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  4. Faszinierende Wesen: Warum Pilze die heimlichen Herrscher über den Planeten sind

Faszinierende Wesen
01.10.2017

Warum Pilze die heimlichen Herrscher über den Planeten sind

Die wahren Pilze leben unter der Erde - und sind viel größer.
Foto: Creaturart/fotolia.com

Sie sind die größten Lebewesen der Welt – wurden aber lange Zeit beinahe übersehen. Jetzt hat die Wissenschaft die Pilze entdeckt. Und stellt unser Bild der Welt auf den Kopf.

Atmen Sie doch noch einmal tief durch, bevor Sie beginnen, diesen Text zu lesen. Einatmen. Ausatmen. Gut so. Denn schon haben Sie das Thema, um das es gleich geht, verinnerlicht. Und das ganz wörtlich. Zwischen zehn- und zwanzigtausend Liter Luft atmet jeder Mensch täglich ein. Mit dieser Luft gelangen auch jede Menge Fremdstoffe in unseren Körper. Pilzsporen zum Beispiel. Jeder Kubikmeter Luft enthält zwischen 1000 und 10000 Pilzsporen von mehreren hundert verschiedenen Arten. Über den Tag verteilt nehmen wir so, unbemerkt und meist ohne Folgen, einen bunten Cocktail aus Pilz-DNA auf – zusätzlich zu der Vielzahl an Pilzen, die selbst jeder gesunde Mensch auf und in seinem Körper mit sich herumträgt. Gemessen haben das Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie und des Geocycles-Programms der Universität in Mainz. Bewiesen haben sie damit, was die passionierten Schwammerlsucher, die gerade mit Körbchen und Messer durchs Unterholz strauchen, längst wussten: Ein Leben ohne Pilze ist nicht denkbar.

Weit mehr als eine Million Pilzarten gibt es auf dem Planeten

Tatsache ist aber auch: Obwohl die Pilze eine überragende Rolle für alles Leben auf der Erde spielen, wurden sie lange dramatisch unterschätzt – auch von Schwammerlsuchern. Was die nämlich Pilze nennen, sind tatsächlich nur deren Fruchtkörper, gebildet, um ihre Poren zu streuen. Der eigentliche Pilz lebt unter der Erde – und ist viel größer. Auch die Wissenschaft beginnt im Grunde erst zu verstehen, mit was für außergewöhnlichen Wesen wir uns den Planeten teilen.

Mit modernen molekularbiologischen Methoden nehmen Forscher die Pilze seit einigen Jahren neu in den Blick. Britische und deutsche Biologen konnten so gerade die Zahl der Pilzarten auf der Erde dramatisch nach oben korrigieren: Statt der bislang beschriebenen rund 120000 Arten gibt es demnach wohl zwischen 2,2 bis 3,8 Millionen. Über 90 Prozent der Pilze auf der Welt sind noch vollkommen unbekannt. Und was die Forscher entdecken, klingt oft so wie Berichte von außerirdischem Leben auf der Erde.

Foto: Emiliano/fotolia.com

Aber der Reihe nach. Pilze gab es wohl schon vor hunderten Millionen Jahren. Sie haben eine entscheidende Rolle beim Übergang des Lebens vom Wasser an Land gespielt. In den ältesten bekannten Fossilien der Welt, 440 Millionen Jahre alt, konnten Forscher Pilzsporen nachweisen. Wahrscheinlich waren Bakterien und Algen das erste Leben auf dem Land. Ihnen folgten dann wohl Pilze nach, die sich von dem organischen Material ernährten – und damit im wahrsten Sinne des Wortes den Boden bereiteten für die Entwicklung von Pflanzen und Tieren. Dass im Meer immer noch Pilze wachsen, hat man dennoch lange ignoriert. So schreibt es der österreichische Zoologe Robert Hofrichter in einem neuen Pilzbuch*.

