Kombi trifft Hybrid: der Porsche Panamera Sport Turismo
Mitten in der Dieselkrise entdeckt Porsche den Hybridantrieb – und den Nutzwert. Aber ein Panamera als Teilzeit-Stromer und als Familienkutsche, kann das denn gut gehen?
Es gab für die stolzeste Volkswagen-Tochter bestimmt glücklichere Momente, ein neues Auto vorzustellen. Denn die lässige „Was-kostet-die-Welt“-Attitüde, mit der sich Porsche sonst gerne präsentiert, dürfte dem Sportwagen-Hersteller nicht mehr jedermann abkaufen. Dieselskandal und Kartellaffäre hinterlassen selbst bei der sonst so erhabenen Luxusmarke Kratzer im Lack, zumindest hierzulande.
Dabei hätte alles so schön sein können! Porsche hat mit der Einführung neuer Panameras nämlich mehr zu erzählen als nur die unendliche Geschichte von immer noch mehr Leistung. Die große Limousine zeigt sich, sieh an, sieh an, plötzlich praktischer und familienfreundlicher, erscheint sie ab dem Herbst doch in Gestalt eines handfesten Kombis, hier „Sport Turismo“ genannt. Erstmals können auf der Rückbank „2 plus 1“ Passagiere Platz nehmen, so die offizielle Porsche-Formulierung. Ähnlich wie im Flieger ist der Mittelsitz zwar der unbeliebteste der Reihe, aber immerhin existiert er jetzt. Und schlechter als in vergleichbaren Sport-Kombis residiert der Dritte im Bunde auch nicht. Vielmehr schenkt das ab der B-Säule komplett neue Design den Hinterbänklern ein angenehmeres, weil großzügigeres Raumgefühl.
Der „coupéhaften“ Dachlinie der Limousine, die nach viel Herumgedoktere den Panamera optisch in die Nähe eines 911ers rücken sollte, muss niemand wirklich nachtrauern. Das neue Heck spricht eine klassischere, an einen flach gedrückten Audi A6 Avant erinnernde Formensprache, aber dadurch versteht man es endlich. Die muskulösen Schultern mit den weit ausgestellten Radhäusern harmonieren mit dem Kombi-Hintern sogar besser. Obendrein steigt der Nutzwert. Die Klappe schwingt weit auf, der Beladung ebenfalls zuträglich ist die tiefe Ladekante. Nominell hat der Kofferraum nur 50 Liter mehr Stauraum als die Limousine, gefühlt ist es eine kleine Welt.
Statt des Heckflügels, der in der Limousine in einer Art Wanne untergebracht ist und somit Platz im Gepäckabteil wegnimmt, wurde der Sport Tourismo mit einem schmalen, adaptiven Dachspoiler versehen. Das Teil passt sich drei Stellungen der Fahrsituation an: flach liegend im Öko-Modus, um möglichst geschmeidig durch den Wind zu schlüpfen. Angestellt bei höheren Geschwindigkeiten ab 170 km/h, um an der Hinterachse bis zu 50 Kilogramm mehr Abtrieb zu erzeugen. Und hochgeklappt bei geöffnetem Schiebedach, um Luftverwirbelungen zu minimieren.
Die Motorenpalette umfasst die bekannten Sechs- und Achtzylindermotoren von 330 bis 550 PS. Allradantrieb und Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe sind serienmäßig. Die Normverbräuche liegen zwischen 6,7 Litern Diesel und 9,5 Litern Benzin, aber was heißt das schon heutzutage.
Was die Effizienz betrifft, hält sich Porsche nicht länger als nötig mit dem arg in Ungnade gefallenen Diesel auf, sondern tritt mit einem Hybriden die Flucht nach vorne an. Auch der ist mit 462 PS und standesgemäßer Fahrdynamik ein echter Porsche, aber moralisch weniger angreifbar. Nominell konsumiert der Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo gerade einmal 2,5 Liter Super und 15,9 kWh Strom auf 100 Kilometern. Bei ersten Testfahrten flossen gute sieben Liter durch die Brennkammern. Rein elektrisch bewältigt das an der Steckdose aufzuladende Auto maximal 51 Kilometer und 140 km/h. Das verschafft dem Fahrer ein grüneres Gewissen – und einige pikante Privilegien in der City. Er darf mit seinem mindestens 112.075 Euro teuren Statussymbol kostenlos parken und auf der Busspur vorbeizischen, sofern die Kommune es erlaubt. Das finden die anderen Verkehrsteilnehmer bestimmt richtig toll. Kleiner Trost für Neider: Wenigstens die Elektroprämie bekommt der Porsche-Pilot nicht. Die gibt es nur für Neuwagen bis 60.000 Euro netto.
Porsche wäre nicht Porsche, hätte man nicht noch einen draufgesetzt. Erstmals bildet mit dem Panamera Turbo S E-Hybrid ein Teilzeit-Stromer das Topmodell einer Baureihe. Ökologisch denkende Zeitgenossen werden trotzdem entsetzt sein. Angetrieben von einem 550 PS mächtigen V8 und einem Elektromotor mit 136 PS ist dieser Panamera die schnellste Hybrid-Limousine der Welt. Er rennt 310 km/h und fährt sich für diese Größe und dieses Gewicht (über 2,3 Tonnen!) atemberaubend agil. Preis: ab 185.700 Euro. Ebenfalls nicht von dieser Welt: der absurd niedrige Normverbrauch von 2,9 Litern Super und 16,2 KWh Strom.
Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich’s völlig ungeniert? Das auch wieder nicht. Die Debatte um die deutschen Premium-Hersteller zeigt sicher Wirkung, zu Recht. Wahr ist aber gleichfalls, dass deswegen nicht jeder Porsche-Fahrer auf einen Toyota Prius umsatteln wird.
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