Wie wird sich Horst Seehofer entscheiden?
Immer mehr Parteifreunde drängen den CSU-Chef, weiterzumachen. Doch Horst Seehofer will seine Entscheidung erst am 24. April verkünden. Eine Revolte traut Markus Söder keiner zu.
Ministerpräsident Horst Seehofer bleibt CSU-Chef, Innenminister Joachim Herrmann wird CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl und Finanzminister Markus Söder wird sich auf seinem Weg an die Spitze noch etwas gedulden müssen – das ist die aktuell gängigste Prognose für den Fortgang der Ereignisse in der CSU. Die Eintrittswahrscheinlichkeit liegt bei gut 90 Prozent. Das Restrisiko aber ist nicht zu unterschätzen. Denn wenn Seehofer sich zum Weitermachen entscheidet, und viele in der Partei sagen, er hätte gar keine andere Wahl mehr, dann stürzt er sich in das wahrscheinlich größte Abenteuer seiner politischen Karriere.
Die Stimmung des CSU-Chefs hat sich erkennbar aufgehellt in den vergangenen Tagen. Der unerwartete Wahlsieg der Union im Saarland, die Wahrnehmung Seehofers, dass der neue SPD-Chef Martin Schulz „auch kein Außerirdischer ist“, und die Befriedigung, dass mit der Maut „nun auch das letzte Wahlversprechen umgesetzt ist“ – all das lässt ihn hoffen. An seinem Terminplan aber, so sagte Seehofer gestern im Gespräch mit unserer Zeitung, habe sich nichts geändert. Er werde jetzt erst einen Gesundheits-Check machen lassen, mit der Familie und mit Freunden reden, weitere politische Gespräche führen und seine Entscheidung nach den Osterferien in der Sitzung des Parteivorstands am 24. April bekannt geben. „Glauben Sie es mir, ich bin noch hin- und hergerissen über den richtigen Weg“, sagte Seehofer.
Seehofers Rivale Markus Söder muss sich noch gedulden
Nicht wenige in der Partei halten derlei Beteuerungen für Elemente eines altbekannten Rituals. Schon im Normalfall muss, wer als Frontmann weitermachen will, sich der Unterstützung der Partei versichern. Er will gefragt, aufgefordert, ja sogar gedrängt werden, seine persönliche Lebensplanung zum Wohl der Partei hintanzustellen. Bei Seehofer, so sagt ein alter Hase in der CSU, komme noch eine Besonderheit hinzu: Er habe angekündigt, 2018 aufzuhören, deshalb brauche er jetzt eine außergewöhnlich gute Begründung, warum es nun doch anders sein soll.
Aber ernsthafte Zweifel gibt es daran offenbar kaum noch. „Horst Seehofer kann doch gar nichts anderes tun, als zu verkünden, dass er weitermacht“, sagt ein CSU-Landtagsabgeordneter aus Oberbayern. „Wie will einer einen Bundestagswahlkampf führen und gleichzeitig sagen, ich bin dann hinterher nicht mehr dabei?“ Ähnlich äußern sich Abgeordnete aus Schwaben und Niederbayern. „Unter den gegebenen Umständen“ sei keine andere Lösung denkbar. Selbst von all jenen in der Landtagsfraktion, die sich längst hinter dem Franken Markus Söder eingereiht haben, weil sie ihn für den einzig möglichen nächsten Ministerpräsidenten halten, sei „keine Revolte“ zu erwarten.
Die Liste derer, die sich öffentlich oder intern für Seehofer ausgesprochen haben, hat schon eine erstaunliche Länge. Einige Namen haben in der CSU beachtliches Gewicht: Theo Waigel und Edmund Stoiber, Barbara Stamm und Ilse Aigner, Manfred Weber und Gerd Müller. Und Söder wird nachgesagt, er habe sich, zumindest im Moment, mit der Situation abgefunden. „Er wird“, wie ein Grande es formuliert, „die offene Feldschlacht nicht suchen.“
Dafür hätte er, wie eine Umfrage unserer Zeitung unter gut einem Dutzend Mitgliedern der CSU-Landtagsfraktion ergab, wohl auch nicht genügend Mitstreiter. Zwar gilt es als ausgemachte Sache, dass die Fraktion, wenn Seehofer aufhören sollte, Söder zum Ministerpräsidenten wählen würde. Einen großen Krach im Jahr der Bundestagswahl aber wollen offenbar nicht einmal jene Abgeordneten riskieren, die sich in jüngster Zeit mächtig geärgert haben über Seehofer.
Für die CSU steht viel auf dem Spiel
Er habe sich, so heißt es von dieser Seite, im Streit um die Reform des Kommunalwahlrechts „böse Dinge“ geleistet und „den Stolz der Fraktion verletzt“. Das habe ihm „definitiv Sympathien gekostet“. Seine Entscheidung aber werde in der Fraktion akzeptiert werden – von einem Drittel murrend, von zwei Dritteln, weil sie überzeugt sind, dass die Vernunft es gebietet.
Dass für die CSU so viel auf dem Spiel steht wie lange nicht, ist der großen Mehrheit klar. Es geht um die Stellung der Partei in der Bundespolitik. Das entscheidet sich im Herbst 2017 bei der Bundestagswahl. Und es geht bei der Landtagswahl im Herbst 2018 um die Vorherrschaft in Bayern. Das ist das Abenteuer, das Seehofer bevorsteht. So wie es schiefgehen kann, wenn er aufhört, so kann es auch schiefgehen, wenn er weitermacht. Schwabens CSU-Chef Markus Ferber plädiert deshalb dafür, ihm die Zeit zum Nachdenken zu geben: „Wir brauchen jetzt keine Unruhe.“
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