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Interview
27.03.2017

„In der Welt herrscht eine merkwürdige Gewitterstille“

Der große scheidende Berliner Intendant Claus Peymann spricht über die derzeit schwache Verfassung des Theaters

Herr Peymann, Sie machen seit mehr als 50 Jahren Theater. Damals sind Sie angetreten gegen eine Väter-Generation, die Sie als Verwalter eines reaktionären Verständnisses von Kultur und Gesellschaft verstanden haben. Wogegen können und sollen heute junge Künstler antreten?

Jede Generation versucht, ihre Väter umzubringen. Wir hatten es damals viel leichter, denn unsere Vätergeneration hatte sich noch mit den Nazis arrangiert und war als Gegner klar erkennbar. Heute ist das viel schwieriger – weil wir alle so nette Leute sind. Ich zum Beispiel. (lacht) Und die Älteren wollen ja auch nicht alt erscheinen. Sie laufen in Jeans herum und tun so, als wären sie noch jung. Aber die Wachablösung hat im Theater längst stattgefunden. Ich trete in Berlin in die letzte Runde meiner Arbeit als Direktor ein, mein jüngerer Kollege Frank Castorf hört an der Volksbühne ebenfalls auf.

Sie haben mal gesagt: „Wenn eine Gesellschaft vor sich hindämmert, sich nur noch selbst gefällt, sind Ohrfeigen das letzte Mittel.“ Erreicht das Theater noch diejenigen, denen die Ohrfeigen gelten?

Der Gegner ist heute schwer auszumachen. Das Feindbild war früher im Theater deutlicher. Da waren wir alle Sozialisten oder Kommunisten. Wir waren auf Umbruch aus. Die heutige Generation hat diesen Umbruch nicht vor Augen. Und niemand wird sagen, Merkel oder Obama seien Klassenfeinde. Das sind ja nette Leute. Trotzdem ist keineswegs alles in Ordnung. Anscheinend steuern wir auf neue kriegerische Auseinandersetzungen zu, ein neuer Nationalismus hat sich verbreitet, es gibt Religionskriege; eigentlich schon eine Art Weltkrieg.

Wie reagiert das Theater darauf?

Es ist im Moment zu schwach, zu sehr mit den eigenen Neurosen und Ich-Fixierungen beschäftigt. Es fehlt der große gesellschaftliche Überblick, den Brecht und auch Heiner Müller noch hatten; Schiller, und Kleist und Lessing sowieso. Wenn ich daran denke, wie in den 60ern die „Publikumsbeschimpfung“ von Handke halb Europa aufgeregt hat… Bei meiner Premiere von Bernhards „Heldenplatz“ stand Österreich in Flammen. Diese explosive und verändernde Wirkung hat das Theater im Moment nicht. In den Feuilletons haben wir auch nur mehr ein Schattendasein.

Sie bekundeten einmal die Hoffnung, der humanitäre Imperativ von Bundeskanzlerin Merkel bei der Flüchtlingskrise sei vielleicht auf ihre Besuche beim Berliner Ensemble zurückzuführen…

Ich hoffe sehr, dass das auch bei der Bundeskanzlerin erzieherische und aufrüttelnde Wirkungen erzeugt. Angela Merkel hat hier einmal wirklich über den Rand des eigenen Pragmatismus geschaut. Sie hat ein Gefühl gezeigt und ein Verhalten an den Tag gelegt, das für eine CDU-Politikerin ungewöhnlich ist. Dass es ihr mit der Flüchtlingspolitik jetzt so an den Kragen gegangen ist und sie alle Ziele von damals längst aufgegeben hat, das zeigt ihr gesundes Machtempfinden. Aber auch ihre eigene Revision der damaligen Mutprobe.

Lange Zeit haben Sie in diesem Land die Bereitschaft zum Streit vermisst. Heute streitet die Gesellschaft so viel wie seit Jahrzehnten nicht: um Migration, Obergrenzen, Integration. Freut Sie das?

