Wohnen? Unbezahlbar! In der Region explodieren die Preise
Sündhaft teure Immobilien, das war lange Zeit ein Münchner Problem. Heute gibt es in der Region kaum noch eine Stadt, in der die Preise nicht explodieren und das Angebot schrumpft.
Man könnte es sich einfach machen und sagen: Nördlingen ist nicht gerade der Nabel der Welt. 26 Kilometer sind es bis zur nächstgelegenen Autobahnauffahrt, knapp 80 Kilometer bis zur nächsten Großstadt, nämlich Augsburg, und rund 110 Kilometer zum nächsten Flughafen in Nürnberg. Nicht gerade die allerbesten Standortbedingungen, könnte man dann folgern und seine Schlüsse daraus ziehen.
Doch weit gefehlt: Die Große Kreisstadt im Landkreis Donau-Ries boomt wie noch nie. Sie punktet mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern, niedriger Arbeitslosenquote und familienfreundlichem Image. Die landschaftlichen Besonderheiten des Rieskraters und die Nähe zum Fränkischen Seenland tragen zur Attraktivität und Lebensqualität bei. Das zieht die Leute an. Nördlingen wächst und wächst und wird in Kürze die 20.000-Einwohner-Marke überschreiten.
Doch mit der Einwohnerzahl steigen auch die Wohnpreise. Die Kaltmieten betragen schon bis zu zehn Euro pro Quadratmeter. Vor drei Jahren lag der durchschnittliche Mietpreis in Nördlingen noch bei knapp sechs Euro, heute liegt er bei 7,50 Euro. Das ist ein Plus von 25 Prozent. Für Baugrundstücke sind im Schnitt etwa 250 Euro für den Quadratmeter fällig. Halbwegs günstiger Wohnraum im Stadtgebiet? Wenig bis gar nicht vorhanden. Eine Entwicklung, die in fast allen Städten in der Region zu beobachten ist, von Nördlingen im Norden bis Füssen im Süden.
Teure Mieten? Lange ein Münchner Problem
Teures, ja unerschwinglich teures Wohnen, das kannte man lange Zeit hauptsächlich als Münchner Phänomen. Dann hat sich das Problem über die Vororte der Landeshauptstadt unter anderem bis nach Landsberg und Augsburg ausgeweitet. Und von dort nun krakenartig in viele andere Städte der Region. Ob Nördlingen, Donauwörth, Neu-Ulm, Mindelheim, Marktoberdorf, Memmingen, Kempten oder Füssen: Überall ist die Nachfrage nach Wohnraum bei Weitem höher als das Angebot – ganz gleich, ob zur Miete oder zum Kauf. Auch, weil sich Kapitalanleger durch die niedrigen Zinsen auf Immobilien stürzen, die Preise noch mehr nach oben treiben und bezahlbaren Wohnraum somit weiter verknappen. Nur auf den kleinen Dörfern, weitab vom Schuss, scheint die Wohnwelt noch in Ordnung zu sein. Wie lange kann eine solche Entwicklung gut gehen?
Jürgen Voss kratzt sich verlegen am Kopf. Der schlanke Endfünfziger mit dem grau-braunen Haar wirkt etwas müde und ausgelaugt. Seit drei Monaten sucht er in Nördlingen eine Wohnung und findet einfach nichts. So langsam verliert er die Geduld. Voss arbeitet als Ingenieur bei Varta Storage, einem Hersteller von Energiespeichersystemen.
Mit diesem Job verdient er den Lebensunterhalt für sich und seine Familie. Der Haken daran ist: Die Familie wohnt in Ulm, fühlt sich wohl und will auch dort bleiben. Da Voss nicht jeden Tag die 85 Kilometer zur Arbeit pendeln will, sucht er eine billige Bleibe in Nördlingen, die er von Montag bis Freitag zur Miete bewohnen kann. „20 Quadratmeter würden mir schon reichen.“ Sein Budget liegt um die 400 bis 600 Euro pro Monat. Er hat eine Anzeige in die Zeitung gesetzt, sämtliche Immobilienseiten im Internet durchforstet, sich bei den Menschen vor Ort durchgefragt – ohne Erfolg. Und so bezieht Voss derzeit von Montag bis Freitag eine Ferienwohnung und sucht weiter. „Nicht gerade ideal“, sagt der Familienvater resigniert.
