Suff und Hass: "Schickeria" stürmte Club-Bus
Die Rivalität zwischen Fans des Fußballrekordmeisters FC Bayern München und Anhängern des 1. FC Nürnberg ist im Frühjahr 2007 in der Nähe von Würzburg eskaliert.
Bei einer wilden Schlägerei auf einem Autobahnrastplatz wurden fünf Club-Fans zum Teil lebensbedrohlich verletzt, eine Frau sogar so schwer, dass sie ein Augenlicht verlor. Die ersten drei von insgesamt knapp drei Dutzend Münchner Fans müssen sich seit Mittwoch vor dem Amtsgericht Würzburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft den jungen Männern im Alter von 21, 22 und 26 Jahren unter anderem gefährliche Körperverletzung, Raub und schweren Landfriedensbruch vor.
Zwei Schnellhefter hielt sich der Jüngste der drei angeklagten Bayern-Fans vor sein Gesicht, als er den Gerichtssaal betrat. Niemand sollte ihm offensichtlich seine Schmach ansehen. "Mir tut die ganze Sache wahnsinnig leid", sagte der Auszubildende aus dem Allgäu. Der junge Mann im weiß-schwarz gestreiften Hemd sprach mit leiser Stimme, als er dem Jugendschöffengericht seinen Erinnerungen an den 5. Mai 2007 schilderte.
Vor Beginn der Rangelei will er nicht gewusst haben, dass auf dem Parkplatz auch Club-Fans mit ihrem Bus eine Pause eingelegt hatten. "Wir haben etwa 50 Meter hinter dem Nürnberger Bus gehalten", erzählte der 21-Jährige. Zwei bis drei Bier habe er bis dahin bereits auf der Fahrt zu einem Spiel seines Lieblingsvereins in Mönchengladbach getrunken. Auf dem Rastplatz sei er zügig mit anderen Bayern-Fans auf die Nürnberger zugegangen. Club-Fans hätten zuerst mit Flaschen auf die Münchner geworfen, deshalb habe er eine volle Plastikflasche zurückgeworfen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass genau diese Flasche die 45 Jahre alte Frau des Busfahrers am Kopf traf. Die Frau verlor ein Augenlicht.
Nach Ansicht der Anklage wurde die Attacke der Bayern-Anhänger - alle sollen der als gewaltbereit bekannten Fangruppe "Schickeria München" angehören - nicht von den Franken provoziert. Zunächst hatten zwei Busse mit 74 Bayern-Fans auf dem Rastplatz gehalten. Etwa 20 sollen dann zum Nürnberger Bus gestürmt sein und sofort begonnen haben zu randalieren.
"Ich habe ihn mit dem rechten Fuß in den Bauch getreten", räumte der 22 Jahre alte Angeklagte aus dem oberfränkischen Wirsberg seinen Angriff auf den Busfahrer der Nürnberger ein. Eigentlich habe er gar keinen Ärger gewollt. "Ich will aber auch nichts beschönigen", sagte der Heizungsbauer, der mit zwei Verteidigern vor Gericht erschienen war. Erst später habe er realisiert, dass die Club-Fans friedlich waren. Das Verhältnis zwischen den Anhängern der Fußballteams beschrieb er auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters mit dem Wort "Hass".
Auch dem dritten angeklagten Bayern-Fan, einem 26 Jahre alten Lageristen aus dem mittelfränkischen Emskirchen, wirft die Staatsanwaltschaft gefährliche Körperverletzung vor. "Wir wollten die Nürnberger Fans angreifen", ließ er seinen Verteidiger erklären. Allerdings habe er niemanden geschlagen. "Ich habe die Nürnberger Fans angepöbelt, habe wild gestikuliert und war sehr aggressiv." Bereits als Zwölfjähriger habe er sich für den FC Bayern begeistern können, sich sogar deshalb tätowieren lassen. Mit steigendem Alkoholkonsum sei er später immer gewaltbereiter geworden, sagte der Verteidiger des stark eingeschüchtert wirkenden 26-Jährigen.
Wer letztendlich welche Flaschen geworfen und wer welches der fünf Opfer verletzt hat, will das Gericht bis Mitte Februar klären. Die Prozesstermine gegen die etwa 30 weiteren angeklagten FC-Bayern-Anhänger stehen noch nicht fest.
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