Wenn Eltern ein Statussymbol heranziehen wollen
Der ehemalige Gymnasiumsleiter und Buchautor Josef Kraus sprach in Lauingen über Helikoptereltern. Was notwendiger ist als Verwöhnen und Förderwahn.
Josef Kraus spricht Klartext: „Mit Förderwahn und Helikopterpädagogik machen wir aus den Kindern unmündige, lasche und zugleich maßlos anspruchsvolle Selbstlinge.“ Bei seinem Vortrag hat der ehemalige Gymnasiumsdirektor, Präsident des Lehrerverbands, Buchautor und Großvater zweier Enkel die Besucher schnell auf seiner Seite. In der ersten Karrikatur, die der 67-Jährige aus Landshut zeigt, umschwirren Papa und Mama mit Checkliste, Notfallkoffer, Taschentuch und Getränk ihr Kind. Das nächste Foto präsentiert begeisterte Eltern, die kleine Kinder mit schmerzverzerrtem Gesicht über die Ziellinie eines tatsächlich durchgeführten 40 Meter Junior-Marathons ziehen. Zahlreiche Mamas, auch Papas, Lehrer und Lehrinnen waren am Montagabend in den Theaterkeller des Lauinger Albertus-Magnus-Gymnasiums gekommen, wo sie der Leiter der Vhs Gundelfingen, Manfred Gloss, herzlich willkommen hieß. Anhand verschiedener Beispiele sahen sie in Gedanken bald „überehrgeizige Eltern mit ihren Transport-, Rettungs- und Kampfhubschraubern“ vor sich. Die ziehen ihre Kinder zu Statussymbolen heran –mit einer Mischung aus maßloser Verwöhnung und Förderorgien samt riesigem Erfolgsdruck. Der Referent, der seine Ansichten schon in verschiedenen Talkshows in ARD und ZDF vertrat, zeigt auf, dass viele Empfehlungen, die angeblich aus der Hirnforschung abgeleitet werden, „Schnee von gestern sind oder schlicht und einfach Legenden“. Dabei stellt er aber auch klar, dass nur ein Sechstel der Eltern sich so verhält, ein weiteres Sechstel kümmert sich überhaupt nicht, während siebzig bis achtzig Prozent bodenständig, unkompliziert, kooperativ, verantwortungsbewusst sind. Die Anwesenden lachen bei vielen seiner launig vorgetragenen Anekdoten, wissen jedoch, wie schwierig es ist, den eigenen Weg zu gehen. Was „alle anderen“ haben, wollen auch ihre Kinder. Sich selbst bei der Erziehung treu zu bleiben, falle da schwer, betont eine Mutter von drei Kindern. Eine andere fragt, wie es sein könne, dass sie selbst strenger bei den Hausaufgaben sei, als die Lehrerin.
Josef Kraus bestätigt, dass eine gehörige Portion pädagogischer Zivilcourage notwendig sei. Und dass es in einem bestimmten Alter nichts nutze zu argumentieren, sondern klare Ansagen nötig sind. Dass die Schulpolitik und Schulpädagogik längst auf den Verwöhnungstrip eingeschwenkt seien und mit guten Noten und niedrigen Quoten an Sitzenbleibern verwöhnen, sieht Kraus mit Sorge und betont, dass mehr hervorragende Ergebnisse kein Zeichen für bessere Leistungen sind, wenn die Ansprüche heruntergeschraubt werden. Erziehen heißt seiner Meinung nach, intuitiv und spontan die jeweils richtige Mischung aus Führen und Wachsenlassen zu finden. Kinder müssen die Chance auf Erfolg und das Recht auf Irrtum haben. Wie kann ein Kind stolz auf sich sein, wenn es alles ohne Anstrengung erreicht? Oder wenn es weiß, dass es die Erwartungen, welche die Eltern haben, sowieso nie erfüllen kann? „Das Risiko des Scheiterns, Enttäuschungen und Niederlagen – all das gehört zum Leben.“ Sonst entwickelt es weder die Fähigkeit, damit umzugehen, noch das Selbstbewusstsein, mit Problemen selbst fertig zu werden und vor allem die Bereitschaft, eigene Kräfte zu mobilisieren. Wichtig ist für Kraus auch der Humor in der Erziehung, der für ihn „mit Wohlwollen, mit Wärme und mit Güte, mit Wertschätzung des Zöglings zu tun“ hat.
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