Gurlitt: Katze aus dem Sack
Wird das Testament von Cornelius Gurlitt nun angefochten?
Mögliche Erbschaften haben schon manche Familie entzweit. Nun scheint davon auch die Familie Gurlitt betroffen, genauer Dietrich Gurlitt, 95, und Uta Werner, 85, Bruder und Schwester sowie Cousin und Cousine des im Mai verstorbenen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt. Zumindest bis zum vergangenen Wochenende stießen sie gemeinsam in das selbe Horn, was das umstrittene Kunsterbe von Cornelius Gurlitt ausmacht: Dessen Testament zugunsten des Kunstmuseums Bern solle nicht angezweifelt werden. (Falls Bern das Erbe aber ausschlage, sei die Provenienzrecherche fortzusetzen und Raubkunst schnellstmöglich zurückzugegeben.)
Dietrich Gurlitt distanziert sich von Gutachten
Jetzt, wenige Tage später, gibt es Äußerungen, die stark unterschiedliche Vorstellungen über das weitere Vorgehen erkennen lassen. Zum Einen distanziert sich Dietrich Gurlitt ausdrücklich von jenem psychiatrischen Gutachten aus der Hand von Helmut Hausner, Chefarzt der Psychiatrie Cham, das Cornelius Gurlitt nachträglich einen freien Willen zum Zeitpunkt seiner Testamentsabfassung abspricht. Dietrich Gurlitt gegenüber dem Kunstmuseum Bern: „Mit den Versuchen einiger Verwandter, den Geisteszustand von Cornelius anzuzweifeln, habe ich nichts zu tun. Wie bereits im Mai erklärt, hoffe ich, Sie geben eine positive Entscheidung bezüglich des Cornelius-Gurlitt-Erbes bekannt.“ Damals hätten die Gurlitt-Angehörigen gemeinsam bekannt: „Wir begrüßen vollumfänglich das Testament von Cornelius Gurlitt, das das Berner Kunstmuseum zum alleinigen Erben seiner wertvollen Sammlung macht und unterstützen dies ausdrücklich.“ Er bleibe dabei.
„Wir werden uns nicht kampflos geschlagen geben“
Nicht aber dabei bleiben will offenbar der Anwalt von Uta Werner: Wolfgang Seybold, der nur die Cousine von Cornelius Gurlitt vertritt, nicht aber deren Bruder, erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung, es werde nun doch erwogen, das Testament Gurlitts juristisch anzuzweifeln. „Wir werden uns jedenfalls nicht kampflos geschlagen geben.“ Wer anderes als Familienmitglieder rund um Uta Werner sollte in dieses „Wir“ mit einbezogen sein? Und warum ist von dieser Seite ein Gutachten in Auftrag gegeben worden, wenn nicht mit dem Ziel, dass diese Untersuchung, ob Cornelius Gurlitt Anfang 2014, also zum Zeitpunkt der notariellen Testamentsabfassung, testierfähig war, gegebenenfalls zu verwenden?
Die Katze ist aus dem Sack. Zumindest Teile der Familie Gurlitt könnten doch noch – allen bisherigen Beteuerungen zum Trotz – Ansprüche auf das Erbe erheben. Ihr Anwalt Wolfgang Seybold hat bereits einen Plan. Dessen erste Stufe heiße: außergerichtliche Einigung. Ob das alles hilft, dass Bern das eh schon heikle Erbe antritt?
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