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Artensterben
20.06.2018

Warum fast jede zweite Tierart in Bayern gefährdet ist

Gefährdet: der Feldhase.
6 Bilder
Gefährdet: der Feldhase.
Foto: Jens Büttner, dpa

Schmetterlinge und Libellen, Rebhühner und Kiebitze, selbst einstige Allerweltsartenwie der Grasfrosch schwinden. Wie konnte es soweit kommen?

Grau statt Grün. Beton statt Gras. Nichts summt. Nichts brummt. Nichts pfeift. Lastwagen rattern durch den Nieselregen dieses tristen Vormittags, über den nassen Asphalt, unter dem die Vergangenheit begraben ist. Der Gedanke an dieses Früher macht Eberhard Pfeuffer traurig. Er steht mitten im Gewerbegebiet in Graben bei Augsburg, gleich neben dem Logistikzentrum des Versandriesens Amazon. Dicke Regentropfen rinnen über die Krempe seines Hutes, hinunter auf seinen Parka, perlen ab, gleiten zu Boden. Mehr zu erahnen als zu sehen, schüttelt er den Kopf, holt tief Luft und sagt: „Ich krieg’ hier die Krise.“

Pfeuffer, Ehrenvorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben, beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit der Natur in der Region. Und er macht sich große Sorgen. Denn immer mehr Arten verschwinden. Das Gewerbegebiet in Graben, sagt er, sei ein Extrembeispiel. Dafür, dass der Lebensraum für Tiere und Pflanzen immer weiter schrumpft. Dafür, was der Mensch der Natur antut.

Wie schlimm die Situation ist, zeigen die Zahlen, die die Wissenschaft über Jahrzehnte gesammelt und ausgewertet hat. Das Ergebnis ist erschreckend. Von den etwa 35.000 Tierarten, die in Bayern vorkommen, ist fast jede zweite gefährdet. Beispiele gibt es zuhauf: 75 Prozent der Libellenarten sind bedroht. Die Rebhuhn-Population ist um 84 Prozent geschrumpft und die Zahl der Kiebitze um 80 Prozent zurückgegangen. Besonders bedroht sind auch viele Schmetterlinge. Von den 169 heimischen Tagfalterarten gelten nur 29 als ungefährdet.

Und längst sind nicht nur Insekten und Vögel betroffen. Auch viele Fisch- und Amphibienarten stehen mittlerweile auf der Roten Liste. Selbst bei einstigen Allerweltsarten, wie etwa dem Grasfrosch, gibt es einen deutlichen Rückgang. „Da müssen alle Alarmglocken schrillen“, sagt Pfeuffer.

Und sie tun es auch. Bei Tierschützern im ganzen Freistaat, aber auch in München, im bayerischen Umweltministerium. Dort ist das Thema Artensterben – das natürlich nicht nur Bayern, sondern ganz Deutschland, Europa, ja die Welt betrifft – mittlerweile Chefsache. Gerade erst hat Umweltminister Marcel Huber das Konzept für das neue Bayerische Artenschutzzentrum vorgestellt, das derzeit in Augsburg entsteht. „Wir müssen die Reißleine ziehen und eine ökologische Firewall für den Artenschutz hochziehen“, sagt der Minister. „Wir müssen alle Kräfte bündeln, um dem Verlust weiterer Arten entgegenzutreten. Damit Bayern wieder summt und brummt.“

In Augsburg entsteht Bayerns Artenschutz-Zentrum

Und so soll dieses hehre Ziel erreicht werden: 50 Experten werden in Augsburg Maßnahmen für den Artenschutz austüfteln. 25 neue Artenhilfsprogramme soll es geben, etwa für Schmetterlinge, holzbewohnende Käfer oder Moorlibellen. „Das Zentrum wird eine Art Kommandobrücke bei unserer Arche-Noah-Aktion“, sagt Huber.

Für viele Tiere wird das rettende Schiff aber zu spät kommen. „Was weg ist, ist weg“, sagt Natur-Experte Pfeuffer und zieht den Reißverschluss seiner Jacke nach oben. Der Wind frischt auf. Seiner Meinung nach hätte man schon viel früher handeln müssen. „Die Zahlen gibt es schon länger. Aber wir haben nie politisches Gehör bekommen. Da neigt man zur Resignation“, sagt er.

