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Brustkrebs
23.07.2016

Wie die nahezu blinde Sabrina Zollo kleinste Tumore ertastet

"Ich mag meinen Job und ich verdiene ordentliches Geld." Sabrina Zollo tastet die Brust einer Patientin nach möglichen Veränderungen ab.
Foto: Annette Zoepf

Sabrina Zollo ist seit zwölf Jahren nahezu blind. Ein Schicksalsschlag, aber sie macht das Beste daraus. Heute kann sie dank ihres Tastsinns kleinste Tumore in der Brust entdecken.

Da ist diese eine Frage, die Sabrina Zollo nicht hören will. Und von der sie weiß, dass sie doch irgendwann kommt – wenn die Patientin vor ihr auf dem Untersuchungstisch liegt, mit nacktem Oberkörper und starrem Blick in Richtung Decke, und Zollo erst die Lymphknoten, dann die rechte, dann die linke Brust abtastet. Noch bevor sich diese unangenehme Stille breitmacht, sagt die 25-Jährige dann Sachen wie: „Erzählen Sie mir doch einen Schwank aus Ihrer Jugend.“ Oder sie fragt, ob die Patientin Schmerzen hat, ob ihr die Bewegungen unangenehm sind. Oft kommt sie trotzdem, diese eine Frage. Danach, warum sie blind ist.

Sabrina Zollo will sie gar nicht hören. Und sie will es auch nicht immer erklären müssen. Warum es so ist, wie es heute ist. „Das nervt mich“, sagt die junge Frau und stemmt die Hände in die Hüften. An manchen Tagen sagt sie dann nur: „Das hab ich schon immer.“ Nur, um ihre Ruhe zu haben. Heute aber ist so ein Tag, an dem sie ihre Geschichte erzählt. Dass sie damals, vor zwölf Jahren, eine Netzhautablösung hatte, dass die Ärzte feststellten, dass man das nicht mehr operativ beheben könne. Dass sie heute nur noch hell und dunkel, Schatten und Umrisse sehen kann. Ein Prozent Sehkraft, sagen die Ärzte.

Sie fühlt, ob sich in Frauenbrüsten kleinste Knoten gebildert haben

Kann man so ein Schicksal annehmen? Sabrina Zollo streift die dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie überlegt lange, bis sie ihre Gedanken in Worte fassen kann. Dann sagt sie: „Akzeptiert habe ich es nicht. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich komme damit klar.“ Was ihr dabei hilft, ist ihre Arbeit. Denn die gelernte Bürokauffrau tut etwas, was sehende Menschen in dieser Form nicht können: Als Medizinische Tastuntersucherin (MTU) fühlt sie, ob sich in Frauenbrüsten kleinste Knoten gebildet haben. Neun Monate Weiterbildung hat sie dafür investiert, gelernt, wie die Zellteilung funktioniert, was die Lymphknoten mit der Brust zu tun haben und wie sich ein bösartiger Knoten anfühlt. „Es ist ja nicht nur Brust-Tatschi-Tatschi, was wir da machen“, sagt Zollo.

An diesem Morgen sitzt sie in der Frauenarztpraxis von Dr. Thomas Sattler im mittelfränkischen Gunzenhausen und arbeitet den üblichen Fragenkatalog ab. „Wie geht es Ihnen? Wann waren Sie das letzte Mal bei der Krebsvorsorge? Haben sich seither Veränderungen ergeben?“ Die Antworten von Carola, 50, tippt sie in den Computer ein. „Dann machen Sie sich doch bitte obenrum frei.“ Zollo klebt rot-weiße Streifen auf Brustbein, Brust und Achselseite der Patientin. Die tastbaren Punkte darauf helfen ihr, sich zu orientieren. Sie teilen die Brust in ein Raster ein. „So ein bisschen ist das wie Schiffe versenken“, sagt sie und lacht. Dann wandern Zeige- und Mittelfinger über den Körper der Patientin, in langsamen, kreisenden Bewegungen. Carola erzählt von den Krebsfällen in ihrer Familie. Und den Tanten väterlicherseits, die Brustkrebs hatten. „Und diese Moderatorin, die hatte es doch auch.“

