Prozess um sexuellen Missbrauch: Ist das Kind glaubwürdig?
Ermittelnde Polizisten sprechen über die Aussagen des neunjährigen Mädchens, das von seinem Stiefvater vergewaltigt worden sein soll. Die Mutter kommt dabei nicht gut weg.
Sagt das Kind die Wahrheit, wenn es erzählt, dass und wie sein Stiefvater es sexuell missbraucht hat? Sind die Aussagen glaubwürdig? Um diese Einschätzung geht es derzeit in einem mehrtägigen Prozess vor dem Landgericht Memmingen.
Wie berichtet, steht ein 38-Jähriger vor Gericht, weil er laut Anklage der Staatsanwaltschaft Memmingen seine damals neunjährige Stieftochter schwer sexuell missbraucht haben soll. Der Angeklagte selbst sagt nach wie vor nichts zu den Vorwürfen, das Gericht hört deswegen zahlreiche Zeugen an. Die Mutter des Kindes, die damalige Verlobte des Angeklagten, hat den Mann angezeigt, nachdem sich die Tochter ihr und einigen Freundinnen offenbart hatte.
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Das Gericht muss die Glaubhaftigkeit der Aussagen des mutmaßlichen Opfers prüfen bzw. die Beurteilung der Schilderungen durch Experten beurteilen lassen. Die Glaubwürdigkeit des kleinen Mädchens steht nicht zur Debatte. Aber darüber, wie glaubwürdig die Person des Angeklagten ist, wird sich das Gericht ein Bild machen müssen. Die Neunjährige findet hoffentlich Unterstützung durch Menschen, die willens und geeignet sind, gut für Kinder zu sorgen und ihnen auf verantwortungsvolle und kompetente Weise zu helfen. Ich hoffe, dass das Jugendamt eingeschaltet wurde. Der Mutter des Mädchens kann ich nur empfehlen, sich dringend fachliche Hilfe zur Aufarbeitung der psychischen Störungen, von denen sie offensichtlich betroffen ist, zu holen. Ich mutmaße, dass dies im Zuge einer psychotraumatologischen Behandlung geschehen sollte. Bei „Missbrauch“ handelt es sich fast immer um eine Familienkrankheit, die eine lange und intensive, aber lohnenswerte Aufarbeitung bedeutet. Der erste Schritt sollte deshalb die Kontaktaufnahme mit einer Fachstelle sein. „Erste Hilfe“ gibt es hier https://beauftragter-missbrauch.de/hilfe/hilfetelefon/ Die BeraterInnen nennen auf Wunsch auch Fachberatungsstellen. Auch im Umfeld des mutmaßlichen Täters wird man sich, sollten sich die Vorwürfe gegen ihn erhärten, Gedanken machen müssen. Zum Kindesmissbraucher wird man nicht über Nacht, oft wird einem so etwas buchstäblich in die Wiege gelegt. Und dass jemand jenseits des 30. Geburtstags ganz plötzlich beginnt, Kinder zu missbrauchen ist ebenfalls sehr ungewöhnlich. Wer sich dafür entscheidet, zum Täter bzw. zur Täterin zu werden, begeht die ersten Übergriffe meistens schon lange vorher, oft bereits in der Pubertät. Die meisten Opfer schweigen und wenn man sich vor Augen hält, was dieser Neunjährigen und vielen anderen sexuell ausgebeuteten und missbrauchten Kindern unterstellt wird, nämlich dass sie das, was sie berichten, aus einer heimtückischen Absicht heraus oder aus Geltungssucht behaupten, dann kann man gut nachvollziehen, warum so viele Missbrauchsbetroffene lieber gar nichts erzählen und sogar Fachberatungsstellen und ExpertInnen dazu raten, genauestens abzuwägen, ob eine Anzeige dem Opfer nicht eher schadet, als dass sie ihm nützt.
"Andererseits steht auch die Frage im Raum: Was weiß ein Kind in diesem Alter über die geschilderten verschiedenen Arten des Geschlechtsverkehrs? Kann es sich derartige – teils brutale – Szenen ausdenken?"
Fotos und Filme aller möglichen Variationen sexueller Betätigungen sind im Netz frei verfügbar. Zu den Rennern gehören Darstellungen von sexueller Gewalt, Erniedrigung, Entwürdigung, der Missbrauch von Tieren. Und eben auch Szenen, in denen Kinder missbraucht oder Kindesmissbrauch nachgestellt wird. Manches ist professionell hergestellt, anderes privat gefertigt. Einige Plattformen lassen ihr Angebot bewusst so wirken, als handele es sich um Privatpornos. All dieses Material ist auch für Minderjährige ohne großen Aufwand, manchmal sogar frei zugänglich. Manche Menschen konfrontieren Kinder mit Pornofilmen, um sich an deren erschrockenen und verstörten Reaktionen sexuell zu erregen. Abgesehen davon, dass auch Letzteres eine strafbare Handlung darstellt, muss jemand bereits über Erfahrungen mit real praktizierten Sexualaktivitäten verfügen, um zu beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn all diese Dinge mit einem gemacht werden. Und weil echter Sex nicht so läuft wie im Rosamunde-Pulcher-Roman, sondern eher wie in "Wolke 7", dem genial wahrhaftigen Film von Andreas Dreesen dargestellt, sollten sich alle bei Gericht Verantwortung tragenden Personen fragen, wie sie sich als Kinder gefühlt hätten, wären sie so etwas in dem Alter ausgesetzt worden, in dem sich das Mädchen befindet, das mutmaßlich von dem Mann missbraucht wurde, den seine Mutter als ihren „Partner“ bezeichnet. Dazu gehört auch, zu erwägen, wem man sich hätte als kindliches Opfer anvertrauen können, wie sich solche eine Situation angefühlt hätte und welche Worte einem als Kind zur Verfügung gestanden hätten, um zu beschreiben, wie es ist, von Erwachsenen benutzt zu werden. Weil die das an bzw. in einem abreagieren wollen, was sie als ihre „Sexualität“ bezeichnen.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen erwachsenen Menschen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden