Verliert Georg Schmid wirklich seine Pensionsansprüche?
Droht Georg Schmid der Verlust aller Altersbezüge? Sein Verteidiger behauptet genau das beim Prozess in Augsburg. Doch es gibt Widerspruch.
Das Szenario, das Rechtsanwalt Nikolaus Fackler für seinen prominenten Mandanten Georg Schmid gezeichnet hat, klang düster: Der frühere CSU-Fraktionschef habe Existenzangst. Wenn er zu einer Bewährungsstrafe von mehr als elf Monaten verurteilt werde, verliere Georg Schmid sämtliche Pensionsansprüche. Aber ist das wirklich so? Noch am Montagabend sah sich das Landtagsamt zu einer gegenteiligen Stellungnahme genötigt. Es blieben große Fragezeichen.
Der feine Unterschied: Vergehen statt Verbrechen
Einen Tag später ist die rechtliche Frage von Juristen des Landtagsamts noch einmal überprüft worden. Das Ergebnis ist dasselbe geblieben. Das Amt äußert sich zwar nicht konkret zum Fall Georg Schmid, stellt aber die rechtliche Lage als eindeutig dar. Wenn ein früherer Abgeordneter nicht wegen eines Verbrechens, sondern wegen eines Vergehens angeklagt ist, verliert er seine Pensionsansprüche nicht.
Angewendet auf den Fall Schmid bedeutet das: Es ist für die Abgeordneten-Pension völlig egal, wie der Strafprozess ausgeht. Denn Schmid ist nicht wegen eines Verbrechens angeklagt. Als Verbrechen gilt eine Tat, wenn sie mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet wird. Bei einer Verurteilung wegen Betrugs der Sozialkassen oder Steuerhinterziehung kämen aber theoretisch auch eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr infrage.
Anspruch auf fast 8000 Euro
Georg Schmid war 23 Jahre lang im Bayerischen Landtag gesessen. Ihm stehen damit 71,75 Prozent der aktuellen Abgeordnetendiät von 7426 Euro zu, das sind 5328,16 Euro. Die Rechtsauffassung des Landtagsamts ist deshalb relevant, weil der Fall Schmid dort tatsächlich geprüft wird.
Ähnlich ist die Lage bei den Bezügen aus der Zeit als Staatssekretär. Georg Schmid war vier Jahre Sozialstaatssekretär und weitere vier Jahre Innenstaatssekretär. Das zuständige Finanzministerium stellt die rechtliche Lage zu einem möglichen Verlust der Pensionsansprüche so dar: Ein Ruhestandsbeamter verliert seine Rechte, wenn er beispielsweise wegen einer vorsätzlichen Tat zu mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wird.
Das ist im Fall Georg Schmid nicht zu erwarten, und das bedeutet, dass offenbar die Altersbezüge aus seiner Zeit als Staatssekretär ebenfalls nicht auf dem Spiel stehen. So kommt noch einmal etwa die Hälfte der Abgeordnetenpension dazu. Insgesamt ergibt das einen Anspruch auf fast 8000 Euro Altersbezüge. Und Georg Schmid bezieht bereits seit knapp zwei Jahren Pension.
Ob dem Ex-Politiker bei einer Verurteilung die Ansprüche aus seiner Zeit als Oberregierungsrat bleiben, spielt unter diesen Umständen keine Rolle mehr. Das Beamtenrecht ist rigider. Die Gefahr, dass Schmid nach einer Verurteilung zu mehr als einem Jahr diese Ansprüche verliert, ist real.
Da es aber für Pensionsansprüche ohnehin eine Obergrenze gibt und die Beamtenpension am niedrigsten wäre, fällt ein möglicher Verlust tatsächlich kaum ins Gewicht. Außerdem muss man sich das System der verschiedenen Pensionstöpfe als eine Art System der kommunizierenden Röhren vorstellen. Nach einem komplizierten Schlüssel werden die Ansprüche miteinander verrechnet. Wenn aus einer "Röhre" weniger fließt, kann das aus einer anderen ausgeglichen werden.
Warum ein solches Horroszenario?
Bleibt die Frage, warum die Verteidigung solch ein Horrorszenario entworfen hat. Liegt einfach eine andere rechtliche Interpretation vor? Verteidiger Nikolaus Fackler sagt: "Ich wäre froh, wenn es das Landtagsamt tatsächlich so sehen würde, aber im Gesetz steht etwas anderes."
Um den Widerspruch aufzuklären, könnte Amtsrichter Michael Nißl noch während des Prozesses eine offizielle Stellungnahme des Landtagsamts anfordern. Gut möglich, dass sich Nißl dafür entscheidet. Denn die Frage, ob Schmid seine Pensionsansprüche verliert oder nicht, spielt bei der Strafzumessung eine wichtige Rolle.
Aus München ist hinter vorgehaltener Hand bereits lautes Murren über die Verteidigungsstrategie zu hören. In hohen CSU-Kreisen heißt es, es sei in diesem Fall alles falsch gemacht worden, was falsch zu machen war. Die Kritik bezieht sich nicht nur auf das Thema Pensionsansprüche.
Auch die Tatsache, dass Schmids Ehefrau Gertrud kurz vor dem Prozess einen Strafbefehl akzeptiert hat, findet wenig Gefallen. Denn damit wurde praktisch die Verurteilung ihres Mannes vorweggenommen. Wo eine Beihilfe stattgefunden hat, muss es auch einen Haupttäter geben.
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