Streit zwischen Obdachlosen: Mann wirft 29-Jährige in Bach
Körperverletzung im Kaufbeurer Obdachlosenmilieu: Ein Mann warf eine 29-Jährige in den Mühlbach. Die Frau schwebt später aber wohl auch wegen eines anderen Grunds in Lebensgefahr.
Die Geschichte, mit der sich gestern die Große Strafkammer des Kemptener Landgerichts beschäftigt hat, spielt im Kaufbeurer Obdachlosen- und Alkoholikermilieu. Genauer gesagt: Dort wo sich „hinter den Garagen“ am Mühlbach die einschlägige Szene trifft. Hier geht es meist um Drogen und Alkohol. Wer hier den Tag verbringt, der ist ganz unten angelangt – zumindest in den Augen der meisten Beobachter.
Es ist Mittwoch, der 8. Mai 2013, gegen 19 Uhr: Wie fast jeden Tag treffen sich hier auch an diesem Tag Obdachlose und Trinker. Darunter auch eine junge Frau, die einen erst vor Kurzem aus der Haft entlassenen Bekannten anspricht. Es geht um Fentanyl-Pflaster, die Drogenabhängige wegen des Opiat-Gehalts auskochen und sich den Wirkstoff dann spritzen.
Der Täter wollte seine Ruhe
Es geht auch um einen Freund aus der Szene, der einen Herzinfarkt erlitten haben soll. Die 29-Jährige macht sich Sorgen. Der erst vor Kurzem aus der Haft entlassene Mann aber will von alledem nichts hören. Er will nur seine Ruhe, doch die junge Frau versucht immer wieder, mit ihm zu diskutieren.
Schließlich macht er eine zuvor ausgesprochene Drohung wahr: Er packt die junge Frau und wirft sie in den etwa 1,30 Meter tiefen Bach. Dabei verletzt sich die Frau im Gesicht und schlägt sich drei Zähne aus. Nach der Tat kippt sich die ohnehin bereits betrunkene Frau, die von Freunden aus dem Bach gerettet wird, noch eineinhalb Flaschen Schnaps rein.
War es versuchter Totschlag?
In der Anklageschrift wird dem 41-Jährigen versuchter Totschlag in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung vorgeworfen. Ihm sei es gleichgültig gewesen, dass die Frau hätte ertrinken können, heißt es in der Anklageschrift.
Vor Gericht sagte der 41 Jahre alte Angeklagte gestern, er sei von der 29-Jährigen immer wieder genervt worden und habe eigentlich nur in Ruhe sein Bier trinken wollen. Er bestritt jegliche Tötungsabsicht.
Der Mann hatte schon 14 Vorstrafen
„Ich wollte das mit ihm ausquatschen“, sagte die junge Frau gestern vor Gericht, die nach eigenen Angaben derzeit obdachlos ist. Im Anschluss an die Tat war sie in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert worden – wohl auch, weil sie nach der Rettung aus dem Bach mindestens eine Flasche Schnaps auf ex getrunken hatte.
Der Staatsanwalt, der vom Vorwurf des versuchten Totschlags abrückte, forderte eine zweijährige Bewährungsstrafe wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Nötigung. Für den Angeklagten spreche sein Geständnis und die Entschuldigung bei dem Opfer, gegen ihn seine „lebhafte kriminelle Karriere“ mit 14 Vorstrafen.
Verteidiger Wilhelm Seitz sah in der Tat eine fahrlässige Körperverletzung und hielt ein Jahr auf Bewährung für ausreichend. Die Strafkammer verurteilte den Mann zu einem Jahr ohne Bewährung.
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