Wie der Biber für Menschen in der Region zur Gefahr wird
Immer wieder brechen Spaziergänger in Löcher ein, weil der Boden unterhöhlt ist. Es gibt Verletzte. Schuld ist der Biber. Warum auch einem Landwirt jetzt der Kragen platzt.
Friedrich Böhm reicht es langsam. "Ich habe laufend Probleme mit dem Biber", schimpft der Landwirt. Zig Quadratmeter Mais würde ihm der Nager wegfressen, ganze Uferstücke brächen weg. Und dann sind da auch noch die vielen Löcher im Boden. Eines davon wurde vor kurzem Böhms Azubi zum Verhängnis. Der saß gerade auf dem Traktor, als es plötzlich rumste. Das Gefährt war in ein Biberloch eingebrochen. Der Auszubildende verletzte sich dabei so schwer an der Hand, dass er ins Krankenhaus gebracht werden musste. Und der Traktor? "Der ist fast so alt wie ich, der hält so etwas aus", sagt Böhm, 60, aus Oppertshofen im Landkreis Donau-Ries und lacht. Man merkt ihm trotzdem an, dass ihn die ganze Sache tierisch nervt.
Unfälle häufen sich - besonders in Nordschwaben
Landwirt Böhm ist nicht der Einzige, der Probleme mit den Löchern im Boden hat, die entstehen, wenn der Nager Tunnel gräbt und Wiesn und Feldwege unterhöhlt. Bayernweit hört man immer wieder von solchen Fällen. Von Reitern, die stürzten, weil das Pferd in ein tiefes Loch getreten war. Von eingesunkenen Traktoren. Sogar von Kälbern, die in den ausgehöhlten Vertiefungen ertrunken sein sollen.
In letzter Zeit häuften sich die Unfälle besonders in Nordschwaben. So hat sich vor kurzem eine 56-jährige Frau aus Donauwörth schwer verletzt, als sie in so ein Loch einbrach. Die Frau war mit ihrem Mann in der Nähe von Wörnitzstein angeln gewesen. Als es dunkel war, gingen sie mit Taschenlampe zurück zum Auto. Plötzlich gab der Boden nach – und die Frau steckte bis zur Hüfte fest. Ihr Mann musste sie herausziehen. Der Angelausflug hatte für die Frau schwere gesundheitliche Folgen: Weil sie sich beim Sturz eine Fraktur am Knie zuzog, musste sie zweieinhalb Stunden lang operiert werden. Seit dem Unfall ist sie krankgeschrieben. Voraussichtlich noch monatelang.
"Der Biber hat keine natürlichen Feinde"
Auch für einen 46-jährigen Mann wurde aus einem idyllischen Spaziergang an der Wörnitz in der Nähe von Ebermergen eine äußerst unangenehme Erfahrung – auch er brach vor kurzem in einen Bibertunnel ein, den der Nager vom Fluss aus gegraben hatte. Nur mit Mühe konnte sich der Mann selbst aus seiner misslichen Lage befreien und zu seinem Auto zurückhumpeln. Später stellte sich heraus, dass mehrere Bänder im Knie angerissen waren.
Wegen solcher Unfälle oder Schäden an Landwirtschaftsmaschinen wollen viele Menschen im Freistaat dem Nager an den Kragen. So wie Landwirt Böhm aus Oppertshofen. Für ihn gibt es nur eine Lösung: Der Biber muss aufgehalten werden. "Aber ich werde ignoriert. Biber sind anscheinend heilige Kühe", schimpft er und fügt hinzu: "Der Biber hat keine natürlichen Feinde. Er vermehrt sich explosionsartig. Für mich ist das nicht anders als bei Wildschweinen oder Rehen: Was zu viel ist, muss dezimiert werden."
Biber sind streng geschützt
Nur: Ganz so einfach ist das nicht. Denn der Nager ist streng geschützt. 20 Gemeinden im Landkreis Donau-Ries haben aber bereits eine befristete Genehmigung zum Abfang, also zum Töten, des Bibers. "Das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Karl Malz, Bürgermeister der Gemeinde Tapfheim im Landkreis Donau-Ries. "Wir haben keine Chance, wenn wir nicht den Schutzstatus aufheben."
Man muss nicht gleich dem Biber an den Pelz gehen, um den Konflikt zwischen Mensch und Tier zu entschärfen, meint Volker Geiß, Naturschutzbeauftragter des Landratsamtes Donau-Ries. Er hält es etwa für sinnvoll, wenn die Landwirte ihre Felder nicht direkt bis ans Flussufer bewirtschafteten. Durch einen Randstreifen von etwa zehn Metern auf beiden Uferseiten könnten bis zu 95 Prozent aller Traktor-Einbrüche in Bibertunnel verhindert werden, sagt er und verweist auf ein Förderprogramm des Freistaats, das Landwirte, die den Uferbereich für mehrere Jahre unberührt lassen, finanziell unterstützt.
Wie man allerdings Spaziergänger vor den Löchern im Boden schützen kann, das weiß auch der Naturschutzbeauftragte nicht. "Bei Fußgängern ist das natürlich viel schwieriger." Und so wird es wohl noch mehr Fälle geben wie die der Anglerin und des Spaziergängers aus dem Landkreis Donau-Ries, für die die Bekanntschaft mit dem Biber eine enorm schmerzhafte war. mit wwi, hilg
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