Streiten ist immer gut, immer besser als verlogene Harmonie. Aber im Moment sehe ich die Gesellschaft in einer brandgefährlichen Situation. In Frankreich findet gerade eine grundsätzliche Entscheidung statt: Sollen sich die europäischen Länder wieder abschotten? Ich bin Patriot, aber zugleich Europäer. 70 Jahre ohne Krieg in Europa, das ist eine große Leistung. Ich habe immerhin den Zweiten Weltkrieg als Kind wahrgenommen. Ich bin froh gewesen, dass mein Leben ohne Bombenalarm, tote Soldaten und Kriegsgefangene abgelaufen ist. Aber jetzt wird diese Schreckensvision doch wieder Thema.

Zu Ihrem Amtsantritt beim Berliner Ensemble, Ende der 90er Jahre, erklärten Sie, der „Reißzahn im Arsch der Mächtigen“ sein zu wollen. Was hat dieser Reißzahn gerissen?

Der Reißzahn muss zum Zahnarzt. (lacht) Fürs Theater ist es immer gut, wenn es reaktionäre Gegner hat. Das ist in Berlin aber nicht der Fall. Nach einigen Rotwein-Abenden mit dem damaligen Bundeskanzler Schröder habe ich gemerkt, dass die Kontrolle der Politik durch die Kunst für die Politik gar kein Thema war. Die Politik war sich ihrer selbst zu sicher. Jedenfalls: Die Oppositionshaltung des Theaters ging in Berlin in den Wind. Einerseits durch die Coolness der Berliner, andererseits vielleicht auch dadurch, dass unsere eigene Arbeit nicht scharf genug war.

Was kann Theater denn dann heute noch ausrichten?

Ich glaube, dass es vielleicht nicht angreifen, sondern wie ein Museum die Werte bewahren muss. Die Werte eines Menschenbildes, das wir heute nicht mehr vorfinden. Man sagt oft, das Berliner Ensemble sei ein Museum – und meint das natürlich böse. Aber ein Museum, das den Menschen ein schöneres Bild einer Gesellschaft zeigt, als Sehnsuchtsort, kann ein außerordentlich kühnes Gebäude sein.

Aber kann ein Sehnsuchtsort wirklich genügen?

Es ist ein merkwürdiger Zustand: Der Gegner ist so gut getarnt, wir können ihn nicht entdecken. Zugleich vergrößert sich das Unrecht. Die Reichen verdienen immer mehr, die Armen immer weniger, es werden mehr Waffen als je zuvor produziert, die Armeen werden größer. In der Welt herrscht eine merkwürdige Gewitterstille, die einem Angst macht. Offenbar sind wir nicht in der Lage, mit dem Theater dagegen anzukämpfen wie Brecht, Shakespeare, Molière. Sie hatten ihren Gegner klar im Visier – uns fehlt heute diese Polarität.

Theater war vielleicht noch nie so politisch wie heute: Regisseure wie Nicolas Stemann oder Volker Lösch bringen Flüchtlinge und Hartz-IV-Empfänger auf die Bühne – nicht als Rollen wohlgemerkt, sondern als reale Personen. Was halten Sie davon?

Das ist Naturalismus, Edelkitsch, der nur zur Besänftigung des eigenen schlechten Gewissens dient. Wenn Sie zehn Schwarze auf der Bühne haben, die „Freiheit!“ rufen, ist das nur peinlich, sonst nichts.

Wie sehen Sie die Arbeitsbedingungen in der deutschen Theaterlandschaft? Ist sie am Zusammenkrachen?

Ich sehe, dass die Subventionen immer mehr zusammengefahren werden. Ich sehe, dass selbst die jungen Schauspieler schon darum kämpfen, so gut situiert zu sein wie Bankangestellte, und alles tun, um gesichert zu sein. Das finde ich eine ganz falsche Entwicklung. Theater muss Risiko bleiben.

Interview: Harald Ruppert

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