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Foto: Bachmann
Foto: Bachmann

Das ist aktuell in Hainsfarth von der Mikwe, dem jüdischen Ritualbad, übrig. Die fehlenden Steine werden aber zurückgebracht, sagt Kreisheimatpfleger Herbert Dettweiler.

Hainsfarth
07.11.2015

Ein besonderer geschichtlicher Fund

Von Martina Bachmann

In Hainsfarth bricht ein Baggerfahrer eine alte Hütte ab. Dabei legt er etwas frei, was für die jüdische Bevölkerung einst große Bedeutung hatte.

Am kommenden Montag erwartet Hainsfarth einen besonderen Gast. Bischof Gregor Maria Hanke aus dem Bistum Eichstätt kommt in die rund 1400-Einwohner-Gemeinde im Ries. Der Anlass ist ein denkwürdiger: Zum 77. Mal jährt sich an diesem 9. November die Reichspogromnacht – jene Nacht, in der im Dritten Reich Synagogen brannten, Feuer in jüdischen Geschäften gelegt und tausende Juden misshandelt, verhaftet oder getötet wurden. Auch die Synagoge in Hainsfarth wurde 1938 von Anhängern der Nationalsozialisten gestürmt. Der Toraschrein wurde aufgebrochen und geschändet, das Gebäude besudelt.

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Um die heute wunderschön restaurierte Synagoge auch in ihrem vollen Glanz zu präsentieren, wurde nun, kurz vor dem besonderen Besuch, eine alte Hütte abgerissen. Sie hatte just vor dem einstigen Gotteshaus gestanden, den Blick auf das Ensemble mit ehemaligem jüdischen Schulhaus von der Straße aus versperrt. Bürgermeister Franz Bodenmüller erzählt, dass er zu Beginn der Arbeiten noch dabei war. Dann musste er weg. Und als er wieder zurück war, da sei im sofort klar gewesen, dass der Baggerfahrer hier etwas Besonderes freigelegt habe: „Ich habe die Arbeiten sofort einstellen lassen.“

Tatsächlich ist das, was der Baggerfahrer ans Tageslicht gebracht hat, eine Besonderheit. Es ist eine Mikwe, ein jüdisches Ritualbad. Das sei in diesen Tagen auch vom Landesamt für Denkmalpflege in Thierhaupten bestätigt worden, sagt Kreisheimatpfleger Hebert Dettweiler. In einer Mikwe reinigen sich Juden – beispielsweise Frauen nach der Monatsblutung. Wichtig ist, dass sie mit lebendigem Wasser gespeist wird, etwa durch eine Quelle. Kreisheimatpfleger Dettweiler vermutet, dass die Hainsfarther Mikwe von den gegenüberliegenden Hängen gespeist wird. Auch jetzt sammelt sich Wasser in der freigelegten Vertiefung.

Welchen Stellenwert dieser Fund hat, ordnet der ehemalige Chefredakteur unserer Zeitung, Gernot Römer, so ein: In Hainsfarth finden sich nun die wichtigsten Dinge, die zu einer jüdischen Gemeinschaft gehören – eine Synagoge, ein jüdischer Friedhof, ein jüdisches Schulhaus und ein Ritualbad. Römer hat sich eingehend mit der Geschichte der Juden in Schwaben auseinandergesetzt und darüber Bücher verfasst. „Dass das alles noch vorhanden ist, ist etwas ganz Besonderes“, betont er. Das sieht auch der Freundeskreis der ehemaligen Synagoge so. Vorsitzende Sigi Atzmon sagt: „Ich weiß nicht, wo es so etwas noch gibt.“ Dass allerdings einige Steine der Mikwe einfach abtransportiert wurden, darüber ist der Freundeskreis entrüstet. Werner Eisenschink: „Wir sind entsetzt über die unsensible Art, wie man mit diesem Fund umgeht.“ Atzmon befürchtet gar, dass man die Mikwe einfach wieder zuschüttet.

Kreisheimatpfleger Dettweiler beruhigt: Die fehlenden Steine werden wieder zurückkommen. Und Bürgermeister Bodenmüller sagt: „Ich finde toll, was man da gefunden hat.“ Schließlich habe man in der Vergangenheit schon nach dem Ritualbad gesucht, etwa im Gewölbekeller. Er will jetzt im Gemeinderat über ein Konzept für die Mikwe diskutieren. Zudem werde ein Archäologe einbezogen. Dettweiler hatte die Idee, eine dicke Glasplatte über das Ritualbad zu legen. Doch da spreche wohl die Feuchtigkeit dagegen. „Da wird das Glas grün“, vermutet Dettweiler.

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