodass eine erhebliche Strafe nötig ist.“
Der Angeklagte hatte das Klappmesser geöffnet in eine Hosentasche gesteckt. Als er auf die Schwiegermutter losging, dachte die zunächst, er wolle sie schlagen. „Das Opfer hat nicht mit einem Angriff gerechnet. Das Mordmerkmal Heimtücke ist damit klassisch erfüllt“, sagte die Richterin. Die Brutalität spreche gegen den Täter, der der Frau nachsetzte, als diese nach dem ersten Stich in ihre Wohnung flüchtete. Zudem leidet das Opfer weiter unter den Folgen. Zugunsten des Angeklagten wertete die Kammer dessen ausführliches Geständnis, dass er bis zum Tattag ein strafrechtlich untadeliges Leben geführt hatte und dass er unter der Trennung von seinen Kindern leidet.
Der Familienvater hatte die Schwiegermutter für das Scheitern seiner Ehe und den Verlust seiner Kinder verantwortlich gemacht. Zu Beginn der Beziehung hatte sich die Schwiegermutter tatsächlich massiv eingemischt und den Wunsch des jungen Paares nach Privatsphäre völlig missachtet. Doch mit der Zeit wurde der Mann zum Aggressor: Nach der Geburt der ersten Tochter kontrollierte er seine Frau, um zu verhindern, dass seine Schwiegermutter Kontakt zu seinen Kindern aufnimmt. „Dadurch ist die Ehe in Schieflage geraten“, sagte die Richterin. Hinzu kamen Affären des Mannes mit anderen Frauen. Streits waren an der Tagesordnung. Als die Ehefrau mit den Kindern die gemeinsame Wohnung bei Ulm verließ, war das der Auslöser für die schlimme Tat.
Die Diskussion ist geschlossen.