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Augsburg
02.03.2015

Was Georg Schmid bei dem Prozess alles zu verlieren hat

Auch Georg Schmid musste durch die Sicherheitsschleuse.
3 Bilder
Auch Georg Schmid musste durch die Sicherheitsschleuse.
Foto: Marcus Merk

Georg Schmid steht seit Montag in Augsburg vor Gericht. Bei einer Verurteilung könnte der frühere CSU-Fraktionschef viel verlieren. Aber wie viel eigentlich?

Fast zehn Minuten steht Georg Schmid schon im Gerichtssaal. Er trägt einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd, Krawatte. Seine Miene ist versteinert, er faltet die Hände wie zum Gebet. Schmid setzt sich nicht hin auf den Stuhl des Angeklagten. Er starrt geradeaus, wirkt unheimlich angespannt. Mehr als ein Dutzend Kameras sind auf ihn gerichtet, Blitzlichter der Fotografen zucken im Millisekundentakt. Es dürfte der schlimmste Tag im Leben des früheren CSU-Fraktionschefs aus Donauwörth sein.

Einst war er der mächtigste Politiker aus Schwaben. Er warf sogar ein Auge auf den Posten des Ministerpräsidenten. Doch die Zeiten sind vorbei. Am Montag ist der Jurist Georg Schmid nur noch ein normaler Angeklagter und wird wie jeder andere am Eingang des Augsburger Strafjustizzentrums auf Waffen hin durchsucht.

Eine Gruppe älterer Männer sorgt mit lautem Lachen für Stammtischatmosphäre, als eine Minute vor zehn das Schöffengericht mit dem Vorsitzenden Michael Nißl den fast vollen Saal betritt. Nißl fragt Schmid: „Sie heißen Georg Alois Schmid? Sind geboren am 20. April 1953 in Donauwörth?“ Der 61-Jährige bejaht ganz leise die Fragen zu seinen Personalien.

Dann trägt Staatsanwalt Karl Pobuda die Anklage vor. Schmid soll in 262 Fällen die Sozialkassen betrogen haben. Jeder Monat, den er seine Frau Gertrud nicht sozialversichert und damit als Scheinselbstständige beschäftigt hat, wird einzeln gezählt.

Schaden für die Sozialkassen: 347772,97 Euro. Außerdem soll der langjährige Landtagsabgeordnete Lohnsteuer in Höhe von 127629,27 Euro hinterzogen haben. Was der Staatsanwalt nicht sagt: Das Ehepaar Schmid hat in dieser Zeit Umsatzsteuer bezahlt, der Schaden für den Fiskus fällt nicht ins Gewicht.

Während die Worte von Pobuda durch den Raum hallen, schüttelt Georg Schmid immer wieder kaum merklich den Kopf. Er ist anscheinend nicht einverstanden mit dem, was in der Anklage steht. Doch der leutselige Händeschüttler wird heute stumm bleiben.

Anwalt von Georg Schmid beschreibt Folgen einer Verurteilung als dramatisch

Sein Augsburger Verteidiger Nikolaus Fackler ergreift für ihn das Wort. Er erzählt von den Anfängen der politischen Karriere. Vom Jahr 1979, als er Gertrud heiratete. Von 1990, als Schmid für die CSU in den Landtag ging und ein Abgeordnetenbüro auch in seiner Heimatstadt eröffnete. Als Leiterin des Büros war seine Frau eine „Idealbesetzung“, sagt Fackler.

Es sei damals auch „legitim und üblich“ gewesen, dass Abgeordnete Verwandte für sich arbeiten lassen. Das Konstrukt mit dem „Büro- und Schreibservice“ habe ein Steuerberater konzipiert, es war demnach mit dem „Vorsteher des Finanzamts Donauwörth“ abgestimmt. „Gertrud Schmid war unternehmerisch tätig, sie hatte sogar eine Angestellte“, sagt Fackler. Ein klassisches Geständnis hört sich anders an.

Der Verteidiger will auch mit der Behauptung aufräumen, Schmids Ehefrau habe durchgehend 5500 Euro aus Steuermitteln erhalten. „Das ist falsch“, stellt Fackler fest. Richtig sei: Gertrud Schmid habe anfangs zwischen 11000 und 19000 Euro brutto pro Jahr bekommen.

