Weiter mit Tracking durch Dritte

Besuchen Sie unsere Website mit externen Inhalten, personalisierter Werbung und Werbetracking durch Dritte. Details und Informationen zu Cookies, Verarbeitungszwecken sowie Ihrer jederzeitigen Widerrufsmöglichkeit finden Sie in der Datenschutzerklärung und in den Privatsphäre-Einstellungen.

Weiter mit dem PUR-Abo

Nutzen Sie unser Angebot ohne Werbetracking durch Dritte für 4,99 Euro/Monat. Kunden mit einem bestehenden Abo (Tageszeitung, e-Paper oder PLUS) zahlen nur 0,99 Euro/Monat. Informationen zur Datenverarbeitung im Rahmen des PUR-Abos finden Sie in der Datenschutzerklärung.

Zum Angebot Bereits PUR-Abonnent? Hier anmelden

Einwilligung: Durch das Klicken des "Akzeptieren und weiter"-Buttons stimmen Sie der Verarbeitung der auf Ihrem Gerät bzw. Ihrer Endeinrichtung gespeicherten Daten wie z.B. persönlichen Identifikatoren oder IP-Adressen für die beschriebenen Verarbeitungszwecke gem. § 25 Abs. 1 TTDSG sowie Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO durch uns und unsere bis zu 220 Partner zu. Darüber hinaus nehmen Sie Kenntnis davon, dass mit ihrer Einwilligung ihre Daten auch in Staaten außerhalb der EU mit einem niedrigeren Datenschutz-Niveau verarbeitet werden können.

Tracking durch Dritte: Zur Finanzierung unseres journalistischen Angebots spielen wir Ihnen Werbung aus, die von Drittanbietern kommt. Zu diesem Zweck setzen diese Dienste Tracking-Technologien ein. Hierbei werden auf Ihrem Gerät Cookies gespeichert und ausgelesen oder Informationen wie die Gerätekennung abgerufen, um Anzeigen und Inhalte über verschiedene Websites hinweg basierend auf einem Profil und der Nutzungshistorie personalisiert auszuspielen.

Externe Inhalte: Zur Ergänzung unserer redaktionellen Texte, nutzen wir in unseren Angeboten externe Inhalte und Dienste Dritter („Embeds“) wie interaktive Grafiken, Videos oder Podcasts. Die Anbieter, von denen wir diese externen Inhalten und Dienste beziehen, können ggf. Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten.

Verarbeitungszwecke: Personalisierte Werbung mit Profilbildung, externe Inhalte anzeigen, Optimierung des Angebots (Nutzungsanalyse, Marktforschung, A/B-Testing, Inhaltsempfehlungen), technisch erforderliche Cookies oder vergleichbare Technologien. Die Verarbeitungszwecke für unsere Partner sind insbesondere:
Informationen auf einem Gerät speichern und/oder abrufen

Für die Ihnen angezeigten Verarbeitungszwecke können Cookies, Gerätekennungen oder andere Informationen auf Ihrem Gerät gespeichert oder abgerufen werden.

Personalisierte Anzeigen und Inhalte, Anzeigen und Inhaltsmessungen, Erkenntnisse über Zielgruppen und Produktentwicklungen

Anzeigen und Inhalte können basierend auf einem Profil personalisiert werden. Es können mehr Daten hinzugefügt werden, um Anzeigen und Inhalte besser zu personalisieren. Die Performance von Anzeigen und Inhalten kann gemessen werden. Erkenntnisse über Zielgruppen, die die Anzeigen und Inhalte betrachtet haben, können abgeleitet werden. Daten können verwendet werden, um Benutzerfreundlichkeit, Systeme und Software aufzubauen oder zu verbessern.

▌▉▍▉▉▍▉▌▌▉▍▉▌ ▉▌▌▉▍▉▌▌▉▍▉▍▉▍ ;▌▉▍▉▉▍▉▌▌▉▍▉▌
  1. Startseite
  2. Bayern
  3. V-Mann-Affäre: Wie ein Spitzel die bayerische Polizei vorführte

V-Mann-Affäre
27.07.2018

Wie ein Spitzel die bayerische Polizei vorführte

Mario H. war einer der Top-Ermittler im Landeskriminalamt. Bis zur V-Mann-Affäre. Nun steht der Augsburger vor Gericht.
Foto: Daniel Karmann

LKA-Beamte schleusen einen V-Mann bei den "Bandidos" ein. Doch der begeht Straftaten. Die Affäre stürzt das LKA in eine Krise. Müssen die Ermittler nun in Haft?

