Ein Typ wie sonst keiner
Action, Komödie, Melodram: Der Schauspieler prägte das französische Kino für Jahrzehnte. Jetzt wird er 85
Weiße Haarpracht, Stoppelbart, ein unbekümmertes Lächeln – Jean-Paul Belmondo ist immer noch eine beeindruckende Erscheinung. Sein letzter Filmauftritt liegt zehn Jahre zurück, aber in der Öffentlichkeit ist „Bébel“, wie ihn die Franzosen liebevoll nennen, noch immer präsent. Vor einem Jahr erhielt er in Paris den wichtigsten französischen Filmpreis, den „César“, für sein Lebenswerk. Der Saal kochte, es gab Standing Ovations, und Belmondo kommentierte trocken: „Mir hat es nie an Mut gefehlt und deshalb stehe ich hier oben.“ An diesem Montag wird er 85 Jahre alt.
Als Actionheld und Charakterdarsteller ist Belmondo Generationen von Kinogängern vertraut. Regisseure wie Jean Luc Godard und François Truffaut rissen sich um ihn – ein Belmondo versprach volle Kinos. Filme wie „Außer Atem“, „Die Millionen eines Gehetzten“, „Pierrot le Fou“ oder „Der Profi“ machten ihn berühmt.
1933 kommt er in Neuilly-sur-Seine nahe Paris zur Welt. Als Schüler ist er aufmüpfig, begeistert sich fürs Boxen, liebäugelt mit einer Profi-Karriere und wird dann doch lieber Schauspieler. Er ist keine klassische Schönheit, aber unverwechselbar, tough und witzig, sinnlich, bisweilen anrührend naiv. Belmondo ist im Kino der gefühlvolle Draufgänger, ein Gegenpol zum klassisch schönen Alain Delon, mit dem er ein paarmal gemeinsam vor der Kamera steht.
Der Durchbruch gelang Belmondo 1960 in Jean Luc Godards „Außer Atem“, dem Klassiker der Nouvelle Vague. Der Film erzählt, wie der Autodieb Michel einen Polizisten erschießt, nach Paris flieht und sich mit einer Studentin (Jean Seberg) einlässt, die ihn an die Polizei verrät. Belmondo spielt diesen Michel als modernen Antihelden, illusionslos und zynisch. „Oje, Godard“, erinnerte sich Belmondo später in einem Interview. „Erst hat er mich nur genervt. Redete so langsam. Dazu diese dunkle Brille, die hätte ich am liebsten weggeworfen. Aber kaum begann der Dreh, fühlte ich mich frei.“
Komik gepaart mit Action, das machte Belmondo sichtlich Spaß. In „Cartouche, der Bandit“ ist er hinreißend als legendärer Räuber, Seite an Seite mit Claudia Cardinale als Diebin Vénus. In „Le Magnifique“ spielt er einen erfolglosen Autor, der sich im Frust in wilde Actionszenen hineinträumt. Belmondo sei außergewöhnlich, könne einfach alles, sagte der Regisseur Jean-Pierre Melville einmal, der ihn in Gangster- und Abenteuerfilmen einsetzte. Auch Claude Chabrol und Henri Verneuil schätzen Belmondos Spiel. Seine Helden leiden, kämpfen, siegen, lieben.
Der durchtrainierte Schauspieler führte lange Zeit atemberaubende Stunts selbst aus. In „Angst über der Stadt“ katapultierte er sich direkt von einem Hubschrauber durch ein geschlossenes Fenster in eine Wohnung. Als Belmondo sich bei einer Stuntszene zu „Der Boss“ (1985) verletzt, hört er mit Action-Filmen auf, spielt wieder Theater. Er legt sich eine eigene Spielstätte zu, das Théatre des Variétés in Paris am Boulevard de Montmartre, und leitet es zwischen 1991 und 2005.
Als Draufgänger gibt sich Belmondo auch jenseits der Leinwand. Futter für die Klatschpresse liefern seine Beziehungen mit Filmpartnerinnen wie Ursula Andress oder Laura Antonelli. Zweimal heiratet er, vier Kinder kommen zur Welt. 2001 trifft ihn ein Schlaganfall. Mühsam kämpft er sich zurück. „Ich habe Jahre gebraucht, um wieder sprechen zu können. Wer hätte damals gedacht oder gehofft, dass ich eines Tages wieder das Wort ,Action‘ hören sollte.“ Die Hoffnung erfüllt sich 2008: In „Ein Mann und sein Hund“ spielt er einen einsamen Greis, der obdachlos mit seinem Hund herumzieht. Weiße Haare, mächtige Augenbrauen, unbekümmertes Lächeln: ein wenig wehmütig, aber unverkennbar Belmondo. Bettina Thienhaus, epd
Die Diskussion ist geschlossen.