Viel Lärm um Ruhezonen am Bodensee
In dem Vogelschutzgebiet am Bodensee sollen die Enten in den Buchten ungestört überwintern. Obwohl viele Zugeständnisse gemacht wurden, ist der Widerstand groß.
Eine schier unendliche Geschichte könnte vielleicht doch bald ein Ende finden – mehr oder weniger zufriedenstellend: Sie erzählt vom Ringen um Ruhezonen für tausende von Wasservögeln, die im Herbst aus Nord- und Osteuropa am bayerischen Teil des Bodensees einfliegen. Es sind über 2000 Schnatterenten, Krickenten, Löffelenten und 13000 Reiherenten.
Bayerischer Bodensee: ein europäisches Vogelschutzgebiet
Die ökologisch wertvollen Flachwasserzonen am Bodensee westlich und östlich von Lindau sind von internationaler Bedeutung. Seit 15 Jahren ist der „Bayerische Bodensee“ ein europäisches Vogelschutzgebiet und damit Teil des Netzwerks Natura 2000. Deshalb muss nach Vorgaben der EU ein sogenannter Managementplan erarbeitet werden. Seit 2010 mühen sich die Mitarbeiter der Regierung von Schwaben in Augsburg damit ab. Die Entwürfe wurden von Jahr zu Jahr nach Einwänden von Gemeinden, Gewerbetreibenden, Erholungssuchenden und vor allem den Wassersportverbänden immer weiter abgespeckt. Heuer könnte ein Kompromiss abgesegnet werden.
Was da abgelaufen ist, ist für Isolde Miller „am Rande des Erträglichen“. Die Geschäftsführerin der Kreisgruppe Lindau des Bund Naturschutz ist selbst Seglerin. Sie versteht den Widerstand nicht. Im Winter sind keine Boote in den Ruhezonen, die von Oktober bis März gelten. Weniger darf es nicht werden, sonst würde sie sich nicht wundern, wenn die EU den stark reduzierten Managementplan ablehnt, weil er die Mindestanforderungen nicht erfüllt.
Von Gegnern der Ruhezonen wurden Gerüchte in die Welt gesetzt. Man dürfe in der Wasserburger Bucht nicht mehr am Ufer spazieren gehen, Baden und Angeln seien verboten. „Es gibt keine Totalverbote“, sagt Anton Burnhauser von der Naturschutzabteilung der Regierung. „Das war nie unsere Intention.“ Fakt ist: Es soll noch vier verkleinerte Winterruhezonen geben (Wasserburger Bucht-West, Schachener Bucht, Reutiner Bucht und Wäsen), zwei Sommerruhezonen vor den Naturschutzgebieten Reutiner und Wasserburger Bucht. „Außerhalb dieser Ruhezonen gibt es null Einschränkung.“ Er kann gut verstehen, dass so mancher Hotelier und Gemeinderat schimpft, die Runden Tische seien Zeitverschwendung gewesen. Immer wieder stand dasselbe Thema auf der Tagesordnung der Sitzungen. Letztendlich seien die Entwürfe wieder verworfen worden. „Wir haben fachlich zügig gearbeitet“, verteidigt sich Burnhauser. Bucht für Bucht und Art für Art seien auf die Einwände hin geprüft worden.
„Der Managementplan Bodensee ist ein Extrembeispiel an Aufwand“, sagt Alois Liegl von der Regierung. Was auch mit der Attraktivität des Sees und den vielseitigen Interessen zusammenhängt. Er hat seiner Mannschaft viel Nerven gekostet. Die Naturschutzverwaltung sei in einer diffizilen Lage. Der Abgleich verschiedener Interessen sei ein Spagat. Der Plan muss von der EU anerkannt und von den Menschen vor Ort akzeptiert werden. „Sonst nutzt er nichts.“
Deutlich weniger Wasservögel in milden Wintern
Im Februar findet jetzt noch einmal ein Treffen mit den Wassersportverbänden statt. Denn sie zweifeln die Daten der Vogelzählung an. Burnhauser stellt klar: „Es sind gesicherte Daten und sie belegen, dass der bayerische Bodensee zu den fünf bedeutendsten Wasservogelgebieten Bayerns gehört.“ Seit den 60er Jahren werden die Wasservögel im Winterhalbjahr jeweils zur Monatsmitte gezählt – koordiniert von der Vogelschutzwarte am Landesamt für Umwelt in Augsburg.
Die Zahlen schwanken stark von Jahr zu Jahr, sagt Burnhauser. In milden Wintern wie den letzten beiden sind deutlich weniger Wasservögel da. Über den gesamten Zeitraum der Zählung seit den 60er Jahren hat der Bestand abgenommen. „Das liegt vornehmlich daran, dass der See sauberer geworden ist und das Nahrungsangebot für manche Vogelarten sinkt.“
Tauchenten wie Reiherente oder auch das Blässhuhn, eine Rallenart, finden nicht mehr genügend Dreikantmuscheln. Die Kolbenente dagegen nimmt zu. Sie mag sauberes Wasser und die Armleuchteralgen, die sich dann vermehren. Und Entenvögel, die Flachwasserzonen zum Gründeln brauchen, finden bei hohem Wasserstand nichts zu fressen. „Es gibt Gewinner und Verlierer“, stellt Liegl fest. "Kommentar
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