Es geht um den Ruf des Landeskriminalamts. Um die Glaubwürdigkeit von bayerischen Ermittlern. Um die seit Jahren schwelende V-Mann-Affäre des LKA. Am Freitag soll ein Schlusspunkt gesetzt werden hinter den wohl peinlichsten Skandal in der Geschichte der erfolgsverwöhnten Behörde. Vorher aber haben im Nürnberger Landgericht die Verteidiger und die Angeklagten das letzte Wort. Und dann das.

Einer der Verteidiger wirft sich in Pose, zitiert plötzlich William Shakespeare – einen Hamlet-Monolog, genauer gesagt. Ein zweiter beruft sich auf den fränkischen Kabarettisten Urban Priol: „So viel Alkohol kann ich gar nicht trinken, um auf so absurde Gedanken zu kommen“, sagt er mit Blick auf die Anklage. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen sechs LKA-Beamte seien „an Haltlosigkeit nicht zu überbieten“. In dieser Situation muss sich selbst der Vorsitzende Ulrich Flechtner ein Schmunzeln verkneifen.

Und dann zitiert der Verteidiger des LKA-Manns Shakespeare

Dabei hatten Flechtner und die anderen Nürnberger Richter in dem Mammutprozess, der seit November 2017 läuft, wenig zu lachen. Wenn sie ihr Urteil fällen, geht es vor allem um die Frage: Glauben sie dem Hauptkommissar Norbert K. und seinen fünf LKA-Kollegen, dass ihr Spitzel sie getäuscht hat? Oder glauben sie dem kriminellen V-Mann? Dieser wiederum behauptet, die LKA-Beamten wollten einen Einsatz vertuschen, der außer Kontrolle geraten war.

Das eine wäre menschlich, das andere kriminell. Der Fall könnte den Hauptangeklagten Norbert K., 54, die Karriere, Pension und Freiheit kosten. Und er könnte die anderen LKA-Beamten mit in den Abgrund reißen.

Einer davon ist Kriminaldirektor Mario H. aus Augsburg. Der hat eine steile Karriere beim LKA hinter sich, erst als Drogenermittler mit etlichen spektakulären Fahndungserfolgen. Später wurde er zum Spezialisten für Organisierte Kriminalität. Mafia, Rocker, Russen-Banden, solche Sachen. 2015 ernannte man ihn sogar zum Chef jener Sonderkommission, die sich im Auftrag des Generalbundesanwalts um die Aufklärung des Oktoberfest-Attentats aus dem Jahr 1980 kümmern sollte. Spätestens von da an nannten ihn die Kollegen „Super Mario“.

Mario H. ist seit Dezember 2016 vom Dienst suspendiert – ebenso wie die fünf anderen LKA-Beamten. Sie alle sollen verantwortlich sein für den Einsatz im kriminellen Rocker-Milieu, der komplett aus dem Ruder der Rechtmäßigkeit gelaufen ist.

„Super Mario“ wirkt, als wäre er im falschen Film

An dieser Stelle kommt ein anderer Mario ins Spiel – Mario W. Die LKA-Beamten haben ihn als V-Mann in die Rockergruppe „Bandidos“ in Regensburg eingeschleust. Als er immer wertvollere Informationen über das Innenleben der Rocker lieferte, sollen die LKA-Leute ihn mit allen Mitteln geschützt haben, ihn sogar zum Diebstahl von Mini-Baggern und anderen Baumaschinen 2011 in Dänemark angestiftet haben. Danach hatten sie laut Anklage alle Hände voll zu tun, um zu vertuschen, dass sie die Grenzen des Rechts überschritten hatten. Manche der Beamten sollen demnach Unterlagen für andere Behörden frisiert, andere vor Gericht falsch ausgesagt haben.