Ötzi, das tiefgefrorene Mordopfer vom Gletscher, hatte in einem Beutel Pilze bei sich

Auch aus der Menschheitsgeschichte sind Pilze nicht wegzudenken. Im fast 3500 Jahre alten sogenannten Festtempel des Pharaos Thutmosis III. im ägyptischen Karnak ist auf einem Wandrelief deutlich erkennbar ein Pilz abgebildet. Der Kaiserling, ein seltener und besonders begehrter Speisepilz, soll seinen Namen angeblich daher haben, dass er im alten Rom exklusiv dem Kaiser vorbehalten war, so die Legende. Besser belegt ist, dass Pilze in der Geschichte schon mehrfach dazu benutzt wurden, politische Machtkämpfe zu entscheiden – auch im alten Rom. Kaiser Claudius etwa ist wohl einer Pilzvergiftung zum Opfer gefallen. Die Täterin? Womöglich seine Frau. Und Ötzi, das tiefgefrorene Mordopfer vom Gletscher, hatte in einem Beutel zwei Birkenporlinge bei sich. Diese Pilze werden wegen ihrer desinfizierenden Wirkung bis heute als Naturmedizin verwendet. Und heute? Heute haben sogar die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS mit hartnäckigem Pilzbefall zu kämpfen, der die Technik stört.

Pilze überall. Doch trotz der langen gemeinsamen Beziehung zwischen Menschen und Pilzen haben wir bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die Pilze gar nicht als das erkannt, was sie sind. Pflanzen sind sie nämlich nicht. Aber Tiere sind sie auch nicht. Heute weiß man: Pilze bilden ein eigenes Reich zwischen Tieren und Pflanzen. Pilze bilden Zellwände wie viele Pflanzen – allerdings aus dem Material Chitin, aus dem auch die Panzer von Insekten bestehen. Und vor allem: Anders als Pflanzen können Pilze die Energie, die sie zum Leben benötigen, nicht aus dem Sonnenlicht gewinnen. Sie müssen fressen, im übertragenen Sinn zumindest.

Foto: Patrick Pleul/dpa

Nicht alle sind dabei so rabiat wie beispielsweise einige Pilzarten aus dem brasilianischen Regenwald, die ganz spezifisch je eine Art von Ameisen befallen. Wenn die Pilzsporen in ihrem Körper aufgehen, verändern die Insekten ihr Verhalten. Statt weit oben in den Baumkronen auf Nahrungssuche zu gehen, heften sich die infizierten Tiere kurz über dem Boden an Stamm oder Ästen an – dort wo es dunkel, warm und feucht ist, wie der Pilz es mag. Der Parasit wächst im Inneren der Ameise, bis er sie ganz aufgezehrt hat. Dann fallen aus der übrig gebliebenen Insektenhülle neue Pilzsporen auf neue Ameisen. Killerpilze, wenn man so will.

In jüngster Zeit aber erkennen Wissenschaftler immer klarer, dass „Fressen-und-gefressen-Werden“ als Prinzip in der Natur nicht dominant ist. Mindestens genauso wichtig für das Überleben ist wohl die Kooperation zwischen verschiedenen Arten. Und wieder sind es die Pilze, die uns die Tür aufstoßen zu diesem neuen Verständnis der Natur.

Flechten sind dafür das beste Beispiel. Längst hat man sie als eine Art Superorganismus identifiziert, weil sie eine Lebensgemeinschaft bilden zwischen einem Pilz und einer Algen- oder einer Bakterienart. Flechten wachsen an so extremen Orten wie von Salzwasser gepeitschten Meeresklippen. Sie können tausende Jahre alt werden und bauen dabei den Stein sehr langsam ab – zwischen unter einem und mehreren Millimetern in hundert Jahren. Mit DNA-Analysen haben Forscher nun festgestellt, dass ihnen bislang Entscheidendes entgangen ist: Flechten sind meist Lebensgemeinschaften von nicht nur einem, sondern zwei Pilzen und einer Bakterie oder Alge. Der eine Pilz bildet den eigentlichen Flechtenkörper aus. Darin leben dann Alge oder Bakterie, die mit der Kraft des Sonnenlichts wichtige organische Verbindungen bilden. Der dritte Partner ist auf die Verteidigung spezialisiert, indem er etwa Gift- und Bitterstoffe produziert. Keiner der drei Partner könnte allein solchen Extrembedingungen trotzen. Zusammen sind sie in ihrem Lebensraum konkurrenzlos.

