Wenn der Opferschutz zum Täterschutz wird
Viele Details im Franziska-Prozess werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprochen und so Informationen geheim gehalten. Verdrehte Welt: So wird der Opferschutz zum Täterschutz.
Opfer und Zeugen, die vor Gericht intime Details ausbreiten sollen, müssen geschützt werden vor unzumutbarer Zurschaustellung ihrer Privatsphäre. Das ist keine Frage. Diesen Schutz durch den Staat hat die Öffentlichkeit zu respektieren. Erst recht dann, wenn es sich um Minderjährige handelt, wie im Mordprozess Franziska. In dessen Rahmen werden drei weitere Anklagepunkte wegen sexuellen Missbrauchs anderer Mädchen verhandelt. Der Staat trägt dem Anspruch der Betroffenen verstärkt Rechnung durch ein neues Gesetz, das im Januar in Kraft getreten ist und in solchen Fällen den Ausschluss der Öffentlichkeit verlangt. Dass das Landgericht Ingolstadt alles vermeidet, wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz ein Revisionsverfahren zu riskieren, ist nachvollziehbar.
Franziska-Prozess: Opferschutz wird zum Täterschutz
Doch zeigt sich am Franziska-Prozess, wie problematisch dieses Gesetz sein kann. Denn hier wird Opferschutz zum Täterschutz. Indem wesentliche Teile im stillen Kämmerchen stattfinden, werden der Öffentlichkeit Informationen über den Mörder vorenthalten und über die juristische Auseinandersetzung mit der Materie. Informationen, auf die sie aber Anspruch hat.
Das wichtige psychiatrische Gutachten über den Angeklagten wurde hinter verschlossenen Türen erstattet. Ebenso wird es mit den Plädoyers sein. Sogar die Urteilsbegründung darf die Öffentlichkeit wohl nicht hören. So wird das Vertrauen in die Justiz erschüttert. Rechtssprechung muss transparent sein, nicht geheim. Zumal dann nicht, wenn der schutzwürdige Teil eines Prozesses gefühlte drei Prozent ausmacht. Denn im Wesentlichen geht es ja um Franziska, deren Ermordung eine ungeheuere Dimension hat. Auf diese juristische Aufarbeitung hat die Öffentlichkeit einen Anspruch. Und dem wird die restriktive Anwendung des Gesetzes nicht gerecht.
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