Der Anwalt beschreibt die Folgen des Strafverfahrens als „dramatisch“, während sein Mandant scheinbar mit den Tränen kämpft. Schmid habe alle Ämter niedergelegt und nicht mehr für den Landtag kandidiert. „Er hat seinen Beruf und seine Lebensaufgabe als Politiker aufgegeben“, erklärt Fackler.

Sollte Schmid zu mehr als elf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt werden, verliere er seine kompletten Pensionsansprüche als Oberregierungsrat, als Staatssekretär und als Abgeordneter. So stellt es der Anwalt dar. Schmid leide an Existenzangst. Er und seine Frau hätten sich in ärztliche Behandlung begeben müssen. Fackler schließt mit den Worten: „Herr Schmid hat bereits alles, was er in seinem Leben aufgebaut hat, verloren.“

Die ausführliche Schilderung des Sturzes vom erfolgreichen Politiker und Stimmenkönig der CSU in die totale Bedeutungslosigkeit soll offenkundig Emotionen wecken. Schaut her, hier ist einer, der schon alles verloren hat – das ist die Botschaft.

Beinahe unter geht dabei, dass Anwalt Fackler für seinen prominenten Mandanten die Kernvorwürfe der Staatsanwaltschaft einräumt: dass Schmid seine Frau nicht sozialversichert hat. Das war bereits vor Beginn des Prozesses unstrittig.

Der Politiker hält die Beschäftigung seiner Ehefrau für legal

Der Verteidiger erklärt es damit, dass dies Schmids Rechtsauffassung entsprach. Die Ehefrau habe ein eigenes Büro gehabt und eigenverantwortlich gearbeitet. Georg Schmid bleibt also dabei: Er hält das Beschäftigungskonstrukt mit seiner Frau für nicht beanstandenswert, obwohl die allermeisten Juristen in seinem Fall eine klassische Scheinselbstständigkeit sehen.

Er will aber auch das Gericht nicht verärgern und sagt daher: Ja, es war so. Aber ich habe nichts Illegales darin gesehen. Er deutet an, dass er sich ganz in die Entscheidungsgewalt des Gerichts begeben wird.

Nach dem Ende dieser Erklärung ist auch klar, dass im Gerichtssaal nichts Spektakuläres mehr passieren wird. Die entscheidenden Schlachten sind vorher geschlagen worden. Das wird klar, als Richter Nißl von Verhandlungen im Vorfeld des Prozesses berichtet.

Die Verteidiger des Ehepaars Schmid haben mehrfach versucht, mit der Staatsanwaltschaft eine Verfahrensabsprache, einen „Deal“, zu erzielen. Im Fall Gertrud Schmid ist das kurz vor Beginn der Hauptverhandlung geglückt.

Am heutigem Montag begann der Prozess gegen Georg Schmid in Augsburg.
Foto: Marcus Merk

Das Amtsgericht erließ einen Strafbefehl über 13.200 Euro wegen Beihilfe zum Betrug der Sozialkassen. Als Zeugin aussagen muss sie auch nicht. Sie macht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, das ihr als Ehefrau zusteht.

Bei ihrem Mann ist die Lage weit komplizierter. Die Verteidiger haben bereits am 30. Januar ein Teilgeständnis bezüglich des Sozialversicherungsbetrugs angeboten.

Im Gegenzug wollten sie eine Bewährungsstrafe unter einem Jahr. Diese zwölf Monate sind für Georg Schmid die Schmerzgrenze, ab der er seinem Anwalt zufolge die Pensionsansprüche zu großen Teilen verlieren würde. Das will er nicht hinnehmen.

Folgen für Georg Schmid sind unter Juristen umstritten

Die Schmerzgrenze des Staatsanwalts lag in dieser ersten Verhandlung bei mindestens eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe zur Bewährung. Eine Einigung kam nicht zustande. Auch nicht in einem zweiten Gespräch am 5. Februar. Das Verfahren liegt nun in den Händen von Amtsrichter Nißl und zwei Schöffinnen.

Um das Gericht nach den gescheiterten Sondierungsgesprächen milde zu stimmen, überwies Georg Schmid unmittelbar vor dem Prozess 450.000 Euro Schadenswiedergutmachung an die Deutsche Rentenversicherung. Das war nichts anderes als die Reißleine. Die Sozialkasse will 780.000 Euro von Schmid.

