Ude und die magische Zahl der Schläge
Die Eröffnung des Münchner Oktoberfestes ist das Privileg des Münchner Oberbürgermeisters. Ein Rückblick.
Die Eröffnung des Münchner Oktoberfestes ist das Privileg des Münchner Oberbürgermeisters. In seiner "Dienstkleidung", dem grünen oder ledernen "Schaber" als Schurz der Schankkellner, zapft er am ersten Wiesntag um Punkt zwölf Uhr das erste Fass an und startet mit dem Ruf "Ozapft is", das größte Volksfest der Welt. Alljährlich wird mit Spannung erwartet, wie viele Schläge das Stadtoberhaupt braucht - die Frage ist durchaus wichtig für sein Ansehen in der Stadt.
Oberbürgermeister Christian Ude ist beim Anzapfen Rekordhalter. Als erster OB schaffte es der SPD-Politiker 2005, den Zapfhahn - Wechsel genannt - mit nur zwei Schlägen in das Fass treiben. Diese Meisterleistung gelang ihm auch in den vergangenen beiden Jahren. Allerdings musste Ude anfangs Lehrgeld zahlen. Im seinem ersten Amtsjahr 1993 ertönten nach dem sechsten Schlag "Aufhören, Aufhören"- Rufe - trotzdem musste der Linkshänder noch einmal nachsetzen, bis er mit dem erlösenden Ruf "Ozapft is" die Wiesn eröffnen konnte.
Oberbürgermeister Thomas Wimmer hatte das Anzapf-Ritual nach dem Zweiten Weltkrieg begründet, er setzte damals damit ein Zeichen für Volksnähe und Neuanfang - einmal brauchte Wimmer allerdings sogar 19 Schläge. ___
Den Versuch, vielleicht gerade zur Jubiläumswiesn mit einem einzigen Schlag auszukommen, hat Ude gar nicht unternommen - es wäre auch nicht fachgerecht. Denn ein einziger wuchtiger Schlag mit dem immerhin drei Kilogramm schweren Schlegel würde das Fass zu sehr erschüttern und damit das zum Schäumen bringen - mit entsprechenden Folgen beim Zapfen. Außerdem könnte der Zapfhahn wieder aus dem Fass herausgedrückt werden. Eine Bierfontäne und der Spott des Publikums wären die Folgen.
Hier eine Chronologie der bisherigen Wiesn-Eröffnungen durch Ude:
1993: Sieben Schläge bringen dem frisch gebackenen Oberbürgermeister Ude und Nachfolger von Georg Kronawitter "Aufhören, Aufhören"-Rufe ein.
1994: Mit vier Schlägen treibt Christian Ude schon recht professionell den Wechsel ins Fass. Eine neue Blamage hätte er sich kaum leisten können.
1995: Der OB hält in seinem dritten Amtsjahr die vier Schläge vom Vorjahr, kaum ein Tropfen Bier geht daneben.
1996: Der OB verbessert sich unter dem Jubel der Wiesn-Besucher auf drei kräftige Schläge.
1997: Ude ist zwar inzwischen schon fast ein Anzapf-Profi, aber unter drei Schlägen schafft er es nicht.
1998: Erneut zapft Ude mit drei Schlägen das erste Fass an.
1999: Drei gekonnte Schläge und kein Spritzer daneben - aber eben kein neuer Rekord.
2000: Zwei wuchtige Schläge scheinen zu reichen, doch dann setzt der Oberbürgermeister noch einen Sicherheitsschlag nach. Im Endeffekt: Wieder drei Schläge.
2001: Nach den Terroranschlägen vom 11. September findet das Oktoberfest statt, Ude lässt jedoch das Anzapfritual ausfallen und hält stattdessen eine kurze Rede.
2002: Der Oberbürgermeister schwächelt, nach einem Jahr Pause fehlt die Übung: Vier Schläge braucht er dieses Mal.
2003: Drei Schläge - besser als im Vorjahr, aber kein Rekord.
2004: Wieder braucht Ude drei Schläge zum Anzapfen - aber der dritte ist eigentlich nur ein halber.
2005: Als erster Oberbürgermeister schafft Ude den Rekord von zwei Schlägen zum Anzapfen des ersten Fasses. Tosender Jubel belohnt die Leistung.
2006: Ude setzt nach zwei kräftigen Schlägen einen dritten nach. Enttäuscht ist er nicht: Wenn es wieder nur zwei Schläge gewesen wären, hätte er die ganzen nächsten Jahre nur unter Druck gestanden, sagt er hinterher.
2007: Erneut braucht der Oberbürgermeister drei Schläge.
2008: Ude stellt seinen eigenen Rekord ein: Nur zwei Schläge braucht er.
2009: Diesmal ist es fast schon Routine: wieder nur zwei Schläge.
2010: Zur Jubiläumswiesn gibt Ude sich keine Blöße: Mit zwei kräftigen Schlägen sticht er das erste Bierfass an.
dpa
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