Der neue Audi A8: Vorsprung durch Rhetorik
Audi verspricht mit dem A8 die Neuerfindung des Automobils. Zunächst bleibt es in vielen Bereichen bei der Ankündigung. Eine erste Ausfahrt.
Wer zugehört hat, wie Audi in der letzten Zeit über den etwas überzeichneten A8-Nachfolger geredet hat, musste das Gefühl bekommen, die VW-Tochter habe das Auto-mobil neu erfunden. Das Beste oder nichts, Freude am Fahren, Simply Clever und natürlich Vorsprung durch Technik, vereint in einer einzigen Limousine; kurzum: das Auto. Der Anspruch ist verständlich, hat Audi doch mit dem letzten A8 den Anschluss an Mercedes S-Klasse und 7er BMW ein wenig verloren. Gegenüber den Luxus-Hightech-Welten der Mitbewerber wirkte der Ingolstädter etwas angestaubt.
Damit soll Schluss sein, Audi schöpft mehr denn je aus den Vollen. Als erstes Auto beherrscht der A8 das autonome Fahren nach Level 3, also ohne dass der Fahrer die Hände am Lenkrad hat. Im Stau bis 60 km/h kann man per Druck auf die neue AI-Taste Gas, Bremse, Steuer und Gehirn an den Computer abgeben und sich entspannt zurück-lehnen. Zusätzlich parkt der Audi alleine ein und aus, lässt sich sogar per Fernbedienung in Längs- und Querparklücken und natürlich die heimische Garage fahren. Auch Parkrempler gehören der Vergangenheit an, der Manövrier-Schutz überwacht beim Rangieren die Umgebung der mit langem Radstand 5,30 Meter messenden Limousine und steigt in die Eisen, ehe man auf dem Parkplatz einen Poller übersieht oder in der Tiefgarage zu scharf ums Eck will. Auch angeschrammte Felgen will Audi nie wieder sehen, dafür wird beim Parken der Abstand zwischen Rad und Bordstein überwacht und eingegriffen, bevor das fein gedrechselte Leichtmetall knirscht.
Die Liste an High-Tech-Lösungen aus der Zukunft geht noch weiter: Das neue Aktivfahrwerk vermisst die Straße vor dem A8 und bereitet die einzeln ansprechbaren Räder auf kommende Unebenheiten vor. Außerdem spürt der Audi, wenn ihm jemand unvermeidbar in die Seite zu fahren droht, und schraubt die Karosserie kurz vor dem Crash blitzschnell um acht Zentimeter hoch. So trifft der Gegner weiter unten auf den Schweller, der die Energie besser absorbieren kann. Die gleiche Lift-Funktion steigert den Komfort: Beim Ein- oder Aussteigen legt sich der Audi ebenso höher, damit man leichter rein und raus kommt.
James Bond hätte seine wahre Freude an so einem futuristischen Auto. Während sich der Geheimagent sicher sein könnte, dass Q die Gadgets rechtzeitig fertig bekommt, müssen sich Audi-Kunden in Geduld üben. Keine der vorgenannten Funktionen ist zum Marktstart erhältlich, und der Vorsprung, den Audi auf die Konkurrenz herausfahren will, ist aktuell nur rhetorischer Natur. Das Wunderfahrwerk und die Park- sowie Rangierhilfen sollen 2018 kommen, der Stauassistent lässt vielleicht sogar bis 2019 auf sich warten. Zumindest dafür liegt die Schuld in Brüssel, wo die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Level-3-Fahren noch geschaffen werden müssen.
Sollte man also warten, ehe man mindestens 90600 Euro zum Audi-Händler trägt? Wenn man auf diese Hightech-Schmankerl scharf ist, auf jeden Fall, nachrüsten lassen sich die Assistenten nicht. Wer dagegen „nur“ eine feine Oberklasse-Limousine will, kann jetzt zuschlagen. Schließlich hat der A8 einige Trümpfe im Ärmel, die er ab sofort ausspielt. Das butterweiche Luftfahrwerk zum Beispiel, die Allradlenkung, das ultrahelle Laserlicht, die perfekte Geräuschdämmung, die mit viele Liebe ausgesuchten Materialien, die Fußmassage für den Hinten-rechts-Sitzenden, und vor allem das neue Cockpit. Zwei große, berührungsempfindliche Black-Panel-Displays nehmen fast die ganze Mittelkonsole ein und verdrängen die meisten herkömmlichen Taster. Der bisherige MMI-Drehregler hat ausgedient, gesteuert wird zukünftig alles per Touch oder Spracheingabe.
Zumindest ein bisschen Zukunft hält auch unter der Haube Einzug: Zwar wird der Plug-in-Hybrid mit induktiver Lademöglichkeit erst später nachgereicht, doch fahren alle konventionellen Modelle zukünftig stets mit 48-Volt-Unterstützung vor. Die sorgt für bessere Rekuperation, ermöglicht das Segeln mit ausgeschaltetem Motor und senkt so den Spritverbrauch. Schade nur, dass weder der trotz 340 PS etwas anfahrschwache V6 im kryptisch getauften A8 55 TFSI, noch der abgesehen vom flotteren Antritt nicht wirklich souveränere Achtzylinder (A8 60 TFSI, 460 PS) über einen Otto-Partikelfilter verfügen.
Einmal mehr wartet die Industrie, bis neue Umweltschutztechniken unumgänglich sind! Wenigstens die bei der Verbrennung von 5,6 Litern pro 100 Kilometer entstehenden Abgase des kultivierten Dreiliter-Diesel A8 50 TDI (286 PS) werden schon jetzt AdBlue-gereinigt in die Umwelt entlassen.
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