Telekom startet "Netzoffensive"
Die Telekom startet eine milliardenschwere „Netzoffensive“. Es geht um schnelles Internet durch Glasfaser, WLAN-Hotspots und Internet-Telefonie.
Telekom-Chef René Obermann wird das Unternehmen zum Jahresende verlassen. Man munkelt, vielleicht auch schon früher. Aber diesen einen großen Tag vor der versammelten internationalen Presse, den gönnt sich der Boss noch.
Es gibt gute Botschaften zu vermelden: Einmal mehr heimst der Konzern Testsiege für die besten Netze ein. Das nur zum Einstieg, denn dann kündigt Obermann, in einer magentafarbenen Baustellen-Kulisse stehend, die große „Netzoffensive“ an, die den massiven Ausbau der Daten-Infrastruktur zum Ziel hat. Von 2013 bis 2015 will die Telekom rund 11,8 Milliarden Euro investieren.
Die Anzahl der Haushalte, die mit der schnellen Glasfaser angeschlossen sind, soll sich auf mehr als 24 Millionen verdoppeln. Parallel werden das Mobilfunknetz flott gemacht, zahllose neue WLAN-Hotspots errichtet und die Internet-Telefonie vorangetrieben. „Wir bauen für Deutschland“, sagt Obermann strahlend in die Kameras. In den Imagefilmen wuchert die Glasfaser wie Unkraut. Telekom-Mitarbeiter werden zu wahren Helden des Netzausbaus stilisiert.
100 Mbit für immer mehr Haushalte
Mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit sollen sich immer mehr Telekom-Kunden im Netz bewegen können. Das schafft die Konkurrenz zum Beispiel der Fernsehkabel-Anbieter auch, jedoch liegt die Telekom nach eigener Einschätzung trotzdem besser im Rennen, da sie nicht nur beim Herunter-, sondern auch beim Hochladen hohe Übertragungsraten bereitstellen kann.
„Das Internet funktioniert nur, wenn das Netz leistungsstark ist“, sagt Obermann. Daran zweifelt wohl niemand, jedoch sind die weißen Flecken auf der Landkarte nach wie vor nicht zu übersehen – und viele Menschen leiden unter Schnecken-DSL. Die Telekom nimmt für sich in Anspruch, den Ausbau auch und gerade in ländlichen Gebieten zu forcieren.
Vor allem in der Provinz gestaltet sich die Netzoffensive schwierig, weil teuer. Pro Meter Glasfaser, die im Tiefbau verlegt werden muss, stehen hier potenziell weniger Kunden zur Verfügung als in der Stadt. Selbst in urbanen Gegenden scheint ein flächendeckender Ausbau teils utopisch. Wollte man Glasfaser bis in jeden Haushalt legen, müsste man 80 Milliarden investieren und 20 Jahre graben.
Die Telekom wendet deshalb einen Trick an, die „Vectoring-Technik“. Sie erlaubt es, die Geschwindigkeiten auf ein hohes Niveau zu steigern, ohne dass die Glasfaser tatsächlich bis in die gute Stube führen muss. Stattdessen werden die letzten Kupferkabel-Meter von der Verteilstelle bis zum Hausanschluss technisch aufgepeppt. „Vectoring ist Chip-Tuning fürs Netz“, sagt Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik der Telekom Deutschland GmbH. Die Übergangslösung verschaffe dem Kupferkabel zehn Jahre zusätzliche Lebenszeit.
Die Zahl der Baustellen verdoppelt sich 2014
Bis 2014 erwartet der Konzern eine Verdoppelung der Baustellen auf 52200. Das Telekom-Glasfaserkabel wird dann eine Länge von 6250 Kilometern erreicht haben; die Zahl der Multifunktionsgehäuse (die grauen Kästen am Straßenrand) steigt auf 12000. Bis 2018, das Fernziel, werden acht von zehn Haushalten superschnell surfen können.
Nicht immer will und muss die Telekom der einzige Anbieter sein vor Ort. Obermann spricht explizit von Kooperationen und davon, „dass alle ihren Beitrag zum Ausbau leisten müssen“. Derzeit hat der Ex-Monopolist rund 100 Konkurrenten. „Es kann nicht sein, dass wir investieren und die anderen später die Gewinne machen“, sagt Niek Jan van Damme, im Vorstand für das Deutschland-Geschäft zuständig.
Netzoffensive auch in der Luft
Nicht nur zu Lande, sondern auch in der Luft soll die Netzoffensive wirken. Der Mobilfunkstandard LTE, der dann „LTE plus“ heißt, soll Übertragungsraten von bis zu 150 MBit ermöglichen. Bis 2015 soll der Versorgungsgrad hier auf 60 Prozent steigen. Ebenso erweitert wird das Angebot an öffentlich zugänglichen Hotspots, die in der ersten Stunde kostenlos nutzbar sind. Hamburg ist hier Pilotstadt.
Selbst vor Verkehrsmitteln macht die Telekom nicht halt. In einem Projekt mit BMW werden Autos mit Bord-Funknetzen ausgestattet. Bis 2014 soll das Internet auch in 255 ICE-Zügen der Bahn verfügbar sein – und sogar in den Maschinen von 16 Fluggesellschaften.
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