Stromtrassen-Pläne: Netzbetreiber suchen das Duell mit Seehofer
Horst Seehofer stemmt sich gegen neue Stromautobahnen nach Bayern. Die Netzbetreiber hingegen haben zwar Korrekturen vorgenommen, halten aber an ihren Plänen fest.
Da halfen auch alle Proteste der betroffenen Bürger und der entschiedene Widerstand von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nichts: Die vier großen Betreiber der Stromnetze in Deutschland bleiben bei ihren Planungen für neue Stromtrassen. Damit die Energiewende gelingen kann, braucht Deutschland bis 2022 neue Stromautobahnen mit einer Gesamtlänge je nach Szenario zwischen 2200 und 3700 Kilometern, die den überschüssigen Strom aus dem Norden ohne Umwege in die Industriegebiete im Süden und Südwesten bringen. Nur auf diese Weise könne nach ihrer Ansicht die Energielücke geschlossen werden, die durch die Abschaltung der noch laufenden Atomkraftwerke im Süden entstehen wird.
Auch zu der von Seehofer in Frage gestellten neuen Ost-Süd-Trasse quer durch Bayern sehe man keine Alternative, hieß es am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung des überarbeiteten Netzentwicklungsplans 2014 durch die Firmen Tennet, 50Hertz, Amprion und TransnetBW. Gegen den Bau dieser Monster-Trasse gibt es in Thüringen wie in Bayern massive Proteste, zahlreiche Bürgerinitiativen haben sich gegründet, die vor einer Zerstörung der Landschaft und Gesundheitsschäden durch die Hochspannungsleitungen warnen.
Netzbetreiber: Keine Vorzugsbehandlung "für die, die am lautesten schreien"
CSU-Chef Seehofer hatte einen Planungsstopp gefordert und den Netzbetreibern vorgeworfen, sie hätten nur ihren Profit im Auge, zudem würde mit den Leitungen schmutziger Strom aus den ostdeutschen Braunkohlerevieren in den Süden transportiert. Die vier Netzbetreiber haben bei ihren neuen Plänen ein Stück weit auf die Kritik reagiert und den Verlauf der Trassen leicht abgeändert. Es könne jedoch keine Vorzugsbehandlung geben, „für die, die am lautesten schreien“, heißt es aus Kreisen der Netzbetreiber.
Kleinere Veränderungen gibt es bei der 800 Kilometer langen Südlink-Trasse, der geplanten Hauptschlagader der Energiewende, die den Windstrom von Schleswig-Holstein nach Baden-Württemberg führt. Sie soll künftig im Raum Wendlingen enden, um näher an den Großraum Stuttgart zu rücken.
Die Investitionen in die neuen Netze belaufen sich auf mindestens 22 Milliarden Euro. Die Netzbetreiber wiesen am Dienstag darauf hin, dass viele Stromleitungen schon jetzt an ihrem Limit seien, jährlich entstünden Kosten von 400 Millionen Euro durch Netzeingriffe oder die zwangsweise Abschaltung von Windrädern. In Zukunft werde sich die Zweiteilung des deutschen Strommarktes verschärfen.
Stromtrassen: Bundesnetzagentur muss Pläne noch genehmigen
So gebe es im Norden und Osten Deutschlands ein Überangebot an Strom aus Wind und Braunkohle, dagegen sei spätestens ab 2022, wenn das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet werde, im Süden die Nachfrage nach Strom deutlich höher als die Produktion. Die Netzbetreiber warnten, ohne den Bau der neuen Trassen könnte in Bayern der Einkaufspreis für Strom bis zu 30 Prozent teurer werden als im Norden.
Die Pläne der Netzbetreiber müssen noch von der Bundesnetzagentur geprüft und genehmigt werden. Das soll angeblich im Frühjahr 2015 geschehen. Zudem beschäftigen sich auch noch Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat damit. Bayern will über die Länderkammer seinen Einfluss geltend machen. In Berlin gilt es als sicher, dass sich die drei Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) auf einem Koalitionsgipfel des Themas Netzausbau annehmen.
Der Sprecher von Amprion, Andreas Preuß, sagte auf Nachfrage, der Netzbetreiber werde jede Entscheidung der Politik akzeptieren und damit leben. Aus Sicht des Unternehmens könne aber ohne die Höchststromtrassen in den Süden weder die Versorgungssicherheit noch die Systemstabilität der Netze in Deutschland gewährleistet werden. (mit dpa, ioa)
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