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Einweihung
14.01.2019

Alles, was der Mensch dem Menschen antut

Das Ofenhaus im alten Gaswerk von Augsburg ist als zweites und beeindruckendes Ausweichquartier des Staatstheaters eröffnet worden – mit einer Dramatisierung von William T. Vollmanns Roman „Europe Central“

Das alte Gaswerk Augsburgs ist auch Ausdruck der planvollen, effektiven Industrialisierung Europas im 20. Jahrhundert. Wenn dort nun, im sogenannten Ofenhaus, Augsburgs nunmehr zweite dauerhafte Ausweichspielstätte mit der Dramatisierung von William T. Vollmanns Roman „Europe Central“ eingeweiht wurde, dann konnte es einen schon schaudern. Denn mit dieser produktiven Industrialisierung im 20. Jahrhundert ging auch eine zutiefst destruktive, menschenverachtende Maschinerie einher – gipfelnd in der bis heute speziell in Deutschland nicht ad acta gelegten Rüstungsgroßindustrie sowie in der Fließbandermordungsmaschinerie der Konzentrationslager.

Über gut vier Stunden hinweg versammelt dieser Theaterabend „Europe Central“ in einem wahrlich eindrucksvoll umgebauten Gebäude das kollektive und das individuelle Grauen, das zwei totalitäre Machtsysteme – hier der Faschismus, dort der Stalinismus – über Europa brachten, auch noch, als Hitler und Stalin längst tot waren: Krieg, Holocaust, „Säuberungen“, Folterung, Verfolgung.

Vollmanns Roman (2005) hat an die 1000 Seiten, ist multiperspektivisch, hintergründig und anspielungsreich geschrieben – ebenso versehen mit einem ausführlichen Erklärungsapparat wie jetzt das Augsburger Programmheft mit einer Erläuterungsliste zu den auftretenden respektive erwähnten historischen Figuren. Das Ganze eine literarische Tiefenbohrung, ein literarischer Doppelstrom bestialischer Ereignisse in West und Ost, die sich komplex verzahnen. Alles, was der Mensch dem Menschen antut ... Vieles, sehr vieles, erzählt Vollmann in reflektierenden gedanklichen Monologen, wenig in Dialogform.

Der Leser merkt bald: Insbesondere dieses Buch ist aufgrund seiner Informationsdichte eminent schwer zu dramatisieren. Indem es die Regisseurin Nicole Schneiderbauer ambitioniert dennoch wagte, ehrt und achtet sie das Publikum. Sie traut ihm etwas zu – ein bedauerlicherweise etwas aus der Mode geratener Zug. Hier sind Ironie, Albernheiten, größtmögliche Distanz zum Autor – gerade eine Lieblingshaltung an deutschen Theatern – für einen Abend außer Kraft gesetzt, weil fehl am Platz. Die Sache ist ernst, auch hinsichtlich von Staatsführern, die derzeit das Ruder an sich reißen.

Gefordert ist vom Zuschauer Anstrengungsbereitschaft und das Aushalten dieser Verdichtung von politischer Gewalt – im Großen (Zweiter Weltkrieg) wie im Persönlichen, wenn es um das tragische Leben von Käthe Kollwitz, Anna Achmatowa und vor allem Dmitri Schostakowitsch als Zentralfigur des Stückes geht.

Der russische Komponist, daran erinnert Vollmann ebenso wie sein Kollege Julian Barnes in „Der Lärm der Zeit“, arbeitete lange Zeit auf einer Notfalltasche – gepackt nicht für einen Krankenhausaufenthalt, sondern für den Fall des Abtransports zu Verhör, Straflager. Auch Liquidieren möglich. Jahrelang schrieb Schostakowitsch – wie die Achmatowa – unter Todesangst. In ihm kristallisieren sich all die historischen Personen des Vollmann-Romans, die in Extrem- und existenziellen Situationen Entscheidungen zu treffen hatten – und dabei ihre eigene Haut in die Waagschale warfen.

Der Begriff Engführung stammt aus der Musik. Gemeint ist, speziell bei Fugen, der Einsatz eines neuen Themas, bevor das erklingende Thema beendet ist. Vollmanns Buch ist eine Riesenfuge, eine Riesentodesfuge. Enggeführt werden hier auch der Nationalsozialismus und die Nibelungen-Sage, sexuelle Beziehungen und Erpressbarkeit, Kriegsführung und musikalisches Pathos: Beethoven in Berlin, Schostakowitsch in Leningrad. Und Nicole Schneiderbauer gelingt – bei viel Text, den die sechs Darsteller zu memorieren haben – auch szenisch eine suggestive Engführung, jedenfalls über mindestens Zweidrittel des gut vierstündigen Abends hinweg.

Die Suggestivkraft, die sie in harmonisch-kontrapunktischer Absprache mit ihrer Ausstatterin Miriam Busch entwickelte, ist jene grau-düstere, unheilschwangere Aura, wie sie den starken Werken auch von Anselm Kiefer, Joseph Beuys und der frühen Rebecca Horn innewohnt. Goldenes Haar, ein Klavier und ein Klavierstahlrahmen, Rüstung, Geweih, Greifvögel. Im Bühnenkubus des Ofenhauses, zwischen Stahl und Beton und (Abhör-)Mikrofonen, kann jederzeit für jeden das Leben zu Ende sein. Kommt halt drauf an, wie über ihn im Totalitarismus entschieden wird. Die Tücher, die vom Bühnenhimmel fallen, wohin das Klavier und der Klavierstahlrahmen zum Finale gezogen werden, können Zwangsjacke sein oder der Ring, den die Deutschen um Leningrad zuziehen, oder Toten-Linnen.

Und weil der Abend auch eine Brücke zum präzis geschnittenen Hörspiel schlägt – ein einseitiger Kopfhörer eröffnet die Möglichkeit für eine zusätzlichen Hörquelle –, dazu zu präzis eingesetzter Körperperformance, Aktions- und Klangkunst, gerät er über weite Strecken inhaltlich beklemmend, emotional angreifend, optisch packend. Bedauerlich, dass die Uraufführung durch den langen Kriegsbericht des deutschen Soldaten und durch die doch etwas stichwortartig aufgesagten letzten Lebensstationen Schostakowitschs – sechs Schauspieler verkörpern ihn in diesem Moment – etwas an Eindringlichkeit verliert.

Neben Karoline Stegemann und Patrick Rupar stechen insbesondere Ute Fiedler in ihrer (Teil-)Rolle als Käthe Kollwitz hervor – wahrlich eine Passionsfigur –, des Weiteren Katharina Rehn als verhaltensauffälliger Hitler und Roman Pertl als aufreizender Stalin-Geheimdienstler von perfid-sanfter Brutalität. Ellen Mayer aber liefert die Klangkunst. Ihr Leitmotiv über drei „Akte“ hinweg besteht aus vier Tönen: D-(E)S–C-H, die Initialen von Dmitri Schostakowitsch, den über Jahrzehnte gequälten Menschen. Starker Applaus für dieses Angebot von Anspruch.

17., 19., 25. Januar, 8., 15. Februar, 12. und 31. März (Ofenhaus im alten Gaswerk von Augsburg)

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