Unbekannter beeinflusste Ansbach-Attentäter in Chat
Nach dem Bombenanschlag in Ansbach haben die Ermittler Hinweise darauf entdeckt, dass der Attentäter von einer unbekannten Person in einem Chat direkt beeinflusst wurde.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Mittwoch am Rande einer Kabinettsklausur am Tegernsee: "Es hat offensichtlich einen unmittelbaren Kontakt mit jemandem gegeben, der maßgeblich auf dieses Attentatsgeschehen Einfluss genommen hat." Ob es sich dabei um einen Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehandelt haben könnte, konnte Herrmann nicht sagen, dies sei Gegenstand der Ermittlungen. Man wisse auch noch nicht, wo sich der Chat-Partner des Mannes aufgehalten habe.
Bei der Auswertung der Handys des Täters seien die Ermittler auf diesen "intensiven Chat" gestoßen, berichtete Herrmann und fügte hinzu: "Der Chat endet unmittelbar wohl vor dem Attentat." Herrmann sagte, man wisse noch nicht, wie lange der Chat-Kontakt bereits bestanden habe - ob das Wochen oder Monate zurückreiche oder gar noch länger.
Weiter prüfen die Ermittler, ob der Attentäter die Bombe tatsächlich in diesem Moment am Sonntagabend zur Explosion bringen wollte. "Es gibt aufgrund der ganzen Zeugenaussagen des Geschehens und übrigens auch des Chat-Verlaufs in der Tat Fragen, ob das in dem Moment jedenfalls von ihm beabsichtigt war, in dieser Minute die Bombe zu zünden", sagte Herrmann. Das müsse nun weiter ermittelt werden.
15 Verletzte bei Bombenanschlag in Ansbach
Ein Syrer hatte am Montag versucht, auf das Gelände eines Open-Air-Festivals in Ansbach zu gelangen. Da er keine Karte hatte, war er nicht eingelassen worden. Anschließend zündete er offenbar einen Sprengsatz, den er in einem Rucksack bei sich trug, vor einem der Eingänge. Insgesamt wurden 15 Menschen verletzt, vier davon schwer.
Ein psychologischer Gutachter hat bei dem Mann bereits Anfang 2015 einen aufsehenerregenden Suizid für möglich gehalten. Der 27 Jahre alte Syrer sei ein "extremer Geist", und es sei ihm "durchaus zuzutrauen, dass er selbst seinen Selbstmord noch spektakulär in Szene setzt", heißt es in einer Stellungnahme eines Therapeuten, die für das Asyl-Gerichtsverfahren des späteren Attentäters erstellt wurde.
Ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg bestätigte am Mittwoch diesen Inhalt des Gutachtens, über das zuerst die "Bild"-Zeitung berichtet hatte. Weiter schrieb der Gutachter demnach: "Er (der 27-Jährige) hat nach dem Tod seiner Frau und seines sechs Monate alten Sohnes nichts mehr zu verlieren."
Syrer wegen Suizidversuchen in Behandlung
Der Syrer war wegen Depressionen und Suizidversuchen in psychiatrischer Behandlung. Seinen Asylantrag in Deutschland hatte das BAMF im Dezember 2014 abgelehnt, weil der 27-Jährige bereits in Bulgarien einen Schutzstatus erhalten hatte. Das BAMF ordnete daher die Abschiebung des Mannes nach Bulgarien an. Dagegen klagte der Syrer vor dem Verwaltungsgericht Ansbach.
Im Rahmen des Gerichtsverfahrens im Februar 2015 wurde laut dem BAMF-Sprecher das Gutachten eingereicht. "Aufgrund der durch neu eingereichte Atteste nachgewiesenen Reiseunfähigkeit hat das BAMF die ausgesprochene Abschiebeanordnung zurückgenommen", teilte der Sprecher mit. Das Verfahren wurde eingestellt und die Ausländerbehörde sprach dem Mann eine Duldung aus.
Im März 2016 bat die Ausländerbehörde das BAMF dann, eine Abschiebung des Mannes nach Bulgarien nochmals zu prüfen. Nachdem sich der Syrer dazu nicht mehr geäußert hatte, forderte das Bundesamt den 27-Jährigen im Juli erneut zur Ausreise aus und drohte ihm mit der Abschiebung nach Bulgarien, falls er nicht freiwillig geht. dpa/AZ
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