Im Jahr 2010 beispielsweise, als Markus Söder noch Umweltminister war, hätten die dramatischen Zahlen bereits im Artenschutzbericht gestanden. „Da war all das schon bekannt“, sagt Pfeuffer. „Aber der Naturschutz hat keine politische Lobby.“ Dann geht er ein paar Schritte die Straße entlang, vorbei an den fensterlosen Fassaden, auf einen großen Kreisverkehr zu. „Wenn man hier so steht, kann man es kaum für möglich halten, dass hier früher einmal der Hotspot für Biodiversität in Mitteleuropa war“, sagt er. Dann beginnt er zu erzählen. Von einer Landschaft, die es hier so nie wieder geben wird.

Natur-Experte Eberhard Pfeuffer sorgt sich um viele heimische Arten.
Foto: Stephanie Sartor

Einst breitete sich auf dem Lechfeld, wo nun die gigantischen Logistikzentren angesiedelt sind, die größte und artenreichste Heide Süddeutschlands aus. „Die Insektenwelt war einzigartig“, sagt Pfeuffer. „Und auf den Kiesbänken am Lech gab es eine Vogelfauna, die heute nicht mehr vorstellbar ist.“ Dann, in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, wurde der Fluss kanalisiert, Forst und Landwirtschaft drangen in die Landschaft vor. Schließlich wurde die Heide immer weiter zurückgedrängt. Es entstanden neue Äcker und Wiesen – und nun verschwinden auch sie. „Jeden Tag wird in Bayern eine Fläche zugepflastert, die so groß ist wie 18 Fußballfelder“, klagt Pfeuffer.

Der immense Flächenverbrauch ist aber längst nicht der einzige Grund für das Artensterben. Norbert Schäffer, Vorsitzender des bayerischen Landesbundes für Vogelschutz, erklärt, wie es seiner Ansicht nach so weit kommen konnte: „Ursache ist vor allem die intensive Landwirtschaft, in der große Mengen an Pestiziden und Düngemitteln eingesetzt werden. Hinzu kommt das Fehlen von naturnahen Strukturen.“ Das Gift, das auf den Feldern verspritzt wird, löse eine fatale Kettenreaktion aus. Nicht nur die Insekten würden sterben, sondern eben auch die Vögel, denen so die Nahrungsgrundlage fehlt. Um dem entgegenzuwirken, brauche man wieder mehr Feldränder, Hecken und Blühstreifen, in denen sich die Insekten niederlassen können.

Der Naturschützer sagt: Die Landwirte sind oft Opfer

Aber um das zu erreichen, müssten sich die Rahmenbedingungen für die Bauern ändern. „Wir müssen es schaffen, dass Landwirte dafür bezahlt werden, das sie die biologische Vielfalt wieder herstellen“, fordert Schäffer. Landwirte müssen sich nach den Subventionen richten – und diese fördern Schäffer zufolge momentan die intensive Bewirtschaftung eben mehr als den Naturschutz. „Die Landwirte sind oft Opfer. Ich möchte hier kein Bauern-Bashing machen.“

Genau das aber geschehe viel zu oft, findet Josef Merk, Landwirt aus Westheim bei Augsburg. „Immer sind die Bauern schuld, egal, ob es um das Insektensterben geht oder um das Grundwasser.“ Ähnlich sieht das auch ein Bauer aus dem Allgäu, der seinen Namen allerdings nicht in der Zeitung lesen will – er fürchtet, dass er dann von Naturschützern angefeindet und beschimpft wird. „Es ärgert mich, dass immer die Landwirte an den Pranger gestellt werden“, sagt er.

