Historischer Politkrimi: Spielbergs neuer Film über Lincoln
Steven Spielberg zeichnet in "Lincoln" ein differnziertes Porträt des 16. US-Präsidenten und inszeniert den Kampf gegen die Sklaverei als spannenden historischen Politkrimi.
Der 16. Präsident der Vereinigten Staaten, Abraham Lincoln, gehört zu den beliebtesten Helden des amerikanischen Kinos. Nun hat sich Steven Spielberg der historischen Ikone angenommen und konzentriert sich in seinem Film auf die letzten vier Monate im Leben des Präsidenten, in denen dieser alles daran setzt, die Abschaffung der Sklaverei in der US-Verfassung zu verankern.
Lincolns Konflikt während des Bürgerkrieges
Im November 1864 ist der Sieg der Unionisten im Bürgerkrieg unabwendbar. Bevor ein Friedensabkommen geschlossen wird, will Lincoln (Daniel Day-Lewis) den 13. Zusatzartikel im Repräsentantenhaus durchsetzen, weil er befürchtet, dass im wieder vereinten Nachkriegsamerika die Mehrheitsverhältnisse dazu nicht ausreichen werden.
Für die umstrittene Verfassungsänderung braucht er nicht nur die Unterstützung seiner republikanischen Partei, sondern auch einige Stimmen aus dem Oppositionslager.
Zur Disposition steht mit dem Verbot der Sklaverei ein idealistisches Vorhaben von historischer Tragweite, aber auch durch den Wettlauf mit dem herannahenden Frieden eine Grundsatzfrage der politischen Moral: Darf um des hehren Anliegens willen das Ende des Krieges hinausgezögert und weiteres Blut vergossen werden?
Der Film hat alles, was zu einem spannenden Politkrimi gehört
Außerdem liegen auf dem Weg zum Ziel die parlamentarischen Mühen und ein zermürbender Kleinkrieg in den Niederungen demokratischer Machtpolitik. Wer Mehrheiten will, kann nicht nur mit Argumenten kämpfen, sondern muss die Parteidiplomatie beherrschen und Kompromisse aushandeln.
Darüber hinaus beauftragt Lincoln eine außerparlamentarische Spezialeinheit, die potenziell abtrünnige Demokraten besticht und unter Druck setzt. Vom edlen Idealismus über pragmatische Zwänge bis zu den schmutzigen Tricks des politischen Geschäfts spannt Spielberg das Spektrum des demokratischen Entscheidungsprozesses, den er zu einem äußerst spannenden historischen Politkrimi ausbaut.
Daniel Day-Lewis als Lincoln überzeugt mit Sprache
Darin eingebettet wird ein differenziertes Porträt Lincolns, der aus seiner Ikonografie herausgelöst und als besonnene, schillernde und sehr menschliche Figur gezeichnet wird. Und da leistet der wunderbare Daniel Day-Lewis hervorragende Arbeit. In der Körpersprache zurückgenommen und jegliche Tour-de-Force-Allüren vermeidend konzentriert er seine Ausdruckskraft auf das gesprochene Wort.
Mit fein modulierter Intonation konturiert er die charakterlichen Facetten Lincolns, der auf sanfte Art sehr bestimmt auftritt, einen endlosen Schatz an Anekdoten zum Besten gibt und nur einen einzigen kurzen Moment im Film mit der Hand auf den Tisch schlägt und seine Stimme erhebt.
Echos der Gegenwart von Präsident Obama
In den USA ist „Lincoln“ fünf Tage nach der Präsidentschaftswahl in die Kinos gekommen, und natürlich liegen die Echos der politischen Gegenwart in dem Historienfilm auf der Hand. Wie Lincoln kämpfte auch Barack Obama in seiner ersten Amtszeit gegen die Blockadepolitik des Repräsentantenhauses, das sich gegen seine Sozial- und Gesundheitsreformen stemmte.
Im Gegensatz zu Lincoln unterlag Obama im parlamentarischen Zermürbungskrieg. Dem setzt Spielbergs „Lincoln“ auf historischem Terrain einen äußerst spannenden Demokratie-Thriller entgegen, der die Niederungen des Parlamentarismus, aber auch die politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Systems gründlich auslotet.
Start in Augsburg, Ingolstadt, Ulm, Neu-Ulm
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