Zschäpes Verteidiger kritisieren Ermittlungsbehörden
Beate Zschäpes frühere Nachbarin könnte die Angeklagte vielleicht entlasten. Jetzt werfen die Verteidiger den Ermittlungsbehörden im NSU-Prozess eine unzureichende Vernehmung vor.
Eine mögliche Entlastungszeugin sei unzureichend vernommen worden - das warfen Beate Zschäpes Verteidiger den Ermittlungsbehörden im Münchner NSU-Prozess vor. Es handelt sich um die hochbetagte Nachbarin, die in Zwickau bis 2011 direkt neben dem NSU-Trio wohnte. Zschäpes Anwalt Wolfgang Stahl sprach am Dienstag vor dem Münchner Oberlandesgericht von einer unterbliebenen und fehlerhaften Vernehmung. Sein Kollege Wolfgang Heer kündigte dazu eine umfassende Erklärung für kommende Woche an.
Wurde die Nachbarin gewarnt?
Dahinter steht die Kernfrage, ob Zschäpe ihre Nachbarin Charlotte E. im November 2011 warnte, als sie die letzte Wohnung des NSU-Trios in Zwickau in Brand setzte. Das würde den Vorwurf des versuchten Mordes entkräften. Ein Polizist, der E. damals befragte, blieb auch in seiner Aussage vor Gericht am Dienstag bei seinem persönlichen Schluss von damals: Zschäpe habe tatsächlich bei der Nachbarin geklingelt und sie warnen wollen. Dagegen wirft die Anklage Zschäpe vor, den Tod der Frau billigend in Kauf genommen zu haben.
Die Frau selbst leidet inzwischen derart unter Demenz, dass zwei weitere Befragungsversuche - einmal per Videoschalte durch das OLG, einmal durch einen Zwickauer Amtsrichter - erfolglos blieben.
Abläufe bleiben unklar
Deshalb sind die Abläufe an jenem Novembertag nach wie vor unklar. Nach Aussage des Beamten gab E. damals tatsächlich an, dass jemand bei ihr an der Wohnungstür geklingelt habe. Als sie dann aber aus dem Fenster geschaut habe, habe sie niemanden gesehen. Allerdings gab auch einer von zwei Handwerkern, die damals in dem Haus beschäftigt waren, an, bei der alten Frau geklingelt zu haben.
Als sie am Dienstag in einem Pflegeheim befragt wurde, konnte sich E. weder an ihr Alter, noch an den Brand in ihrem Wohnhaus erinnern, berichtete der Zwickauer Amtsrichter. Auf die Frage, ob es ein Feuer oder ein anders Unglück gegeben habe, habe sie mit "Nein" geantwortet. Auch zu Zeiträumen habe sie keinerlei Angaben machen können. Schließlich habe man sich einvernehmlich darauf geeinigt, die Befragung abzubrechen. Bereits eine Videovernehmung durch das OLG selbst war im vergangenen Jahr ergebnislos abgebrochen worden.
Zschäpe steckte die NSU-Wohnung in Brand
Laut Anklage steckte Zschäpe die letzte gemeinsame Wohnung des NSU-Trios in Brand, nachdem sie vom Selbstmord ihrer mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erfahren haben soll. Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" werden unter anderem zehn Morde zugerechnet. Zschäpe ist die einzige Überlebende des Trios.
Der frühere Thüringer Neonazi-Anführer Tino Brandt war für den Nachmittag zum wiederholten Male als weiterer Zeuge geladen. Seine Befragung sollte auch an diesem Mittwoch weiter fortgesetzt werden. dpa/AZ
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