Der Mann ist kein Einzelfall, bei Weitem nicht. Auf der Warteliste der gemeinnützigen Baugenossenschaft Nördlingen, die rund 1500 Wohnungen verwaltet, stehen rund 450 Personen, davon rund ein Drittel aus dem Ausland. Schließlich gehören auch immer mehr anerkannte Asylbewerber, die Anrecht auf eigene vier Wände haben, zum Kreis derer, die im niedrigen Preissegment um eine Bleibe konkurrieren. Das macht die Suche für Leute wie Jürgen Voss nicht gerade einfacher.
"Es gibt einfach keine Objekte"
Günther Hahn kennt das nur zu gut. Der Nördlinger Immobilienmakler sitzt in seinem Büro und hat derzeit so gut wie keine Arbeit. „Es gibt einfach keine Objekte“, sagt er. Verfügbarer Wohnraum sei ein seltenes Gut geworden. Da stellt sich die Frage nach der Bezahlbarkeit erst gar nicht.
Auch in Mindelheim mit seinen rund 15.000 Einwohnern geht es auf den ersten Blick eher beschaulich zu. Doch auch hier ist der Kampf um bezahlbaren Wohnraum längst ausgebrochen. Stadtsprecherin Julia Beck bezeichnet die Situation als „sehr angespannt“. Rund 600 Menschen stehen auf den Wartelisten von Stadtverwaltung und Wohnungsgenossenschaft. Die Durchschnittsmiete liegt zwischen 6,50 und acht Euro. „Im Grunde wird alles gesucht, sowohl Mietwohnungen im bezahlbaren Bereich als auch Einfamilienhäuser zur Miete oder zum Kauf“, sagt Beck. Das Angebot reiche bei Weitem nicht aus, um den Bedarf zu decken. Deshalb werden in den kommenden zwei bis drei Jahren rund 200 private, etwa 70 genossenschaftliche Wohnungen und fünf Mehrfamilienhäuser gebaut.
Die Reise geht weiter ins 40 Kilometer entfernte Marktoberdorf im Ostallgäu. Gleiches Bild auch hier. Nach Einschätzung des örtlichen Immobilienmaklers Thomas Fickert suchen derzeit rund 200 bis 400 Menschen eine Eigentumswohnung. Er rechnet damit, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren 400 neue Wohnungen benötigt werden.
Noch dramatischer ist die Situation in Landsberg am Lech. Dort liegen der Stadt 243 Anträge für aktuell vier freie Wohnungen vor. Bei den Sozialwohnungen sind es 210 Anträge für drei freie Wohnungen. Immerhin: Mitten in der Stadt entsteht nun ein Bauprojekt mit Wohnmöglichkeiten für rund 1000 Menschen. Und ganz im Westen der Region, in Neu-Ulm, sind knapp 1500 Mietinteressenten bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft gemeldet. Hinzu kommen allein hier 1700 Bauplatzsuchende.
Soziologe befürchtet Konflikte
In der Stadt mit ihren rund 50.000 Einwohnern sind die Mieten bis auf 14 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Stadtsprecherin Sandra Lützel sagt, man wolle den Fokus künftig wieder verstärkt auf die Errichtung von bezahlbaren Wohnungen richten. Aktuell baue die Stadt im Rahmen des kommunalen Förderprogramms des Freistaats Bayern 36 Sozialwohnungen für knapp vier Millionen Euro.
Das alles kommt viel zu spät. Zumindest sieht Xaver Kroner vom Verband deutscher Wohnungsunternehmen das so. Seiner Meinung nach hat man sowohl in Ballungsräumen als auch in den kleineren Städten verschlafen, rechtzeitig neuen Wohnraum zu schaffen. „Der Neubau ist lange Zeit nicht als notwendig erachtet worden.“ Die Wohnungsnot habe sich lange angekündigt und werde jetzt durch die Flüchtlingskrise verschärft. „Die Probleme gab es aber schon vorher“, sagt Kroner. In Deutschland sei man in den letzten 15 Jahren veränderungsunfähig gewesen. „Das rächt sich jetzt.“
Thomas Specht von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe sieht das genauso. Er erwartet, dass bundesweit hunderttausende obdachlose Flüchtlinge in die Zuständigkeit von Städten und Gemeinden rutschen, und prophezeit enorme gesellschaftliche Spannungen als Quittung für das, wie er sagt, jahrzehntelange Nichtstun in der Wohnungspolitik.