Mario H., der andere nicht nur in Sachen Körpergröße, sondern auch in puncto Selbstbewusstsein überragt, verfolgt den Prozess kopfschüttelnd, manchmal gequält lachend, als finde er sich im falschen Film wieder. Er sei in den Einsatz gar nicht involviert gewesen, sagt der Top-Ermittler im November aus. Trotzdem muss er sich wegen Diebstahls in mittelbarer Täterschaft und uneidlicher Falschaussage vor Gericht verantworten – als Vorgesetzter von Norbert K., der im Mittelpunkt der Ermittlungen steht. Der 54-Jährige gilt als Kriminalist mit großer Erfahrung. Um die 100 Spitzel hat er „geführt“. Männer wie Mario W., die gegen Bares hoffentlich Wahres berichten, wertvolle Informationen aus schwer zugänglichen kriminellen Gruppierungen wie den „Bandidos“ zutage fördern. K. hat darüber sogar Kurse bei der bayerischen Polizei gegeben. Er weiß genau, wann die Linie zum Verbotenen überschritten ist.

Mario W. kontaktierte seinen Beichtvater zu allen Tag- und Nachtzeiten – wenn er medizinische Hilfe brauchte oder jemanden, dem er sich anvertrauen konnte. Das belegen E-Mails. Als der Spitzel allerdings an der tschechischen Grenze mit Drogen erwischt wurde, beendete das LKA die anrüchig gewordene Zusammenarbeit. Seither will der V-Mann seinen Betreuer „hängen“ sehen. Aus seiner Sicht hat Norbert K. ihn ins Messer der Justiz laufen lassen, statt ihn weiter vor Strafverfolgung zu schützen.

Er hat Rocker für das LKA bespitzelt und mit Drogen gehandelt

Es gibt keinen Zweifel daran, dass Mario W. mit Drogen gehandelt hat, während er für das LKA kriminelle Rocker bespitzelte. Die entscheidende Frage aber ist: Beging er Straftaten als Tarnung, um von den „Bandidos“ akzeptiert zu werden? Oder handelte er auf eigene Rechnung – und will LKA-Beamte mit hineinziehen, um sich dafür zu rächen, dass sie ihn fallen gelassen haben wie eine heiße Kartoffel?

Mario W. stand nach dem abrupten Ende seiner Spitzelkarriere zwei Mal in Würzburg vor Gericht. Er hat so viel erzählt über die Zusammenarbeit mit dem LKA, dass eine Lawine ins Rollen kam. Nun sitzt er im Nürnberger Gerichtssaal seinem Ex-Betreuer buchstäblich im Nacken, die Schultern breit, das Kinn gereckt und genießt seinen Triumph: Sein Anwalt hat ihm die Rolle eines Nebenklägers erkämpft, „weil er als Verletzter einer Freiheitsberaubung in Betracht kommt und eine Verurteilung der Angeklagten rechtlich möglich erscheint“, entschied das Oberlandesgericht.

Der vielfach vorbestrafte Kriminelle, der sich wie ein Chamäleon seiner Umgebung anpassen kann, hat die „Bandidos“ in Regensburg erfolgreich unterwandert – als Fahrer des Bosses erfuhr er viel. Er besorgte den Rockern Rauschgift und Mädchen aus Tschechien, beteiligte sich an besagtem Baggerdiebstahl und schmuggelte geklaute Münzen, wie er erzählte. Das LKA habe ihn immer wieder rausgehauen – sogar, als sein vom Staat bezahlter Leihwagen zu viele Kilometer draufhatte. Da habe man auf Behörden-Kosten in einer Hinterhof-Werkstatt einfach den Tacho zurückgedreht.

Mario W. will sogar von einem Rechtsextremen Waffen angeboten bekommen haben, wie er im Gespräch im Würzburger Gefängnis 2012 erzählte. Aber das LKA habe den Mann mit den zwei Pistolen beim Treffen auf einer Raststätte einfach laufen lassen. Ein Vorwurf, der schwierig zu prüfen ist. Das LKA schwieg zunächst zu dem Fall – aus heutiger Sicht ein medialer GAU. So überließ man dem Ex-Spitzel die Deutungshoheit. Erst viel später traute man sich. „Glauben Sie ernsthaft, wir hätten uns so einen Fang damals entgehen lassen?“, entgegnete ein LKA-Vertreter. „2011, kurz nach Bekanntwerden der NSU-Mordserie, hätten wir das mit Handkuss genommen, wenn wir es gewusst hätten.“

Auch sonst sind viele von Mario W.s Aussagen mit Vorsicht zu genießen. Im zweistündigen Interview mit unserer Redaktion erzählte W. 2012 von einer verschwundenen Prostituierten und einem beseitigten Anwalt im Umfeld der „Bandidos“. Seltsam nur, dass beide 2016 quicklebendig wieder auftauchten. So blieb der Eindruck: Mario W. weiß viel, aber er erzählt noch mehr. Dazu passt etwa auch, dass im Würzburger Prozess 2016 ein Ermittler eine Liste von 50 Straftaten präsentierte, denen das LKA trotz Hinweisen von Mario W. nicht nachgegangen sei – angeblich ein Indiz dafür, wie man schützend die Hand über ihn hielt. Doch inzwischen ist davon so gut wie nichts übrig. Das meiste davon hat sich als Luftnummer erwiesen.

