Von Bierfesten, Erdbeben und einem Rieser Pionier
Sie schaffen Verständnis für Fremdes und stiften Identität über Landesgrenzen hinweg: Städtepartnerschaften. Manchmal sind sie sogar der Retter in Not. Wir zeigen drei Beispiele aus der Region.
Als sich William Moll-Berczy im Jahr 1794 mit 200 deutschen Siedlern nach Kanada aufmachte, war wohl keinem von ihnen klar, dass sie den Grundstein einer lebendigen Verbindung zwischen neuer und alter Heimat schufen. Aus dem kanadischen Urwaldboden in der heutigen Provinz Ontario stampften die Kolonialisten die Stadt Markham.
Die damalige Urwaldsiedlung ist heute eine Wirtschaftsmetropole mit 320000 Einwohnern. Auch 221 Jahre nach der Stadtgründung wird William Moll-Berczy als Vater des „Spirit of Markham“ verehrt. Der Maler, Architekt und Städtebauer stammt aus Wallerstein im Landkreis Donau-Ries. Da verwundert es nicht, dass zwischen Nördlingen und Markham, seit 2001 eine vitale Städtepartnerschaft besteht.
Die Idee der engen, länderübergreifenden Zusammenarbeit geht auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Nie wieder sollte eine solche Katastrophe die Welt erschüttern. Internationale Organisationen wie die EU oder die UN regelten die Kooperation auf staatlicher Ebene. Aber auch viele Kommunen wollten ein Zeichen setzen für Frieden und Völkerverständigung und gegen Krieg und Vorurteile. So entwickelten sich immer mehr Städtepartnerschaften.
Erbfeinde Frankreich und Deutschland
Die Beziehung von Deutschen und Franzosen war lange von Hass und Ressentiments geprägt. Die sogenannte Erbfeindschaft gipfelte immer wieder in blutigen Kriegen. Aus erbitterten Feinden wurden gute Freunde. Ohne das starke Band zwischen Frankreich und Deutschland sähe Europa heute anders aus.
Zu der Verständigung und Versöhnung haben große Staatsmänner wie Charles de Gaulle und Konrad Adenauer, Valéry Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt sowie François Mitterrand und Helmut Kohl beigetragen. Aber auch im Kleinen wurde viel bewegt: Enge Freundschaften zwischen französischen und deutschen Kommunen haben auf beiden Seiten Interesse für Kultur und Menschen im Nachbarland geweckt.
Jumelage zwischen Neuburg und Sète
Als Musterbeispiel in der Region gilt die Jumelage zwischen Neuburg und Sète. Seit Mai 1986 sind die französische Hafenstadt und die Ottheinrichstadt offiziell in einer Städtepartnerschaft vereint. Neben dem ideellen Aspekt des friedlichen Zusammenlebens steht dabei ganz konkret der kulturelle Austausch im Mittelpunkt. So findet in Neuburg alle zwei Jahre das Sèter Weinfest mit französischen Musikgruppen, Paella, regionalen Weinen und Käse statt. Links des Rheins steigt seit 1996 jährlich ein Bierfest mit bayerischer Blasmusik, Schweinshaxe, Sauerkraut, Bratwürsten und weiteren typischen Spezialitäten. Auch in den Bereichen Kunst, Bildung und Vereinsleben gibt es gemeinsame Projekte.
Wie stark das Band zwischen zwei Kommunen tatsächlich ist, zeigt sich in Zeiten der Krise. Wenn es darauf ankommt, Solidarität und Mitgefühl zu zeigen, wird der wahre Wert einer Partnerschaft deutlich.
Als im Frühjahr 2012 ein Erdbeben die oberitalienische Stadt Bondeno erschütterte, mobilisierte die deutsche Partnerstadt Dillingen schnelle und unbürokratische Hilfe.
Helfen, wenn es darauf ankommt
Die Naturkatastrophe löste eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Bereits wenige Tage nach dem Beben war eine große Spendenaktion in Dillingen angelaufen. Zugunsten der Erdbebenopfer wurden damals bei Benefizkonzerten des Bonaventura- und des Sailer- Gymnasiums, über das Konto der Stadt Dillingen und des Dillinger Lions-Clubs über 30000 Euro an Spenden gesammelt.
An diesem Beispiel zeigt sich, wie weit die Idee der internationalen Partnerschaften auf kommunaler Ebene schon gediehen ist. Neben dem kulturellen Leben nehmen die Bürger auf beiden Seiten Anteil an Schicksalsschlägen und kommen sich so automatisch näher.
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