Merk indes, blaues Hemd, kurze Hose, will reden. Er sitzt an seinem Küchentisch, spricht viel und schnell. Besonders, wenn es um das Thema Pestizide geht, wird er energisch. „Jeder glaubt, alle Bauern würden so viel spritzen. Sie nehmen doch auch keine Kopfwehtablette, wenn Sie keine Kopfschmerzen haben. So machen wir es auch. Wenn keine Schädlinge da sind, wird auch nicht gespritzt.“

Landwirt Josef Merk will Insekten etwas Gutes tun.
Foto: Stephanie Sartor

Ohnehin sei alles streng geregelt: „Die Mittel, die wir verwenden, sind alle zugelassen.“ Dann steht Merk von seinem Stuhl auf, blickt durch das Fenster mit den weißen Vorhängen nach draußen auf seinen Hof und sagt: „Kommen Sie mit, ich zeige Ihnen etwas.“

Zehn Minuten später steht er im hüfthohen Gras auf einer Wiese, auf der unzählige lilafarbene Blumen in der Frühlingssonne leuchten. Es summt und brummt, Bienen und Hummeln fliegen von einer Blüte zur nächsten. „Das ist mein Beitrag gegen das Insektensterben.“ Merk hat in diesem Jahr einen Acker aus der Erzeugung genommen, um dort etwas anzubauen, das gut für den Boden, aber eben auch gut für die Insekten ist. Auf 10.000 Quadratmetern wurden Wicken, Ramtillkraut, Perserklee und die im Volksmund „Bienenweide“ genannte Phacelia angesät. Jeder landwirtschaftliche Betrieb über 15 Hektar ist zwar dazu verpflichtet, fünf Prozent der Ackerfläche als ökologische Vorrangflächen auszuweisen – für die Umsetzung gibt es aber verschiedene Möglichkeiten. Ein Hektar wird von Landwirt Merk gezielt begrünt, auf zehn weiteren Hektar wird eine Zwischenfrucht angebaut. Das hätte er auch auf seiner derzeitigen Blumenwiese machen können. „Aber ich habe mich entschieden, den Acker ganz aus der Erzeugung zu nehmen, um etwas für die Insekten zu tun.“ Wirtschaftlich gesehen sei das eine reine Nullrunde.

Wissenschaftler reden vom sechsten Massensterben 

Gerade weil die Pestizidverwendung in der Landwirtschaft oft als einer der Hauptgründe für das Insektensterben angesehen wird, beschäftigt sich auch die Forschung mit dem Thema. Wissenschaftlern der Technischen Universität München ist es nun gelungen, eine insektenfreundliche Alternative zu entwickeln. Ein biologisch abbaubarer Wirkstoff hält Schädlinge von den Pflanzen fern, ohne sie zu vergiften. „Es geht nicht nur um die Bienen, es geht ums Überleben der Menschheit“, sagt Professor Thomas Brück, Inhaber des Werner-Siemens-Lehrstuhls für Synthetische Biotechnologie. „Ohne die Bienen, die eine Vielzahl von Pflanzen bestäuben, wären nicht nur unsere Supermarktregale ziemlich leer, sondern innerhalb kurzer Zeit wäre auch die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrung nicht mehr gewährleistet.“

Brück und sein Team haben deshalb das neue Mittel entwickelt, das auf den Pflanzen ähnlich wirkt wie ein Mückenspray beim Menschen: Durch seinen Geruch hält es Insekten fern. „Mit unserem Ansatz ermöglichen wir einen fundamentalen Wechsel im Pflanzenschutz“, sagt Brück. „Statt Gift zu versprühen, das immer auch nützliche Arten gefährdet, vergrämen wir gezielt nur die Schädlinge.“

Gefährdet: die Blaugrüne Mosaikjungfer.
Foto: Candy Welz, dpa

Es sind Forschungen wie diese, die Eberhard Pfeuffer Hoffnung geben dürften. „Man darf nicht aufgeben. So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen“, sagt der Natur-Experte. Neben ihm rollt ein Lastwagen nach dem anderen durch das Gewerbegebiet. Pfeuffer steigt ins Auto, der Regen malt zerrinnende Kreise auf die Scheiben. Für einen Moment sitzt er einfach nur still da. Dann sagt er: „Wissenschaftler sagen, dass wir das sechste Massensterben erleben. Das letzte war das Aussterben der Dinosaurier.“

Er hält noch einmal inne und fügt hinzu: „Neu ist dieses Mal aber, dass es von einer einzigen Art ausgeht – vom Menschen.“ Dann blickt Pfeuffer nachdenklich nach draußen. Auf die Hallen und Straßen und Lastwagen. Auf Beton statt Gras. Auf Grau statt Grün.

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