Zwischen Windpocken und Abschlussprüfung
Ariane Luigart hat Kind und Ausbildung unter einen Hut bekommen.
Unternehmen in der Region suchen Auszubildende. Das ist die beste Nachricht für alle jungen Leute, die noch auf der Suche nach einem Platz sind. Mit der Lehrstellen-Offensive unserer Zeitung möchten wir bei der Berufswahl helfen, indem wir bis zum 22. Juni täglich Berufe vorstellen, in denen Schulabgänger gute Chancen haben. Wir informieren aber auch, welche Voraussetzungen die Jugendlichen mitbringen müssen, um bei den Betrieben Erfolg zu haben. Heute stellen wir einen Sonderweg vor: die Ausbildung in Teilzeit.
2007 berichteten wir bereits über Ariane Luigart im Rahmen unserer Lehrstellen-Offensive: Damals startete sie als eine der ersten Frauen in unserer Region eine Ausbildung in Teilzeit. Morgens die Kleine in den Kindergarten bringen, nach der Arbeit Vollzeit-Mami sein und am Abend noch für die Berufsschule büffeln - die vergangenen drei Jahre waren für Ariane Luigart ganz schön anstrengend. Doch es hat sich gelohnt: Im Juni beendet die 25-Jährige ihre Ausbildung zur Bürokauffrau bei dem Augsburger Immobilien-Unternehmen Patrizia.
"Manchmal musste ich mich echt zusammen reißen, um mich abends noch hinzusetzen", gibt die Mutter der fünfjährigen Larissa zu. Drei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter hatte sie den Start ins Berufsleben gewagt. Möglich geworden war dies durch eine Neuordnung des Berufsbildungsgesetzes: Seit 2005 ist eine Lehre auch in Teilzeit erlaubt. Eine Regelung, von der viele junge Mütter und Väter gar nichts wissen.
Betrieb und Lehrling einigen sich dabei auf eine Zahl zwischen 20 und 30 Wochenstunden. Luigart etwa hatte eine Dreiviertelstelle, arbeitete jeden Tag bis 14 Uhr. So blieb nachmittags noch genug Zeit für ihre Tochter. Nur der Berufsschulunterricht fand in Vollzeit statt, da musste der Opa öfter mal einspringen und die Kleine vom Kindergarten abholen.
Richtig stressig wurde es vor den Abschlussprüfungen im Mai. Eigentlich war alles perfekt geplant, Luigart hatte vor den Klausuren extra zwei Wochen Urlaub genommen. Doch dann kamen juckende rote Punkte in Larissas Gesicht dazwischen: Windpocken - "da war dann natürlich nicht mehr viel mit Lernen", erinnert sich die junge Mutter. Ausbildungsleiterin Kornelia Mayr ist aber zuversichtlich, dass es trotzdem gereicht hat, zu gut seien bisher Luigarts Noten gewesen. Überhaupt ist Mayr sehr zufrieden mit ihrer Auszubildenden: "Sie war sehr engagiert und verantwortungsbewusst - vielleicht gerade wegen des Kindes." Deshalb sei eine Verlängerung der Lehrzeit in ihrem Fall nicht notwendig.
Jedes Jahr werden sechs bis acht neue Lehrlinge bei Patrizia in Augsburg eingestellt. Kaufleute für Bürokommunikation, Immobilienkaufleute, Fachinformatiker; auch ein duales Studium der Immobilienwirtschaft bietet das Unternehmen an. Die Ausbildung ist in jedem Fall abwechslungsreich, alle drei bis vier Monate steht eine neue Abteilung auf dem Plan. "Mir hat die Rechtsabteilung am besten gefallen", erinnert sich Luigart.
Das Modell war auch für den Betrieb eine neue Erfahrung
Zwar ist die Teilzeit-Quote bei Patrizia allgemein relativ hoch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird laut Mayr groß geschrieben. Doch bei einer Auszubildenden war es für das Unternehmen eine neue Erfahrung. Die Kollegen reagierten durchwegs positiv. "Wir sind von der Teilzeitausbildung überzeugt und deshalb bereit, so etwas wieder anzubieten", sagt Mayr. Und Luigart rät jungen Müttern, dieses Angebot auch zu nutzen: "Ich kann es nur weiterempfehlen." Sie selbst wird von Patrizia übernommen - als Teilzeitkraft. Von Kathrin Feulner
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