Auch der Stuttgarter Soziologe Tilman Harlander befürchtet gewaltige Konflikte – zum einen zwischen Einheimischen und Zuwanderern, zum anderen zwischen Eigentümern und Mietern. Während der Wohlstand vieler Eigentümer ohne Zutun wachse, müssten Mieter einen immer größer werdenden Teil ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben. Gerade hat der Professor im Magazin Spiegel davor gewarnt, dass die Gesellschaft ihren Zusammenhalt verliere: „Der soziale Frieden ist in Gefahr.“ Weil der Wohnungsmangel nicht nur die Bedürftigen in der Gesellschaft treffe, sondern auch deren Mitte.
In Nördlingen hat man reagiert
Im vergangenen Jahr sind bayernweit rund 57.000 neue Wohnungen gebaut worden. Immobilien-Experte Xaver Kroner sagt, dies sei nicht genug: „Allein in Bayern sind rund 25.000 mehr bezahlbare Mietwohnungen pro Jahr nötig.“ Dies könne der Staat allein nicht stemmen. Kroner sieht auch die privaten Investoren in der Verantwortung. Jedoch hielten die immer höher werdenden Baukosten und niedriger werdenden Renditen sie davon ab. Dafür macht Kroner wiederum den Staat verantwortlich. „Allein in den letzten drei, vier Jahren ist das Bauen um rund 40 Prozent teurer geworden“, sagt er.
Immobilienverbände haben errechnet, dass die Ausgaben für ein Mehrfamilienhaus allein zwischen 2000 und 2014 im Schnitt von 2209 Euro pro Quadratmeter auf 3080 Euro gestiegen sind. Kroner sagt, dies hänge mit den immer höheren Auflagen beim Hausbau zusammen, bei Wärmedämmung, Umweltschutz, Brandschutz, Schallschutz oder Barrierefreiheit. „Der Staat darf sich dann nicht wundern, dass es keine Investoren gibt.“ Kroner fordert deshalb, die kostspieligen Umweltauflagen herunterzuschrauben. Nur dann könne auch wieder mehr bezahlbarer Wohnraum entstehen.
In Nördlingen hat man mittlerweile auf die Wohnraumknappheit reagiert. Die Stadt baut für rund 3,5 Millionen Euro 30 Wohnungen für sozial schlechtergestellte Menschen. „Mehr geht derzeit finanziell nicht“, sagt Oberbürgermeister Hermann Faul. Hinzu kommen rund 70 Wohnungen, die von privaten Unternehmern und der örtlichen Baugenossenschaft errichtet werden. Es ist ein Anfang, immerhin. In den nächsten zwei bis vier Jahren werden nach Schätzungen der Stadt weitere 200 bis 400 Wohnungen benötigt. Erst 2018 rechnet Faul mit einer Entspannung am Markt.
Jürgen Voss bringt das im Moment nicht weiter. Er braucht jetzt etwas Passendes. Es fehle auch nicht am nötigen Geld, sagt er, sondern einfach am Angebot. Die Suche nach einer Bleibe, sie geht auf unbestimmte Zeit weiter.
Die Diskussion ist geschlossen.
War ja abzusehen.
1) Es gibt schon seit längerer Zeit keine sichere und wertbeständige Anlageform außer Immobilien, die ähnliche Renditen abwirft.
2) Es drängt eine unbekannte Anzahl von Flüchtlingen bzw. Migranten auf den Immobilienmarkt und verschärft die Situation insbesondere bei preisgünstigem Wohnraum.
3) Durch die fatale Nullzinspolitik der EZB flutet Spar- Anlageguthaben in erheblicher Höhe den Immobilienmarkt und treibt die Preise weiter nach oben.
Interessantes Detail am Rande: Die Banken sind inzwischen immer weniger bereit Kredite für Immobilien zu gewähren, weil diese den Markt für überhitzt halten. Allerdings ist ein Scheitelpunkt kaum abzusehen, weil die Nachfrage mangels ausreichendem Wohnraum weiter steigen wird.
Verlierer sind Mieter die preiswerten Wohnraum suchen sowie "Normalverdiener", insbesondere junge Familien, die sich das Bauen längst nicht mehr leisten können.
2 Millionen neue Einwohner in Deutschland, brauchen halt auch Wohnraum !
"Immobilien-Markt" ist UNBERECHENBAR, und dessen Eigentümer werden von der Politik, mit EU-Verordungen und Co gemolken ...
