Tage der Wahrheit für Christine Haderthauer
Jetzt wird es ernst: Ministerpräsident Seehofer steht wegen der Modellbau-Affäre vor einer schwierigen Entscheidung. Soll er Christine Haderthauer bitten zurückzutreten?
Der Chefin der Bayerischen Staatskanzlei, Christine Haderthauer (CSU), stehen ungemütliche Tage bevor. Seit Wochen steht sie wegen der Modellbau-Affäre im Kreuzfeuer der Kritik. Aber jetzt wird es ernst. Ihre Frist droht abzulaufen. Diese Woche will Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) alle verfügbaren Fakten auf dem Tisch haben.
Dabei geht es zum einen um den Betrugsverdacht gegen die Ministerin aus Ingolstadt: Wie steht es mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft? Kann Haderthauer ihre Zusage einlösen, alle Vorwürfe schnell zu entkräften? Zum anderen wird Seehofer, wie er schon angekündigt hat, eine „neue politische Bewertung“ vornehmen, wenn sich „Widersprüche herauskristallisieren“. Nach allem, was über den Sommer an fragwürdigen Details zu den Geschäften mit den von psychisch kranken Straftätern gefertigten Modellautos bekannt geworden ist, heißt das für Haderthauer: Alarmstufe rot.
Doch damit nicht genug. Jenseits der Festlegungen des Ministerpräsidenten, wie er in der Affäre vorgehen will, gibt es noch ein Problem, das nicht zu unterschätzen ist: Seehofer steht unter Zeitdruck. Er wird die Angelegenheit nicht mehr lange aus der Distanz beobachten können, seit SPD, Grüne und Freie Wähler eine Sondersitzung des Landtags am 16. September durchgesetzt haben.
Mit einer umfassenden Aufklärung in der Sache ist bis zu diesem Termin kaum zu rechnen. Seehofer steht somit vor einer ziemlich unangenehmen Frage: Soll er Haderthauer weiterhin stützen oder soll er sie – wenn nötig auch mit Nachdruck – bitten, zurückzutreten? Im ersten Fall riskiert er eine möglicherweise lange Hängepartie mit höchst ungewissem Ausgang. Im zweiten Fall könnte er sich dem Vorwurf aussetzen, im Trommelfeuer der Medien umgefallen zu sein und eine Mitstreiterin fallen gelassen zu haben, ohne dass ihr strafrechtlich etwas nachgewiesen war.
Der Termin für die Sondersitzung des Landtags wurde von der Opposition taktisch geschickt gewählt. Wohl kaum jemand in München erwartet, dass die Staatsanwaltschaft schon bis Mitte September zu dem Ergebnis kommt, die Ermittlungen einzustellen. Aber anders als Ende Juli ließe sich dann sagen: Seht her, sie kann ihre Unschuld eben doch nicht so einfach beweisen, wie sie behauptet hat.
Die Stimmung in der CSU ändert sich langsam
Hinzu kommt, dass sich die Stimmung innerhalb der CSU offenbar ändert. Zwar sind viele maßgebliche CSU-Politiker noch in Urlaub. Doch die, die erreichbar sind und sich in Hintergrundgesprächen äußern, wollen keine Wetten mehr auf die Staatskanzleichefin abschließen. Sie werfen Haderthauer vor, die lange zurückliegende Angelegenheit nicht schon frühzeitig mit etwas Reue und einer Entschuldigung aus der Welt geschafft zu haben nach dem Motto: Ich war jung und unbekümmert, ich habe aus heutiger Sicht einen Fehler gemacht, es tut mir leid. Stattdessen hatte sie, wie berichtet, die angeblich sehr einträglichen Modellauto-Geschäfte mit „Idealismus“ begründet.
Ein stetig wachsendes Problem gibt es obendrein im Regierungsapparat. Die Staatskanzleichefin hat innerhalb der Regierung eine Schlüsselposition. Sie soll für die Regierung sprechen, Bayern im Bund vertreten und in vielen, ressortübergreifenden Bereichen die Arbeit der Ministerien koordinieren. Doch Haderthauer hat derzeit vor allem damit zu kämpfen, ihren Ruf zu retten. Während der Sommerpause, so berichten Regierungsmitarbeiter, sei dies nach außen noch nicht weiter aufgefallen. Im September aber geht die Arbeit wieder richtig los.
All dies wird der Regierungschef zu bedenken haben. Eine dauerhafte Schwächung der Regierung wird Seehofer sich nicht leisten können.
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