Die Mehrzahl der Zeugen – Rechtsanwälte, Ermittler, Staatsanwälte und Richter aus Würzburg – ließ in Nürnberg starke Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Spitzels anklingen. Die Beweisaufnahme war ein mühseliges Vergleichen, wer wann was gesagt haben soll. Andererseits haben auch die Gerichte geschlampt. Entscheidend ist etwa, was Norbert K. im Drogenprozess 2012 gegen seinen Spitzel ausgesagt hat. Doch das hat keiner protokolliert. Notizen, die sich Verteidiger und Staatsanwalt machten, weichen offenbar stark voneinander ab. Reporter waren an diesem Tag vom Prozess ausgeschlossen.

Mario H. sagt, er habe einen hohen Preis bezahlt

Dennoch hält die Nürnberger Staatsanwaltschaft, die einen Mann für die Ermittlungen ein volles Jahr freigestellt hatte, ihre Anklage nach 36 Prozesstagen für erwiesen. Für Norbert K. fordert sie zweieinhalb Jahre Haft, für Mario H. und drei weitere Beamte Bewährungsstrafen zwischen einem Jahr und einem Jahr und neun Monaten, was Folgen für ihre Beschäftigung und Pension hätte. Die sechs Angeklagten wollen einen Freispruch. Sie hätten nichts Strafbares getan, betonen sie.

Mario H. räumt am Mittwoch vor Gericht ein, dass es Fehler bei der Bewertung von Vorgängen gegeben habe. „Wir hätten genauer hinschauen müssen, das wird sich nicht wiederholen.“ Für diesen Fehler habe er, wie seine Kollegen, dienstlich und privat „einen sehr hohen Preis“ zahlen müssen. Aber er habe keinerlei strafbare Handlungen begangen.

Der Hauptangeklagte Norbert K. hat monatelang zu den Vorwürfen geschwiegen. Nun, wo er das letzte Wort vor der Urteilsverkündung hat, will er reden. Er habe den V-Mann wiederholt darauf hingewiesen, dass der keine Straftaten begehen dürfe, betont er. „Ich habe mich an keinerlei Straftaten beteiligt.“ Er habe auch keinerlei Akten frisiert, um illegale Praktiken zu vertuschen. Unterschiedlich ausführliche Akten seien völlig legal zu verschiedenen Zwecken geführt worden, um den Kreis der Beteiligten zum Schutz des eingesetzten Spitzels klein zu halten. Er habe unter den vierjährigen Ermittlungen sehr gelitten. „Ich hoffe, dass ich mit dem Urteil einen Schlussstrich ziehen und meine polizeiliche Tätigkeit fortsetzen kann.“ Der Fall wirft auch Schatten auf den Wahlkampf seiner Frau, die als Landtags-Kandidatin ein Ziel von Mutmaßungen ist. Trotzdem zeigt sie sich mit ihm in der Öffentlichkeit – auch im Prozess.

Der Platz von Mario W. aber bleibt in den letzten Tagen vor dem Urteil leer. Der Nebenkläger hat das Interesse an dem Prozess erkennbar verloren. Stattdessen hat er zuletzt eifrig Interviews über sein Leben als missbrauchter V-Mann gegeben.

Wem die Richter glauben? Am Freitag fällt das Urteil.

Wir möchten wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um die Umfrage von Civey anzuzeigen

Hier kann mit Ihrer Einwilligung ein externer Inhalt angezeigt werden, der den redaktionellen Text ergänzt. Indem Sie den Inhalt über „Akzeptieren und anzeigen“ aktivieren, kann die Civey GmbH Informationen auf Ihrem Gerät speichern oder abrufen und Ihre personenbezogenen Daten erheben und verarbeiten. Die Einwilligung kann jederzeit von Ihnen über den Schieberegler wieder entzogen werden. Datenschutzerklärung

Themen folgen

Die Diskussion ist geschlossen.