Wie Bildung Bayern prägt
Technologie, Kultur und Gesellschaft: Der Einfluss der bayerischen Universitäten ist überall sichtbar
Ohne Universitäten sähe es in Bayern heute ganz düster aus. „Das Land wäre völlig abgehängt“, sagt der Historiker Stefan Paulus. „Nicht nur wissenschaftlich, sondern auch kulturell und wirtschaftlich.“ Doch bis die Forscher und Denker dem Freistaat positiv ihren Stempel aufdrückten, vergingen Jahrzehnte. Denn zur Zeit der Freistaatsgründung war das Lehrpersonal „weitgehend konservativ und monarchistisch-national gesinnt“, sagt Paulus, der am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Uni Augsburg forscht und lehrt. „Es handelte sich um Vertreter der Elite, die im Kaiserreich ausgebildet und geprägt wurden und der Weimarer Republik mehrheitlich distanziert bis offen ablehnend gegenüberstanden.“
Die Nationalsozialisten förderten an den Hochschulen später vor allem Forschungen für die Rüstungsindustrie. Rassenforschung und völkische Verklärung dominierten ganze Wissenschaftszweige. Jüdische oder politisch andersdenkende Forscher waren gezwungen, aus Deutschland zu fliehen. Paulus spricht von einem „geistigen Ausblutungsprozess“, von dem sich die Universitäten nach 1945 über Jahrzehnte hinweg nicht erholten.
Die Wende kam in den 60er Jahren. Die Landesregierungen überboten sich im Gründungseifer. Bis in die 70er folgte eine neue Universität der nächsten: 1962 in Regensburg, 1970 in Augsburg und 1972 in Bayreuth. Ohne die Einrichtungen wäre der Wandel des Agrarstaats Bayern nicht möglich gewesen, sagt Paulus: „Im Windschatten der Unis modernisierte sich Bayern enorm. Das war der Beginn der Entwicklung zum Hightech-Standort.“ Regensburg etwa verdanke die Ansiedlung des BMW-Werks vor allem seiner Universität. Und der Augsburger Innovationspark, eins der größten Technologiezentren Europas, wäre ohne die Universität und ihre renommierten technisch-physikalischen Studiengänge so nicht entstanden. Dort forschen etwa die Fraunhofer-Gesellschaft und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Auch sonst präge die Uni Stadt und Region. „Man muss die Studenten unterbringen, was den Wohnungsbau beflügelt.“ Die rund 20000 studentischen Bewohner Augsburgs beeinflussen das gesellschaftliche Leben, von der Gastronomie bis zum Kulturangebot. Ähnlich ist es dank jeder der neun Landesuniversitäten, 17 Hochschulen und der Lehreinrichtungen in kirchlicher und privater Hand. Ein Freistaat ohne Unis – nicht auszudenken.
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