Etwa eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. 70 000 werden jedes Jahr mit der Diagnose konfrontiert. So wie die ZDF-Sportreporterin Jana Thiel, 44, die vor kurzem ihren Kampf gegen den Brustkrebs verlor. Oder Miriam Pielhau. 2008 erkrankte die Moderatorin an Brustkrebs, 2014 kam Leberkrebs dazu, zuletzt galt die 41-Jährige sogar als geheilt. Ihr Tod vor wenigen Tagen hat viele Menschen geschockt.

Dr. Frank Hoffmann atmet am Telefon tief durch. Ja, Brustkrebs ist mit Abstand die häufigste Krebsform bei Frauen, sagt er. Aber ein Knoten in der Brust muss noch lange kein Todesurteil sein, erklärt der Gynäkologe aus Duisburg. „Entscheidend ist, wie früh man ihn entdeckt.“ Hat der Krebs noch nicht gestreut, liegen die Heilungschancen statistisch gesehen bei über 90 Prozent. Entscheidend sei, frühestmöglich kleinste Veränderungen in der Brust zu finden.

Die Lösung kam ihr unter der Dusche

Die Lösung kam Hoffmann schließlich eines Morgens unter der Dusche. Dass man dafür doch Blinde einsetzen müsste. Weil diese doch für ihren ausgeprägten Tastsinn bekannt sind. Und weil viele von ihnen sich ohnehin schwer auf dem Arbeitsmarkt tun. Das Problem war nur: Hoffmann kannte keine einzige blinde Frau. Der Mann einer seiner Mitarbeiterinnen schon. Er vermittelte ihm schließlich sechs blinde Frauen. Sie machten mit. Hoffmann gründete das Sozialunternehmen „Discovering Hands“, zu deutsch „entdeckende Hände“, und entwickelte eine Prüfungsordnung, nach der blinde Frauen binnen neun Monaten zu Tastuntersucherinnen weitergebildet werden. Das war 2006. Mittlerweile hat „Discovering Hands“ zusammen mit anderen Berufsförderwerken rund 100 MTUs hervorgebracht. In Bayern ist das Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte in Nürnberg die einzige Einrichtung dieser Art.

Auch Zollo hat hier ihre Weiterbildung gemacht. Und sie ist dankbar dafür. Weil die Chancen für Blinde noch immer gering sind, weil sie vielleicht als Bürokraft hätte arbeiten können, als Physiotherapeutin oder Telefonistin. Aber das wollte sie nicht. „Ich mag meinen Job und ich verdiene ordentliches Geld“, sagt die Frau und nimmt einen Bissen von ihrem Pausenbrot. Sie hat dafür gekämpft, ihr eigenes Leben zu leben – fernab der Eltern, fernab staatlicher Unterstützung.

---Trennung _Patientinnen aus ganz Bayern kommen nach Gunzenhausen_ Trennung---

Sabrina Zollo untersucht die Brust bereichsweise, auch die Lymphdrüsen unter der Achsel. Eine ausführliche Untersuchung kann bis zu 50 Minuten dauern.
Foto: Annette Zoepf

Dafür nimmt sie auch in Kauf, dass sie in drei verschiedenen Praxen arbeitet, insgesamt mehr als 40 Stunden die Woche. Und dass sie und ihre Blindenhündin Ida morgens anderthalb Stunden von der Wohnung in Nürnberg bis zum Bahnhof in Gunzenhausen brauchen. Dass ihr Tag schon morgens um 4 Uhr beginnt.