Pilze bilden unter der Erde ein riesiges, endlos wachsendes Geflecht von Zellfäden

Mindestens so beeindruckend ist eine andere Lebensgemeinschaft, die auf den ersten Blick auch nicht als solche zu erkennen ist. Pilze und Bäume sind unter der Erde, verborgen von unseren Blicken, aufs Engste miteinander verbunden. Auch das hat der Schwammerlsucher natürlich geahnt: „Unter Birken, Tannen, Buchen kannst du immer Pilze suchen; unter Eschen, Erlen, Linden, wirst du nicht viel finden…“ Inzwischen hat die Wissenschaft ein genaueres Bild dieser Lebensgemeinschaft gewonnen: Über 80 Prozent aller Pflanzen an Land leben und arbeiten aufs Engste mit Pilzen zusammen. Mykorrhiza heißt diese Art der Symbiose, bei der sich die Pilze rund um die feinen Wurzeln von Bäumen oder Pflanzen ansiedeln und dort für eine bessere Versorgung ihrer Partner mit Wasser und Nährstoffen, vor allem Phosphor und Stickstoff, sorgen. Zudem halten die Pilze andere Pilze und Krankheitserreger von den Pflanzenwurzeln fern und schützen sie vor giftigen Stoffen wie Schwermetallen, indem sie diese in ihrem Gewebe anreichern. Die Pilze werden dafür großzügig entschädigt, mit Stoffen, die sie selbst nicht herstellen können, aber von den Pflanzen bei der Photosynthese gebildet werden, Zucker vor allem. Die Kooperation kann bei einigen Arten sogar so weit gehen, dass Pflanzenzellen und Pilzzellen sich vereinigen.

Foto: Lino Mirgeler/dpa

Bäume bilden mit mehreren Pilzarten gleichzeitig Mykorrhizen aus, die sie vom Wechsel der Jahreszeiten und der Witterung unabhängiger machen. So lange jedenfalls, wie nicht Umweltzerstörung und Klimawandel die Pilzvielfalt zerstören. Aber die Kooperation geht noch weiter. Pilze bilden unter der Erde ein riesiges, endlos wachsendes Geflecht von Zellfäden, den sogenannten Hyphen. Als weltgrößtes Lebewesen gilt ein Pilz der Art Hallimasch im amerikanischen Bundesstaat Oregon. Sein Myzel, das aus den Hyphen gebildete Netz, hat einen Durchmesser von 17 Kilometern und ist geschätzt 2400 Jahre alt.

Über das „Internet des Waldes“ können Pflanzen und Pilze kommunizieren

Über dieses Netz der Pilze, seit seiner Entdeckung Ende der 90er Jahre gerne „Internet des Waldes“ genannt, können Pflanzen und Pilze über Kilometer hinweg miteinander kommunizieren. Verschiedene Arten von Bäumen versorgen sich darüber sogar über Distanz mit Nährstoffen. „Die Schwachen werden von den Starken mitversorgt“ gegen „alle gegen alle“ – es klingt, als werde unter der Erde ein politischer Kulturkampf ausgetragen…

Wem das zu abstrakt ist, bitte, Pilze liefern noch viel mehr handfesten Stoff zum Wundern: Dass sie Millionen Menschen das Leben gerettet haben, weil sie dem vergesslichen Bakteriologen Alexander Fleming das Penicillin geschenkt haben – bekannt. Aber an einer Vielzahl weiterer Medikamente und Therapien auf der Basis von Pilzinhaltsstoffen wird gerade erst geforscht. Ohne Hefepilze hätten wir weder Bier, Brot noch Wein. Pilze sorgen dafür, dass wir nicht in abgestorbener Biomasse ersticken: Neben Bakterien sind es vor allem sie, die all den organischen Abfall im ewigen Stoffkreislauf der Natur umsetzen zu Materialien, die wieder von anderen Organismen verwertet werden können. Pilze produzieren tödliche Gifte – können aber auch Textilien, Öle, Kunststoffe, sogar giftige und radioaktive Stoffe abbauen. Und: Pilze können es regnen lassen.

Und damit noch einmal zurück an den Anfang, zu den Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemie. Die haben nämlich vor allem deswegen die Zahl der Pilzsporen in der Luft ermittelt, weil diese als Kondensations- und Kristallisationskeime für Wassertropfen und Eiskristalle dienen. Mit anderen Worten: Wolken, Nebel und Niederschlag entstehen auch, weil überall Pilze sind, die ihre Samen in die Luft schleudern. Nicht schlecht für eine Gruppe von Lebewesen, die wir erst seit relativ kurzer Zeit wirklich entdecken. So, wie es aussieht, fängt die Schwammerlzeit in der Wissenschaft gerade erst an.

* Robert Hofrichter: Das geheimnisvolle Leben der Pilze. Die faszinierenden Wunder einer verborgenen Welt. Gütersloher Verlagshaus, 240 S., 19,99 Euro

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