Seltsame Schreie sind seit Wochen am Bahnhof Pasing zu hören
Schrille, seltsame Schreie ertönen seit einigen Wochen am Bahnhof in München-Pasing. Fahrgäste sind irritiert. Was steckt hinter den Geräuschen?
"Iiik-iiik-iiik-iiik-iii", tönt es von oben. Die Fahrgäste schauen irritiert. Seit einigen Wochen geht das schon so: Am Bahnhof in München-Pasing erklingen ungewöhnlichen Schreie - Falkenschreie, um genau zu sein.
Haben sich etwa Falken an dem neusanierten Bahnhof eingenistet? Nein, erklärt Bernd Honerkamp, Pressesprecher der Deutschen Bahn. Die Schreie kommen vom Band. Damit möchte die Bahn die zahlreichen Tauben vertreiben, die vor allem seit dem Umbau in großer Stückzahl am Pasinger Bahnhof nisten. Von einer regelrechten Plage ist die Rede. An den Tieren störten sich einerseits viele Fahrgäste. Andererseits greife Taubenkot die Bausubstanz an, so Honerkamp.
Falken sind die natürlichen Feinde der Tauben
Die Zahl der Tiere ist laut Bahn so groß, dass die herkömmlichen Spieker - das sind Abwehrstachel, die die Tauben daran hindern sollen, sich am Bahnhof niederzulassen - nicht mehr ausreichen, um dem Problem Herr zu werden. Seit Anfang Juni setzt die Deutsche Bahn in Pasing daher auf Falkenschreie, genauer gesagt auf den Ruf von Wanderfalken - den "natürlichen Feind der Taube". "Das ist Neuland, wirklich ein Pilotprojekt", sagt Pressesprecher Honerkamp.
Audio-Datei: So klingen die Falkenschreie am Bahnhof Pasing
Sechs Mal in der Stunde sind in München-Pasing nun Falkenschreie zu hören - stets in unterschiedlichen Zeitabständen. Drei verschiedene Schrei-Versionen existieren - die Tauben sollen sich ja nicht gewöhnen. Die Bahn hat sie im Internet heruntergeladen. Alles läuft über die normale Lautsprecheranlage, weswegen das Projekt "relativ kostengünstig" gewesen sei, so Honerkamp.
Falkenschreie: "Der Ton ist nicht so schön"
Doch wie reagieren Fahrgäste und die anliegenden Gastronomiebetriebe auf das Vogelgeschrei vom Band? Mit den Fahrgästen gebe es überhaupt kein Problem, sagt DB-Pressesprecher Honerkamp: Sie zeigten sich interessiert und hätten Verständnis für die vergleichsweise "tierfreundliche Art, die Tauben zu vertreiben". Bei den Gewerbetreibenden hingegen sei das Echo unterschiedlich: "Der Ton der Schreie ist nicht so schön." Doch das müssten die Pächter in Kauf nehmen.
Inwiefern die ganze Aktion ein Erfolg ist, vermag Bahn-Sprecher Honerkamp noch nicht sagen. Immerhin würden die Tauben auffliegen, wenn sie Falkenschreie hören. Ob der Effekt allerdings anhält und die Tauben dauerhaft wegbleiben, ist noch unklar. Bei der Bahn ist man aber optimistisch: Seit Mitte Juni läuft das Falkenschrei-Projekt auch an den Bahnhöfen Starnberg und Germering-Unterpfaffenhofen.
Lassen sich die Tauben täuschen?
Der Münchner Falkner Wolfgang Schreyer hingegen ist skeptisch, ob das Projekt sinnvoll ist - und die Tauben dauerhaft wegbleiben. "Das kann vielleicht ein, zwei, drei Tage funktionieren", sagt er. "Doch dann merken die Tiere, dass die Falken nicht vor Ort sind."
Sollten sich die Tauben an die Schreie vom Band gewöhnen, werde man prüfen, inwiefern man lebendige Falken einsetzen könne, sagt dazu DB-Sprecher Honerkamp. Diese würden die Tauben dann allerdings nicht nur vertreiben, sondern töten. Schreyer wiederum ist auch in diesem Punkt skeptisch: "Kein Falkner wird seinen Vogel aufs Spiel setzen", sagt er. Die Gefahr für die Tiere, sich zu verletzen, sei zu groß.
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