Stromtrasse nach Meitingen gestoppt - aber wohin kommt sie jetzt?
Die geplante Stromtrasse von Sachsen-Anhalt nach Meitingen wird nicht kommen. Zumindest das scheint jetzt festzustellen. Aber Bayern braucht Strom. Also was dann?
Die 450 Kilometer lange „Gleichstrompassage Süd-Ost“ von Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt nach Meitingen bei Augsburg war eine von drei geplanten Haupttrassen der Energiewende. Sie sollte ab 2022 Strom nach Bayern bringen, wenn das Kernkraftwerk Gundremmingen abgeschaltet wird.
Bayern hatte beim Bundesbedarfsplangesetz dem Bau der Höchstspannungsleitung 2013 zugestimmt. Nach Vorschlägen des zuständigen Betreibers Amprion für einen Trassenverlauf war es aber zu massiven Protesten gekommen. In vielen Gemeinden entlang der geplanten "Monster-Trasse" regte sich Widerstand. Und auch die CSU schwenkte um. Ministerpräsident Horst Seehofer stellte sich im Januar an die Spitze der Gegner der „Gleichstrompassage Süd-Ost“.
Nun sieht es so aus, als sei die Trasse nach Meitingen tatsächlich vom Tisch. Vergangene Woche erklärte Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), die umstrittene Süd-Ost-Passage aus dem ostdeutschen Braunkohlerevier ins schwäbische Meitingen werde „definitiv nicht kommen“.
Dies sei in Berlin bereits ausgehandelt. Alternativ soll es aber eine andere Leitung geben, die norddeutschen Ökostrom auf verträglicherem Weg nach Südbayern bringt. Über Details einer neuen Trasse wird laut Aigner in Berlin derzeit intensiv verhandelt. "Wir lehnen die Süd-Ost-Passage ab - und alles Weitere werde ich Ihnen im September sagen", meinte sie.
Anfangs- und Endpunkt der Trasse werden nun wohl neu festgelegt werden. Dazu werde das Bundesbedarfsplangesetz geändert, berichtet der "Focus" in seiner aktuellen Ausgabe. Weil Seehofer und seine Wirtschaftsministerin fürchten, dass über die Trasse vor allem Braunkohlestrom aus den Revieren im Osten in den Freistaat fließen könnte, soll der neue Anfangspunkt laut "Focus" jetzt voraussichtlich in Mecklenburg-Vorpommern liegen. Denn dort wird vorwiegend Windenergie erzeugt.
Stromtrasse: Neue Route gesucht
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), ebenfalls Gegnerin des bisher angedachten Trassenverlaufs, reagierte erleichtert. "Unser konsequenter Widerspruch und unsere Argumente gegen die Nord-Süd-Stromtrasse durch Ost-Thüringen zeigen offenbar Wirkung", teilte Lieberknecht mit. "Für eine erfolgreiche Energiewende ist diese Leitung durch wertvolle Natur- und Kulturlandschaften nicht erforderlich. Sie würde die Interessen unseres Landes und der Menschen massiv beeinträchtigen."
Seehofer selbst will bis auf weiteres keine öffentliche Diskussion mehr über mögliche neue Stromtrassen durch Bayern. Er sei sehr entschlossen, nicht mehr über Zwischenstände der laufenden Gespräche zu reden - "weil die immer eher die Lösung gefährden als ermöglichen", sagte er heute vor einer CSU-Vorstandssitzung in München.
Seehofer schließt Volksbefragung über Stromtrassen-Bau nicht aus
Der Ministerpräsident schließt eine Volksbefragung über den Bau von Kraftwerken und Stromtrassen nicht aus. Er sei immer dafür, dass Politik aus eigener Kraft, im Dialog und mit guten Argumenten Probleme löse und Entscheidungen herbeiführe, sagte der CSU-Vorsitzende am Montag nach einer Sitzung des CSU-Parteivorstands in München. "Aber wenn es notwendig sein sollte und sich anders nicht auflösen lässt, dann stehe ich der Beteiligung der Partei und der Bevölkerung durchaus offen gegenüber."
Seehofer sagte über eine mögliche Volksbefragung: "Es ist nicht das, was man anstrebt - aber ich kann's auch nicht ausschließen." Wenn sich "alles verkanten sollte", sei dies eine Möglichkeit. "Aber ich glaube, es wird sich nicht verkanten", fügte er mit Blick auf den Dauerstreit über mögliche Trassenverläufe hinzu. Er hätte aber auch "nicht die geringste Furcht" vor einer Volksbefragung. Die Junge Union hatte sich auf einer Landesversammlung am Wochenende für eine solche Volksbefragung über das künftige Energiekonzept ausgesprochen.
bo/jub/AZ/dpa/lby
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