Das Hügel-Pflaster ist nicht so ganz einfach
Die Wagner-Festspiele starten mit einem "Parsifal", dessen Regisseur und Dirigent ausgetauscht werden mussten.
„Das ist ja hier nicht so das ganz einfache Pflaster.“ Ein gewandt formulierter Satz, schillernd zwischen Ironie und trockener Analyse. Gesprochen von höchster Festspiel-Autorität, gesprochen von Holger von Berg, 50, dem neuen Geschäftsführer auf dem Bayreuther Grünen Hügel, der ebenso verantwortlich zeichnet wie die künstlerische Leiterin Katharina Wagner.
Und weil dieses Pflaster nicht so ganz einfach ist, beziehungsweise im Volksmund ausgesprochen hart, wird gerne von offizieller Seite her versucht, es abzufedern. Abzufedern durch Diskretion. Klappt aber nur bedingt. Klappt nicht hundertprozentig. Irgendeine(r) plaudert immer aus dem Nähkästchen.
Auch 2016, als es zu Probenbeginn wieder erwartungsgemäß kriselte: Andris Nelsons, auf den sich viele nach seiner allgemein anerkannten „Lohengrin“-Dirigier-Wundertat besonders freuten, sprang ab – und zwar, ohne sich zu erklären. Worauf Christian Thielemann, der Bayreuther Musikdirektor, umgehend in einem Interview wortreich beschwor, er sei dafür nicht verantwortlich zu machen.
Mit Dankesbrief an das "Parsifal-Team" verabschiedet
Doch natürlich dachte gleichzeitig der eine oder andere Festspiel-Angestellte laut vor sich hin, dass Thielemann dem Wunder-Kollegen, der trotz seiner 37 Jahre auch kein Greenhorn ist, ein bisschen zu viel reingefunkt habe. Es besser wusste, Schläge in Form von Ratschlägen gab. Wie auch immer: Nelsons wird nicht dirigieren. Er hat sich mit einem Dankesbrief an das „Parsifal“-Team verabschiedet, und nun wird diese Premiere 2016 Hartmut Haenchen, 73, dirigieren, dieser aus Dresden stammende Wagner-Spezialist, der sich in dieser Funktion besonders in Amsterdam enorme Verdienste erworben hat.
Hartmut Haenchen springt für Nelsons ein – während der Regisseur Uwe Eric Laufenberg, der Nelsons Abgang zutiefst bedauert, den ursprünglich vorgesehenen Kunst-Provokateur Jonathan Meese ablöste. Damit kommt nun – modifiziert – in Bayreuth zur Ansicht, was Laufenberg einst in Köln hatte inszenieren wollen, bevor er sich als Opern-Intendant mit der Stadt überwarf: eine „Parsifal“-Regie, die um die Frage kreisen soll, ob die Menschen irgendwann herauskommen aus „dieser zerstörenden, Körper zerfetzenden Welt“. Laufenberg geht es um „Werte wie Mitgefühl für Mitmenschen und Mitwesen und Offenheit“. Mal sehen, wie er das im Bühnenbild von Gisbert Jäkel und in den Kostümen von Jessica Karge umsetzt.
Ein dritte besonders wichtige Position in dieser Neuproduktion, mit der die Festspiele am 25. Juli starten, ist bislang nicht umbesetzt: Klaus Florian Vogt, dieser helle, schlanke, leichte Tenor, wird nach wie vor die Titelrolle singen. Wenn er sie so singt wie seinen Lohengrin der vergangenen Jahre, sind ihm Ovationen sicher.
Auch der Dirigent Kirill Petrenko (Staatsoper München) bemerkte übrigens schon, dass das Hügel-Pflaster nicht ganz einfach ist. In diesem Jahr löst ihn Marek Janowski als „Ring des Nibelungen“-Dirigenten ab. Premiere war 2013.
Daneben werden wieder in den Spielplan aufgenommen: die letztjährige Neuproduktion von „Tristan und Isolde“ (Inszenierung: Katharina Wagner, am Pult: Christian Thielemann) sowie „Der fliegende Holländer“ von 2012 (Inszenierung: Jan Philipp Gloger, am Pult nun: Axel Kober).
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