Wie Emojis sprachliche Grenzen überwinden
Mit 176 der bunten Bilder fing alles an, inzwischen gibt es weltweit 2623 Emojis. Nun beschäftigt sich die Wissenschaft mit den beliebten Symbolen.
Mit 176 Bildern fing alles an – inzwischen gibt es weit mehr als 2000 der sogenannten Emojis. Diese beliebten Symbole werden beispielsweise intensiv von WhatsApp-Nutzern verwendet. Nun interessiert sich sogar die Wissenschaft für sie.
Anatol Stefanowitsch forscht an der Freien Universität Berlin zu den kleinen bunten Bildern und wie Menschen sie in sprachlichen Nachrichten verwenden. Stefanowitsch ist zwar Sprachwissenschaftler, aber ihn beschäftigen auch kulturelle Fragen: Wie sehr sollten Emojis ausdifferenziert sein? Und wo sind die Grenzen? Genau 2623 Emojis können derzeit auf den diversen Plattformen der sozialen Medien benutzt werden, wie das Unicode-Konsortium auf seiner Homepage auflistet. Die Vereinigung mit Sitz in den USA erstellt Richtlinien für moderne Software – unter anderem auch für Emojis. Wer möchte, kann Unicode eigene Symbole vorschlagen. Wichtig dabei sind die Begründung und die grafische Eindeutigkeit – und Geduld. Bis zur Umsetzung kann es Jahre dauern. Stetig bekommen die Experten neue Wünsche auf den Tisch und müssen entscheiden: Wird dieses Bildchen ins Programm aufgenommen?
Menschen wollen sich in Emojis wiedererkennen
Längst geht es dabei um mehr als Farben und Formen: In der neuen Unicode-Version 10 soll es einen Emoji mit Kopftuch geben. Das werde erst der Anfang sein, prognostiziert Stefanowitsch. Emojis mit Kreuz um den Hals oder Kippa auf dem Kopf: „Indem man einmal angefangen hat, Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen, kommen jetzt immer mehr Wünsche.“ Das ist keinesfalls als Kritik gemeint. Es zeige, dass Emojis gerade für die Generation Smartphone wichtig sind. Für viele sind diese mehr als nur Symbole, die eine Stimmung oder Tätigkeit zeigen: Menschen wollen sich darin wieder erkennen.
Aber wie weit kann das gehen? Bei den Hautfarben ist es noch einigermaßen übersichtlich. Doch was ist mit Gesichtern, Augenformen, Haarfarben. In Schottland gab es eine Petition. Sie forderte: Unicode braucht auch rothaarige Emojis – diese könnten nächstes Jahr kommen, beim Konsortium wurde Anfang des Jahres darüber diskutiert. Man habe sich konsequent auf den Pfad begeben, wo immer mehr ausdifferenziert wird, beobachtet Stefanowitsch. An roten Haaren sehe man ja, dass es nicht nur um ethnische Gruppen geht, sondern um Äußerlichkeiten. Schrift allein genügt den Ansprüchen digitaler Kommunikation schon längst nicht mehr. Zu diesem Urteil kam auch schon die britsche Wörterbuch-Institution Oxford Dictionaries.
Deren Präsident, Casper Grathwohl, erklärte 2015: Das klassische Alphabet könne kaum mehr die Bedürfnisse der schnellen, visuell fokussierten Kommunikation dieses Jahrhunderts erfüllen. Emojis seien flexibel, unmittelbar und transportierten Untertöne, so Grathwohl damals. „Sie überwinden linguistische Grenzen.“ Und je mehr Emojis es gibt, desto grenzenloser scheint die Vielfalt, sich mit den kleinen Grafiken lebhaft und treffend auszudrücken. Vor zwei Jahren hatten die Sprachexperten von der Insel einen Tränen lachenden Smiley zum Wort des Jahres gekürt – das emotionale Bildchen war den Experten Wort und Ausdruck genug. dpa
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