Zwölf Stämme: Wie setzten sich Mädchen von Pflegeeltern ab?
Noch rätseln die Behörden, wie die beiden minderjährigen Mädchen von den „Zwölf Stämmen“ sich von ihren Pflegeeltern in die Schweiz abgesetzt haben. Da gibt es eine neue Entwicklung.
Noch rätseln die deutschen Behörden, wie die beiden minderjährigen Mädchen aus der Sekte „Zwölf Stämme“ sich von ihren Pflegeeltern in Ansbach in die Schweiz abgesetzt haben. Fuhren die zehn und 17 Jahre alten Schwestern mit dem Zug oder mit dem Bus? Reisten sie freiwillig? Wurden sie abgeholt?
Offenbar bewusst dem Sorgerechtsentzug entgangen
Da gibt es bereits eine neue Entwicklung: Anscheinend umgehen die Eltern der Kinder bewusst den vorläufigen Sorgerechtsentzug des Ansbacher Familiengerichts. Denn auch die Eltern sind in die Schweiz gezogen. Die Pressesprecherin des Landratsamtes Donau-Ries, Gabriele Hoidn, bestätigte Informationen unserer Zeitung, dass sich die Eltern der beiden Mädchen bei den Behörden in die Schweiz abgemeldet haben. Das war am 28. Oktober.
Der Verdacht einer illegalen Familienzusammenführung liegt nahe. Bisher hatte es geheißen, die verschwundenen Kinder lebten bei den Großeltern in der Schweiz. Eine Glaubensgemeinschaft wie in Klosterzimmern bei Deiningen gibt es nach eigenen Angaben der Zwölf Stämme in dem Nachbarland nicht.
Prügelvorwürfe gegen die Sekte "Zwölf Stämme"
Nach anhaltenden Prügelvorwürfen gegen die Sekte und einer RTL-Dokumentation waren den Sekteneltern am 5. September 2013 bei einer Großaktion der Behörden ihre Kinder weggenommen worden. Das Sorgerecht ging vorläufig an den Staat über. Die Kinder wurden in Heimen und bei Pflegeeltern untergebracht.
Die beiden Mädchen, die zuletzt mit ihren Eltern in einer kleinen Dependance der Glaubensgemeinschaft in Wörnitz (Kreis Ansbach) gelebt hatten, kamen in eine Pflegefamilie nach Ansbach. Bald darauf kehrten sie nicht mehr von der Schule zurück nach Hause. Das Landratsamt Donau-Ries erstattete Anzeige gegen Unbekannt wegen Kindesentziehung. Die Kinder wurden zur Fahndung ausgeschrieben. Daraufhin teilte die Schweizer Polizei dem Landratsamt den Aufenthaltsort der Kinder mit.
Mädchen aus der Schweiz zurückholen
Die Behörde will die Mädchen aber unbedingt aus der Schweiz zurückholen. Sie hat einen Antrag auf Rückführung gestellt. Der läuft über das Bundesamt für Justiz. Und es wird schwierig. Denn erstens haben die Kinder die doppelte Staatsbürgerschaft. Und zweitens richten sich derartige Fälle nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen, das dem Kindeswohl oberste Priorität einräumt. Bei der Entscheidung, ob zwei minderjährige Mädchen ohne ihre Familie zurück zu Pflegeeltern in ein anderes Land geschickt werden, haben die Schweizer Behörden Ermessensspielraum.
Landratsämter sorgen sich, dass das Modell kopiert wird
Und noch mit einer Schwierigkeit haben die Landratsämter in Donauwörth und Ansbach zu kämpfen. Es soll verhindert werden, dass das Modell von anderen Sekteneltern kopiert wird. Allerdings haben die Behörden dabei nur ganz wenige Mittel zur Verfügung. Die Pflegeeltern, Lehrer und Erzieher der Kinder seien „sensibilisiert“ worden, sagt Landratsamts-Sprecherin Hoidn. Zudem wurde empfohlen, die Kinder zu begleiten. Mehr geht nicht. Eine Art Polizeischutz ist rechtlich nicht möglich.
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