Unterkünfte für Flüchtlinge werden knapp - letzter Ausweg Sporthalle
Der Strom an Flüchtlingen nimmt kein Ende. In den Landkreisen werden die Unterkünfte knapp. Behörden kommen an ihre Grenzen und müssen sich kreative Lösungen überlegen.
Wo normalerweise Schüler Fußball spielen, turnen oder die Sprossenwand hochklettern, ist eine Unterkunft für Flüchtlinge entstanden. Das Landratsamt hat die Sporthalle der Berufsschule in Neu-Ulm entsprechend umgebaut. Handwerker haben einen neuen Boden verlegt, WC-Container aufgebaut und eine Brandmeldeanlage installiert. Heute werden Feldbetten und Schränke aufgestellt. Dann ist dort Platz für bis zu 180 Menschen. Der zuständige Bereichsleiter des Landratsamtes, Martin Mommers, erklärt: „Wir bekommen Woche für Woche 20 bis 30 Asylbewerber zugewiesen. Die von uns angemieteten Häuser und Wohnungen sind inzwischen nahezu komplett belegt.“ Deshalb bleibe keine andere Wahl, als vorübergehend die Turnhalle zu beziehen. Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) ist nicht begeistert: „Das finde ich ziemlich schlimm, aber wir machen das nicht, weil es uns so gut gefällt.“ Am Donnerstag werden die ersten elf Bewohner einziehen.
Die Kapazitäten im Landkreis Augsburg sind langsam ausgeschöpft
Ähnliche Pläne gab es im Landkreis Augsburg. Die Kapazitäten auf dem Wohnungsmarkt seien langsam ausgeschöpft, sagte Heidemarie Heuchler vom Landratsamt vor einigen Tagen. Deshalb planten die Verantwortlichen, eine Turnhalle in Schwabmünchen zu einer Notunterkunft umzurüsten. Die Pläne waren schon relativ weit gediehen. Dann fand der Landkreis eine ehemalige Wäscherei als Alternative. Sie wird jetzt entsprechend umgebaut. Landrat Sailer sagt: „Wir sind sehr erleichtert, dass wir die Nutzung der Turnhallen in dieser Form noch kurzfristig abwenden konnten.“ Endgültig vom Tisch ist das Thema allerdings nicht.
Doch nicht nur die Landkreise Neu-Ulm und Augsburg gelangen an ihre Grenzen. Mehr als 10000 Flüchtlinge sind derzeit in Schwaben untergebracht. In den ersten fünfeinhalb Monaten dieses Jahres kamen fast genauso viele Asylbewerber wie im gesamten Vorjahr. Ein Ende ist nicht in Sicht. Es gibt zwar 44 Gemeinschaftsunterkünfte, für die die Regierung von Schwaben zuständig ist. Die Mehrzahl der Menschen müssen jedoch die Landkreise und kreisfreien Städte dezentral unterbringen. Die Kommunen suchen schon seit geraumer Zeit nach geeigneten Gebäuden.
Fertigholzhäuser als Flüchtlingsunterkunft im Unterallgäu?
Im Unterallgäu überlegt man, Fertigholzhäuser aufzustellen. Bisher hat das Landratsamt für die Flüchtlinge überwiegend Wohnhäuser und Unterkünfte von Saisonarbeitern angemietet, teilt Abteilungsleiterin Doris Back mit: „Wir sehen aber, dass wir mit unserem Bestand an die Grenzen kommen. Deshalb denken wir über Fertigholzmodule mit festen Wänden nach, die man schnell aufstellen kann.“ In Stadtbergen im Landkreis Augsburg ist man schon weiter. Dort werden im Sommer fünf Fertighäuser für ungefähr 80 Personen gebaut. Sie bestehen aus Modulen, die ähnlich wie Legosteine aufeinander befestigt werden.
Anderswo sind ehemalige Gaststätten als Flüchtlingsunterkünften beliebt. Auch im Landkreis Donau-Ries wurden einige alte Wirtshäuser umfunktioniert, wie Achim Frank vom Landratsamt sagt. Sie seien oft Herbergen gewesen und verfügten deshalb über mehrere Zimmer mit eigenen Duschen und Toiletten. „So können wir Personen, die sich überhaupt nicht kennen, gut unterbringen.“ Von der Belegung von Sporthallen hält Frank nichts. Zum einen könne man Schüler oder Vereine nicht einfach vor die Tür setzen. Für sie müsse man sich eine Lösung überlegen. Zum anderen bemängelt er, dass die Hallen nicht für so viele Personen ausgelegt sind: „Wenn Feldbett an Feldbett steht, haben die Menschen null Intimsphäre. Das kann nur das allerletzte Mittel sein.“
Notfallplan: Sporthallen als Flüchtlingsunterkunft
Sein Kollege aus Aichach-Friedberg, Wolfgang Müller, stimmt zu: „Nur wenn auf einem Schlag eine große Anzahl an Flüchtlingen kommt, greift unser Notfallplan und die Sporthallen kommen ins Spiel.“ Allerdings glaubt er nicht, dass es so weit kommt: „Wir sind bisher mit unserer Vorgehensweise, kleine Häuser und Wohnungen anzumieten, gut zurechtgekommen.“ Das Landratsamt ist weiterhin auf der Suche nach geeigneten Unterkünften. Ob ein ehemaliges Sportheim oder ein alter Pfarrhof – alles wird in Betracht gezogen. „Bei der Art der Gebäude sind wir nicht wählerisch. Hauptsache, man kann gut darin wohnen“, sagt Müller.
Ähnlich sieht es Christian Gerlinger vom Sozialreferat der Stadt Augsburg: „Bei ungefähr 25 neuen Zuweisungen wöchentlich ist es hart, genügend Unterkünfte zu finden.“ Die Stadt hat deshalb unter anderem Motels angemietet. Normalerweise werden diese von auswärtigen Monteuren, die auf Augsburger Baustellen arbeiten, genutzt. Selbst Zimmer in Pensionen hat die Stadt vorübergehend für ihre Asylbewerber gebucht.
Der Landkreis Dillingen hat eine „Wohnungslotsin“ angestellt. Sie soll Flüchtlingen, die bereits geduldet oder anerkannt sind und die Asylunterkunft verlassen dürfen, helfen, eine eigene Bleibe zu finden. Peter Hurler vom Landratsamt erklärt: „Wenn es uns gelingt, Personen, die nicht zwingend in unseren Quartieren leben müssen, eigene Wohnungen zu vermitteln, haben wir wieder Kapazitäten frei.“
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