Günzburg kommt als Favorit
Der VfL will beim Tabellenletzten Ottobeuren sein erfolgreiches Jahr abrunden. Mit dem TSV lieferte man sich schon legendäre Duelle. Doch in dieser Saison sind sie unberechenbar
Wenn die Günzburger Handballer am Samstag (Anpfiff 20 Uhr) beim TSV Ottobeuren antreten, dann denken sie nur zu gerne an ein früheres Duell zurück. 2016 kam der VfL in der Landesliga ersatzgeschwächt ins Unterallgäu, holte einen 25:31-Auswärtssieg und machte damit einen großen Schritt Richtung Bayernliga-Aufstieg. Ein Jahr später zog der Allgäuer Traditionsverein nach und stieg ebenfalls in die bayrische Eliteliga auf. Vor dem Spiel kommen die Weinroten nun als stolzer Dritter, während die Ottobeurer nach der 21:25-Niederlage beim TSV Ismaning vom Vorwochenende die ungeliebte rote Laterne des Tabellenletzten tragen müssen. Auf ein spannendes Spiel können sich die Handballfans dennoch freuen, das zeigen auch die Ottobeurer Ergebnisse: Als einfach alles gelang, fegten sie die DJK Rimpar mit 37:27 aus der eigenen Halle, 14 Tage später erlebte der TSV ein 27:47-Debakel. Nur eine Woche darauf folgte ein 35:33-Sieg über den Tabellenzweiten Bayreuth. Verrückte Liga!
Der TSV Ottobeuren gehört zu den Vorzeigevereinen in der südbayerischen Handball-Diaspora. Damen und Herren spielen in der Bayernliga. Bei den Frauen geht übrigens mit Ardiana Merditaj eine Ex-Günzburgerin auf Torejagd. Die Heimspiele des TSV gehören zum gesellschaftlichen Leben im beschaulichen Ottobeuren, das sonst vor allem durch seine imposante Benediktiner-Abtei bekannt ist. Das hängt mit großer Handballtradition zusammen: Viermal wurde der TSV bayrischer Pokalsieger, von 1999 bis 2005 war die Regionalliga (heute Dritte Liga) Handballheimat. In dieser „ungarischen Phase“ mit dem späteren VfL-Trainer Andras Pesceyne und den Ausnahmekönnern Gabor Czako und Mihaly More waren Spitzenplätze keine Seltenheit. Der heutige Trainer Daniel Berkessel war in dieser Hochzeit ein gefürchteter Rückraumbomber. Nach dieser Hochphase folgte für die Allgäuer der Abstieg ins bayerische Oberhaus. Dort kämpften sie bis 2014 oft in unteren Tabellenregionen. Der Gang in die Landesliga war eine Erlösung von jahrelanger Kämpferei. Nur kurz war die Erholung in der fünften Liga. Mit der Rückkehr von Top-Scorer Patrick Kofler, Vierter der aktuellen Torjägerliste, folgte der schnelle Wiederaufstieg. Strukturell hat der Traditionsverein, wie der gesamte Allgäuer Männerhandball, Probleme. Es fehlt an einer leistungsbereiten A-Jugend. Jahr für Jahr muss weiträumig nach Spielern Ausschau gehalten werden. Vor dem Schwabenderby freut sich vor allem VfL-Trainer Stephan Hofmeister auf die Ottobeurer Halle. Mit dem TSV Langenau lieferte er sich dort viele heiße Drittliga-Duelle, einmal gab es sogar eine waschechte Prügelei auf dem Spielfeld. Jahrzehnte danach kann man über diesen körperlichen Zusatzeinsatz junger bayerischer Mannsbilder leise lächeln. Damit ist am Samstag sicher nicht zu rechnen, hitzig wird es aber dennoch. Die Halle wird voll sein, wenigstens zwei Busse kommen aus der Lego-Stadt. Die Weinroten wollen die gelbe Festung einnehmen. Der ungewohnte Blick aus der Höhe des dritten Platzes macht nicht mehr schwindelig, vielmehr gibt er Sicherheit und fördert die Partylaune.
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