Ein stilles „Vater unser“ für Freund und Feind
Zum Jahreswechsel vor 100 Jahren begann im Ersten Weltkrieg die Entscheidungsschlacht am Pasubio – es gab keinen Sieger. Wie dieses Ereignis Krumbacher Wanderer 80 Jahre später in Erinnerung behalten haben.
Fünf Krumbacher, allesamt mit 20 bis 30 Kilo schweren Rucksäcken, sitzen gemütlich im Zug, der sie über Mindelheim nach München und anschließend über den Brenner bringt. Ziel ist Rovereto, von dem die Normalurlauber an den Gardasee abbiegen. Wir steigen um auf ein Taxi, das uns in das stille Bergdörfchen Giazerra in den südöstlich gelegenen Bergen bringt. Vor uns liegt ein über zweistündiger Aufstieg zum Rifugio Lancia, einer auf einem 1800 Meter hoch gelegenen Bergplateau gelegenen Hütte. Für uns von Bedeutung, da sie vor 100 Jahren das militärische Zentrum der österreichisch-ungarischen Kaiserjäger war.
Am Weg sehen wir ein Gedenkkreuz aus Granatsplittern und Betonankern. Es stimmt nachdenklich, ist es doch das erste Zeichen, das an den mörderischen Alpenkrieg in diesem „Pasubio“ genannten Bergstock erinnert, der im Sommer 1916 begann, zum Jahreswechsel 1917/18 seinen Höhepunkt erreichte und schließlich am 23. März 1918 nach einem grausamen Morden endete. Noch heute wird das Gebiet als „Schlachtbank“ oder „Berg der 10000 Toten“ bezeichnet. Neugierde war es nicht, die uns in diese Region lenkte. Vielmehr der zweite Jahresabschnitt auf dem Weg über die Alpen. Der viel begangene Weitwanderweg E 5 von Oberstdorf nach Verona führt bewusst über den Pasubio und wird damit zum wichtigen Teilstück des hochalpinen Friedensweges (Sentiero della Pace), der in über 500 Kilometer und 30 Tagesetappen durch Südtirol und das Trentino führt. Die am Weg durch die grüne mit Alpenrosen und Latschen bewachsene Hochfläche auftauchenden kreisrunden, etwa zwei- bis drei Meter tiefen Trichter, deuteten wir als Granatlöcher und bekamen recht. Sie wurden beim Anstieg wenig später abgelöst von inzwischen bewachsenen Schützengräben und in den Fels gesprengten Kavernen und Stolleneingängen. Wir näherten uns den zwei zentralen Punkten des Kriegsgeschehens vor 100 Jahren, dem 2127 Meter hohen Dente Austriaco und dem um 93 Meter höheren Dente Italiano. Es handelt sich um zwei benachbarte Bergkuppen, die nur ein etwa 100 Meter tiefes steiles Kar trennt. Die Österreicher nannten es „Eselsrücken“; er sollte im Winter 1917/18 zum Grab tausender Soldaten werden. Der markierte E 5 führt zuerst auf die nördlich gelegene österreichische Platte. Endlose in Stein gehauene Schützengräben und herum liegende Felsbrocken deuten an, dass hier buchstäblich kein Stein mehr so liegt, wie er gewachsen ist. Die nachdenkliche Stimmung erhöht sich durch aufziehenden Nebel und Wolkenfetzen. Auf dem höchsten Punkt des Austriaco steht ein hölzernes Gedenkkreuz mit einer „Krone“ aus Stacheldraht und „garniert“ von auf dem Boden liegenden rostigen Eisenteilen, aber auch Reste von Bergstiefeln und Schuhsohlen. Was uns an dieser Stelle still halten lässt? Ein gemeinsam gesprochenes „Vater unser“ und der Gedanke, was die Soldaten damals geleistet haben und doch unnütz gestorben sind. Stillschweigen auch beim Abstieg durch die Felsbrocken in den Eselsrücken und dem unmittelbar folgenden Anstieg zum Dente Italiano. Hier ein ähnliches Bild. Der Blick vom Gipfel auf die Hochebene zeigt jedoch, dass die Italiener mit weitaus mehr Aufwand ihrer Toten gedenken. Ein steinernes Mahnmal in Form eines Triumphbogens und eine kleine Kapelle erinnern an die tapferen Alpini. Dort angekommen erreichen wir bald das Rifugio Achille Papa, benannt nach einem der damaligen Heerführer und von Bedeutung als wichtigster Standort des italienischen Frontabschnitts. Der dortige Tiefblick reicht bis zum 800 Meter unter uns liegenden Fugazze-Pass. Er wird erreicht über die „Strada degli Eroi“ (Straße der Helden), die 1917 als wichtigster Nachschubweg für die Pasubio-Truppen auf elf Kilometer Länge buchstäblich in den Fels gesprengt wurde und zusätzlich 52 Tunnels benötigte.
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