Seehofer erklärt S-Bahn-Ausbau für gescheitert
Die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke ist offenbar endgültig gescheitert. Ministerpräsident Seehofer hat das Aus für das Projekt jetzt bestätitigt, berichten Münchner Medien.
Laut Münchner Merkus sagte Seehofer am Rande einer Landtagssitzung: "Wir können sie jetzt nicht realisieren." Auch ein späterer Bau sei "nicht im Bereich der höchsten Wahrscheinlichkeit". Seehofer will nun ein Konzept aus Einzelmaßnahmen für den Nahverkehr vorlegen.
Aus hatte sich schon länger abgezeichnet
Schon länger hatte sich diese Entwicklung abzezeichnet. Seehofer hatte erklärt, dass er die Pläne zum Ausbau der Münchner S-Bahn für gescheitert erklären wollte, wenn sich die Stadt München nicht in letzter Minute doch noch bewegt und einen Teil der Vorfinanzierung übernimmt. Trotz mehrerer Anläufe sei die Stadt nicht "zu einer kreativen Gemeinschaftsleistung" bereit, kritisierte Seehofer am Mittwoch und betonte: "Jetzt - finde ich - sollten wir einen Schnitt machen und uns um die Dinge kümmern, die konkret jetzt realisiert werden können." Im Kabinett solle nun beraten werden, welche Maßnahmen zur "Netzertüchtigung" akut angegangen werden sollten. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) lehnte es aber ab, die Planungen für das Milliarden-Projekt zweite Stammstrecke für alle Zeiten in der Schublade verschwinden zu lassen.
"Wir haben ein Angebot an die Landeshauptstadt München gemacht, wie man dieses Großprojekt für die ganze Region München realisieren könnte. Dieses Angebot ist abgelehnt worden - das ist bedauerlich", sagte Seehofer. Er betonte, der Freistaat habe Finanzmittel im Haushalt zur Verfügung gestellt und sei bereit, über seine eigenen Verpflichtungen hinauszugehen und einen Teil der Bundesmittel vorzufinanzieren. "Auch wir gehen über unsere Verpflichtungen hinaus - und würden erwarten, dass das andere auch tun", erklärte er.
Seehofer betonte: "Die Angebote lagen jetzt lange genug auf dem Tisch." Es könne nicht endlos weiter diskutiert werden. Deshalb werde spätestens kommende Woche bereits darüber beraten, welche konkreten Maßnahmen man alternativ angehen wolle. "Wir können nicht einfach zwei Jahre lang nichts tun. Das hat die Bevölkerung nicht verdient."
Seehofer stellte in Aussicht, dass der Freistaat bei der Finanzierung der alternativen Projekte "nicht zu knauserig" sein werde. Auf die Frage, ob es bei den absehbaren Kosten für solche Alternativprojekte dann in absehbarere Zeit überhaupt noch einmal genug Geld für die zweite Stammstrecke geben könnte, sagte er: "Das ist jedenfalls nicht im Bereich der höchsten Wahrscheinlichkeit."
Seehofers Stellvertreter Zeil lehnte es dagegen entschieden ab, das Projekt zweite Stammstrecke endgültig aufzugeben. Es sei nicht verantwortbar, die Pläne "für alle Zeiten in der Schublade verschwinden zu lassen". Er könne nicht mit leichter Hand die in mehr als zwölf Jahren erarbeiteten Pläne "in den Mülleimer schmeißen".
"Wir können keine Verkehrspolitik - gerade bei dieser Dimension - nur nach Kassenlage machen", betonte Zeil. Zudem sei eine andere dauerhafte Lösung nicht in Sicht: "Es gibt kein echte Alternative zur zweiten Stammstrecke." Zwar könne man bestimmte Maßnahmen vorziehen. Aber die Hunderttausenden von Pendlern hätten einen Anspruch darauf, "dass wir an einer langfristigen, durchgreifenden Lösung des Problems festhalten". Man müsse das Planfeststellungsverfahren zu Ende führen.
Kritik an Ude
Scharfe Kritik übte Zeil vor allem an der "Verweigerungshaltung" von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), aber auch - ohne ihn namentlich zu nennen - an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und der Bundesregierung insgesamt. Ude habe sich nicht bewegt und damit auch in Berlin dem gemeinsamen Anliegen geschadet.
Andererseits kritisierte Zeil, dass es anderen Ballungszentren ähnlich ergehe wie München. "Ich sehe auf Bundesebene keine Konzeption, wie wir die Kraftzentren dieser Republik verkehrsmäßig stärken." Da rede man von Klimaschutz und Energiewende und lasse zu, "dass die Nahverkehrssysteme in unseren Ballungsräumen kollabieren" - und das in Zeiten, da man Milliarden Euro für europäische Rettungsschirme bereitstelle, kritisierte Zeil. "Das ist für mich das Gegenteil von nachhaltiger Politik", betonte der FDP-Politiker. dpa
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