Wegen kritischer Fragen: Französin fühlt sich von Youtube "bedroht"
Youtuberin Laetitia Nadji wollte in einem Interview EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kritische Fragen stellen. Ein Youtube-Mitarbeiter wollte das offenbar verhindern.
Wegen kritischer Fragen an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fühlt sich eine französische Videobloggerin vom Internetkonzern YouTube unter Druck gesetzt. Sie habe sich sogar "bedroht" gefühlt, sagt Laetitia Nadji in einem Internetvideo, auf ihrem Kanal "Le Corps La Maison L'esprit Laetitia" das schon mehr als zwei Millionen Mal angeschaut wurde. Der US-Konzern wies die Vorwürfe zurück, räumte aber einen "unglücklichen Satz" eines seiner Mitarbeiter ein.
Nadji, die auf ihrem YouTube-Kanal Umwelttipps gibt, war von YouTube zusammen mit mehreren weiteren Internetnutzern für das Interview mit Juncker ausgesucht worden. Vorbild war ein ähnliches Interview mit US-Präsident Barack Obama.
Nadji wollte Juncker unter anderem eine kritische Frage zur Steuerpraxis seines Heimatlandes Luxemburg und zum Umgang mit den Gewinnen multinationaler Konzerne stellen: Ob Juncker als ehemaliger Finanzminister von "Europas größtem Steuerparadies" der Richtige sei, um Steuervermeidung zu bekämpfen.
Gespräch mit Youtube-Mitarbeiter heimlich gefilmt
Die Frage besprach sie vor dem Interview mit einem YouTube-Mitarbeiter, wie mit versteckter Kamera gedrehte Videoaufnahmen zeigen. Der Mann, der mit verpixeltem Gesicht gezeigt wird, spricht von einer "extrem schweren Frage", weil es um "Unternehmen und Lobbyarbeit" gehe. "Du willst doch nicht die Europäische Kommission und YouTube und all die Menschen, die an Dich glauben, ärgern. Zumindest, wenn Du eine lange Karriere auf YouTube haben möchtest."
YouTube habe "glattere" Fragen gewollt, sagte Nadji in ihrem Video mit dem Titel "Wie YouTube mich bedroht hat, um dem Präsidenten Juncker zu gefallen". "YouTube wollte mich am Anfang freundlich beeinflussen. Dann ist es etwas weiter gegangen und ich habe mich bedroht gefühlt." Ihre Frage konnte sie Juncker trotzdem stellen.
Youtube bietet Nadji Vertrag als Markenbotschafterin an
YouTube dementierte, Druck auf Nadji ausgeübt zu haben. Das Unternehmen habe sie nur gebeten, auf "Respekt anstatt auf Konfrontation" zu setzen. Ein Unternehmenssprecher bedauerte es, dass ein "unglücklicher Satz" des Mitarbeiters als Warnung verstanden worden sei.
Die EU-Kommission erklärte, Juncker sei nicht im Vorfeld über die Fragen informiert worden - und habe dies auch nicht verlangt. Juncker habe es auch nicht nötig, dass jemand seine Fragen an ihn abschwäche. Die Kommission sei zudem "sehr zufrieden" mit dem Interview gewesen.
Nach dem Interview bot YouTube Nadji einen Vertrag als Markenbotschafterin an. Obwohl dies eigentlich ihr "Traum" gewesen sei, habe sie das Angebot ausgeschlagen, um nicht "manipuliert" zu werden, sagte die junge Frau. afp
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