Frauenarzt Thomas Sattler war von Anfang an begeistert von der Idee, eine blinde Tastuntersucherin anzustellen. Zollo ist schon die zweite, die in seiner Praxis arbeitet. „Das ist endlich mal ein Beispiel dafür, wo die sogenannten Behinderten besser sind als gesunde Menschen.“ Das liegt zum einen daran, dass sie viel genauer tasten. Gynäkologen finden einer Auswertung zufolge Tumore erst ab einem Durchmesser von ein bis zwei Zentimetern, Tastuntersucherinnen dagegen schon ab sechs bis acht Millimetern. Und dann ist da natürlich der zeitliche Aspekt: Sattler und seine Kollegen haben, wie Umfragen zeigen, allenfalls drei Minuten, um die Brust abzutasten. Bei Zollo dauert die Untersuchung zwischen 30 und 50 Minuten. Viel mehr Zeit, um auch einen Knoten zu entdecken.

Patientinnen aus Bayern kommen nach Gunzenhausen

Sattler hat mittlerweile Patientinnen aus Augsburg, aus dem Allgäu oder dem Münchner Raum, die nach Gunzenhausen kommen, um sich untersuchen zu lassen. Noch gibt es in Südbayern keine Praxis, die diese Untersuchung anbietet. Viele seiner Kollegen hätten Vorbehalte, sagt Sattler. Dabei sei die Tastuntersuchung nur als Ergänzung, nicht als Ersatz zu anderen Krebsvorsorge-Untersuchungen gedacht. Und: Zollo und ihre Kolleginnen machen nur die Untersuchung, das anschließende Gespräch führt immer noch der Frauenarzt.

Für Frank Hoffmann, den Initiator von „Discovering Hands“, geht es vor allem darum, das Bewusstsein zu stärken, wie wichtig Vorsorgeuntersuchungen sind. Manche spüren einen Knoten in der Brust, gehen aber trotzdem nicht zum Arzt. Andere fürchten sich vor der Mammografie, die Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre kostenlos angeboten wird. Nur 57 Prozent nehmen daran teil. „Viele wollen da nicht hin“, sagt Sattler. Das liegt zum einen daran, dass viele die Röntgenuntersuchung als schmerzhaft empfinden. Andere vertrauen der Methode nicht. Immer wieder steht die Mammografie in der Kritik, weil sie zu viele harmlose Knoten erkenne und zu viele unnötige Operationen nach sich ziehe. Und auch vor der Tastuntersuchung haben viele Angst, sagt Zollo. „Diesen Angstschweiß kann ich riechen.“

Die 62-Jährige, die heute zum ersten Mal auf Zollos Untersuchungstisch Platz genommen hat, weiß, wie sich Unsicherheit anfühlt. Vor ein paar Jahren haben die Ärzte einen Knoten in ihrer Brust entdeckt, der Befund war negativ. „Da geht man schon mit einem anderen Gefühl zum Arzt“, erzählt sie. Und von der Bekannten, die den Brustkrebs schon fast besiegt hatte – bis die Krankheit zurückgekehrt ist. Die 46,50 Euro, die die Untersuchung sie kostet, zahlt sie daher gern. Sie ist begeistert, nimmt sie in Kauf. „Aber es wäre schon schön, wenn alle Kassen das übernehmen würden.“ Bisher sind es nur zwölf.

Sabrina Zollo ist überzeugt, dass es mehr Tastuntersucherinnen braucht. Deswegen unterstützt sie jetzt am Bildungszentrum in Nürnberg den neuen Kurs, an dem vier blinde Frauen zwischen 23 und 56 Jahren teilnehmen. An diesem Nachmittag aber hat sie zuerst einmal Zeit für Ida. Zollo geht durch das Wartezimmer, nach hinten, wo der Labrador Retriever geduldig auf sie wartet – darauf, dass sie den Weg in Richtung Bahnhof antreten. Den meistern beide ohne Probleme. „Manche Leute denken, dass ich gar nicht blind bin“, sagt Zollo und schüttelt dabei den Kopf. Nur, weil man ihr das nicht ansieht. Andere packen sie am Arm und schleifen sie über die Straße.

Auch so etwas, was sie nicht will.

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