Folgt man Rechtsanwalt Fackler, würde Georg Schmid mit dem Verlust der Pensionsansprüche vor der Pleite stehen. Schmid war Oberregierungsrat im Landratsamt Donauwörth, Staatssekretär im Sozial- und Innenministerium, CSU-Fraktionschef und 23 Jahre lang Landtagsabgeordneter. In seiner besten Zeit verdiente er über 24000 Euro im Monat. Ihm würden mehr als 5000 Euro Pension zustehen. 

Was Georg Schmid bei dem Prozess alles zu verlieren hat
20 Bilder
Prozessauftakt gegen CSU-Politiker Georg Schmid
Foto: Marcus Merk

Ob er aber bei einer Verurteilung von zwölf Monaten oder mehr alle Ansprüche verlieren würde, ist unter Juristen hoch umstritten. Das Landtagsamt etwa widerspricht der Darstellung des Anwalts. Die komplexen Fragen müssen also möglicherweise nach dem Strafprozess auf verwaltungsrechtlichem Wege geklärt werden.

Das Leben des Ex-Politikers besteht seit knapp zwei Jahren vor allem aus juristischen Scharmützeln. Schmid hat seine immerwährend gute Laune verloren. Er ist heute nicht mehr der „Schüttel-Schorsch“, wie ihn Ex-CSU-Chef Theo Waigel wegen seiner Neigung zum ständigen Händeschütteln taufte. Sein Fall geht ins Bodenlose.

Der tiefe Fall kam kurz nach dem 60. Geburtstag

Am Abend des 20. April 2013 hatte er noch groß im Tanzhaus Donauwörth seinen 60. Geburtstag gefeiert. Zu Beginn jener Woche gab es einen Geburtstagsempfang im Senatssaal des Landtags. Auf der Bühne standen Parteifreunde und sangen lauthals: „Georg Schmid bleibt Superstar. Wir, die Freunde feiern ihn. Heut’ ist Schüttel-Schorsch-Termin. Trulla, Trulla, Trullala.“

Doch vor dem Fest hatte sich auf den Gängen des Maximilianeums die Nachricht verbreitet, dass der CSU-Fraktionschef am tiefsten in die Verwandtenaffäre verstrickt sei. Viele hatten nahe Angehörige beschäftigt, aber der Fall Schmid übertraf alles. Ministerpräsident Horst Seehofer sagte die Party urplötzlich ab. Die anderen sangen: „Wenn dein Ausseh’n weiter passt und man dir den Posten lasst, sind wir hier und feiern mit, ein Jahrzehnt mehr Georg Schmid.“

Sein Posten wurde ihm nicht gelassen. Er wurde unter Druck gesetzt. Am 25. April 2013, fünf Tage nach seinem 60. Geburtstag, trat Schmid als Fraktionschef zurück. Andere Profiteure der Verwandtenaffäre sind bis heute im Amt. Sie haben allerdings auch nicht ihre Angehörigen als Scheinselbstständige beschäftigt. Insgesamt waren 79 Abgeordnete fast aller Parteien betroffen.

Prozess soll Schlusspunkt unter die Verwandtenaffäre im Landtag setzen

Das Gesetz zur Verwandtenbeschäftigung wurde rasch geändert, die Affäre eilends aus der öffentlichen Diskussion gedrängt. Denn im Gegensatz zu der dubiosen Konstruktion, die das Ehepaar Schmid gewählt hat, war die Beschäftigung von Verwandten legal. Der Prozess gegen Georg Schmid ist für den Landtag der Schlusspunkt der Affäre. Ob es auch für Georg Schmid der Schlusspunkt und damit ein Neuanfang sein wird, hängt ganz vom Ergebnis ab.

Und es gibt nicht wenige, die sagen, dass das Ergebnis des Strafverfahrens entscheidend von der Generalstaatsanwaltschaft in München beeinflusst sein werde. Und damit vom Justizministerium oder besser: direkt von der Staatsregierung. Das gilt zumindest für die Frage, ob sich die Staatsanwaltschaft noch auf einen Deal unter zwölf Monaten Bewährungsstrafe einlässt.

Bevor Georg Schmid das Gericht verlässt, bricht er doch noch sein Schweigen. Es entspinnt sich ein seltsamer Dialog mit Journalisten. Schmid sagt: „Danke, dass ihr da wart.“ Einer antwortet: „Wir hatten ja keine Wahl.“ Darauf Schmid: „Alles Gute trotzdem!“ So ganz kann er doch nicht aus seiner Haut, der „Schüttel-Schorsch“.

Direkte Eindrücke vom ersten Prozesstag finden Sie in diesem Artikel mit Liveticker.

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