Das Erwachen und das Platzen der "Kunst-Blase" wird erst zum Albtraum.
Blase?
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Überhöhte Kapazitäten bei überhöhten Zukunftserwartungen?
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Wirklich? Wenn ich den Artikel und so manchen Kommentar lese, höre ich mehr von knappem Angebot, steigenden Preisen und großer Skepsis.
Kunst-Blase ?
Die Alten-Industriestaaten sind bei steigenden Zinsen BANKROTT, deshalb wird es eher zu NEGATIV Zinsen kommen, dass wird den Immobilien-Markt weiter treiben.
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Wenn Hausfrauen auf Kredit Immobilien kaufen, um diese dann Gewinnbringend weiter zu verkaufen, dann wird die Lage ernst.
Bevor man wieder auf den Vermietern herum hackt. Vielleicht sollte man erst selbst ein Objekt als Altersvorsorge kaufen, bezahlen und die laufenden Unterhaltskosten zusammenrechnen, plus Zinsen über die Jahre die man bei einem Immobilienkauf aufzubringen hatte. Sanierungsnmaßnahmen zum Beispiel die häufig in die Tausende gehen können nicht auf auf die Miete aufgeschlagen werden. Steuerlich absetzbar sicher, aber erst mal zu bezahlen und beim Finanzamt bekommt man diese Summe ja nicht wieder.
Es kann sich ja jeder selber ausrechnen was eine Eigentumswohnung oder ein Haus kostet und wie lange man vermieten muss bis Gewinne enstehen. So naiv kann man doch nicht sein.
Sicher gibt es Glückspilze die erben oder große und reiche Immobilienbesitzer aber das sind ja auch Ausnahmen.
Und Lumpen gibt es auf jeder Seite.
Sicher gibt es Glückspilze die erben oder große und reiche Immobilienbesitzer aber das sind ja auch Ausnahmen.
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Das gibt es aber auch auf der negativen Seite!
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z.B. Vermögensverluste durch Immobilien bei:
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> Scheidung
> unvorteilhafter Lage / Abwanderungsgebiete
> Leerstand / Strukturschwäche
> überaltete Bauten / fehlende finanziellen Möglichkeiten Renovierung
Richtig was Sie aufführen. Aber bei allen Punkten kann man oder hätte man dagegenhalten können. Das sind nämlich Ereignisse die nicht von einer Minute auf die andere kommen.
Während der Wohlstand vieler Eigentümer ohne Zutun wachse...
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Das kann man nicht ernst nehmen - was soll dieses linkssozialistische Geschwurbel?
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Wieso wächst mein Wohlstand wenn ich ein eigenes Haus habe? Ist deswegen die Milch, das Gas oder der Strom billiger?
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Und geht ein Vermieter nicht große Risiken ein? Praktisch machtlos gegen unredliche Mieter?
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Wohlstand ohne Zutun?
Wer hier einen "rechten" Schmarrn verzapft sind schon Sie.
Was ist es denn anderes als eine Wohlstandsmehrung ohne eigenes Zutun, wenn innerhalb von 3 Jahren eine um 25% höhere Mieteinnahme zu erzielen ist?
Oder zum Beispiel, ohne großes Zutun fett Erben, oder durch poltische Verbindungen an billiges Bauland kommen, oder durch halbseitene Steuerabschreibungen dick verdienen. u.s.w.!
Viele private Vermieter machen mit ihren Wohnungen Verluste.
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http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/sparen-und-geld-anlegen/magere-renditen-jeder-dritte-vermieter-macht-mit-immobilie-keinen-gewinn-13158425.html
Tatsache ist, das die letzten 50 Jahre Wohnungsmietinvestition die schlechteste Rendite brachten, plus Ärger mit den Mietern. Bei Mieten gabs 3-5 % Rendite, während bei Festgeld immer um die 6 % drin waren. Jetzt siehts etwas anders aus, weils fürs Geld keinen Zins gibt, aber mehr als 3-4 % Rendite sind auch nicht zu erreichen.
Das hängt vom Mietobkejrkt ab. Gute Obkejkte bringen auch gute bis sehr gute Mieten. Ärger mit den Mietern gabs eigentlich schon immer. Entweder man kennt sich aus oder man organisiert seine VCermietung, respektive die Auswahl der Mieter, professionell.