"Ben Hur"-Remake kommt trotz viel Bombast nicht an das Original ran
Im Kino: Timur Bekmambetov hat den Klassiker "Ben Hur" neu inszeniert - leider auch mit unsympathisch wirkenden Schauspielern. Der Trailer, die Handlung und die Kritik zu "Ben Hur".
Sandalen, Wagenrennen, ein Prinz: "Ben Hur" kehrt auf die Leinwand zurück. Der Roman "Ben Hur" von Lewis Wallace ist schon recht alt, er stammt aus dem Jahr 1880. Dennoch hat er vieles, was Bestseller auch nach heutigen Maßstäben auszeichnet: Etwa Freunde fürs Leben, die das Schicksal zu Feinden macht und nach Jahren der Trennung als tödliche Rivalen wieder zusammenbringt. Oder Familien, die auseinandergerissen werden, um sich nach Jahren wiederzufinden. Dazu kommen das Motiv der Rache, das Menschen zum Äußersten treibt; ein spektakulärer sportlicher Wettkampf - und schließlich die größte Geschichte aller Zeiten: die des aramäischen Wanderpredigers, der zum Messias avancierte. Aus dem Stoff hat Timur Bekmambetov den neuen Film "Ben Hur" inszeniert.
"Ben Hur" wurde schon mehrfach verfilmt
Die filmischen Qualitäten des Stoffs von "Ben Hur" wurden schon 1907 erkannt; 1925 verwandelte Fred Niblo die Story mit riesigem Budget, Material- und Menschenaufwand in ein zweieinhalbstündiges Epos; mehr als drei Jahrzehnte später variierte sie William Wyler in einem fast vierstündigen Unterhaltungsdrama, das als eines der gewaltigsten filmischen Werke in die Geschichte eingegangen ist.
Nichts ist klein und bescheiden, wenn man an "Ben Hur" denkt, und dennoch handelt der Film von Vergebung, Gnade, Liebe und Läuterung sowie einer Welt in Frieden. Bezeichnenderweise ist es auch noch ein anderes "Detail", das "Ben Hur" unsterblich machte: das spektakuläre Wagenrennen!
Die Produzenten haben sich beim neuen Remake wohl gedacht: Lasst uns einen neuen Film über dieses Wagenrennen machen. Und nahmen den monumentalen Historienschinken erneut in Angriff. So beginnt der neue "Ben Hur", der am 1. September in die deutschen Kinos kommt, auch nicht mehr mit Jesu Geburt in Bethlehem, sondern mit dem Einritt der Quadriga von Ben Hur und Messala in den Circus Maximus. Als sich die beiden Männer auf gleicher Höhe befinden, raunt der eine dem anderen sinngemäß zu: "Du hättest mich töten sollen.". Die Antwort: "Das werde ich jetzt!"
Film "Ben Hur": Aus Brüdern werden Feinde fürs Leben
Es ist einer der Prologe, wie man ihn im Genrekino derzeit gerne macht, um dann zunächst eine ganz andere Geschichte zu erzählen. So dreht auch Regisseur Timur Bekmambetov die Uhr zurück und rekapituliert die Story von Judah Ben Hur und seinem Adoptivbruder Messala, wie sie als beste Freunde Spaß haben, herumbalgen und Frauen nachstellen.
Doch allzu schnell ziehen über dieser Männerfreundschaft dunkle Wolken auf. Messala fühlt sich als Andersgläubiger nicht wirklich geborgen im jüdischen Aristokratenhaus. Ihn zieht es ins römische Militär, wo er als Söldner Karriere macht, um schließlich als Adlatus von Pontius Pilatus nach Judäa zurückzukehren.
Ben Hur kokettiert derweil mit rebellischen Kräften, die Rom feindlich gesinnt sind. Ausgerechnet vom Dach seines Hauses geschieht ein Attentat auf den Statthalter - und aus den Brüdern von einst werden Feinde fürs Leben. Als Galeerensklave lernt Ben Hur hassen, bis ihn der Zufall zum reichen afrikanischen Scheich Ilderim spült, seinem späteren Mentor.
Dann ist die Rückblende vorbei, und die Quadrigas rauschen in die Arena. Bekmambetow gibt sich sichtlich Mühe, den aussichtslosen Kampf der Schauwerte mit den Vorgängern wacker über die Bühne zu bringen. Mit echten Schauspielern auf den Wagen und leibhaftigen Pferden bleibt er weit über dem heutigen Standard der totalen Computeranimation bei Actionszenen.
Neuer "Ben Hur": Die Schauspieler quälen sich
Doch das, was er damit anstellt, ist allenfalls ein müdes Lüftchen im Vergleich zu den Orkanen der Vorbilder. Fast symptomatisch für den knapp zweistündigen Film. Allzu formelhaft und mit viel zu viel Respekt quälen sich die wenig charismatischen Schauspieler durch die Vorlage. Den Machern steht der Sinn nach Familienfilm, und so schrecken sie auch vor einem schalen Happy End nicht zurück. Bekmambetov inszeniert den Historienklassiker als bombastischen, brutalen Sandalenfilm mit vielen auf Hochglanz polierten Bildern und wenig Tiefgang.
Und Jesus? Immerhin führten die Vorgänger noch "A Tale of the Christ" im Untertitel. Im 21. Jahrhundert aber hat Scheich Ilderim den Part des weisen Mannes inne, der Ben Hur trainiert und aus dem Zorn die Intelligenz hervorkitzelt. Ganz wollte man auf den Nazarener dann aber doch nicht verzichten und hat ihn in eine der vielen dramaturgischen Lücken gepresst. Nun darf er immer mal wieder erscheinen und Ben Hur am Ende den rechten Weg weisen, geläutert und frei von Hass. All das wirkt wie Stückwerk, wie ein Treatment für einen großen Film. Aber den gibt es ja schon. KNA
Ben Hur, USA 2016, 120 Min., FSK ab 12, von Timur Bekmambetov, mit Jack Huston, Toby Kebbell, Rodrigo Santoro, Nazanin Boniadi, Morgan Freeman, Ayelet Zurer, Pilou Asbaek, Sofia Black-D'Elia, Moises Arias.
Die Diskussion ist geschlossen.