"The Homesman": Die Harte und der Halunke
Selten hat der Western eine so starke Frau wie Mary Bee Cuddy gesehen wie bei "The Horseman". Und selten schlug sich ein so ungewöhnliches Paar gemeinsam durch die kargen Weiten Nebraskas.
So unromantisch sah der Wilde Westen noch nie aus: Eine öde flache Landschaft, deren staubige Erde kaum vom Grau des Himmels zu unterscheiden ist. Die Pioniere, die hierher nach Nebraska gekommen sind, müssen hart arbeiten, um der tristen Wildnis ihr tägliches Brot abzutrotzen. Mittendrin pflügt Mary Bee Cuddy (Hilary Swank) zu Beginn von Tommie Lee Jones zweitem Western „The Homesman“ ihr Feld um und diese ersten Bilder zeigen eine Frau, die weiß, was sie tut.
Ihr bescheidenes Gehöft ist gut in Schuss und in der kleinen Gemeinde ist die gottesfürchtige, ledige Farmerin eine respektierte Bürgerin. Aber nicht alle Frauen hier draußen sind so hart im Nehmen wie sie. Manche verzweifeln an der rauen Unerbittlichkeit dieses Lebens und den schmerzhaften Verlusten, die es ihnen abverlangt.
Bäuerin Mary Bee und Herumtreiber George Biggs auf Reisen in "The Homesman"
Drei Frauen sind in diesem Winter dem Wahnsinn verfallen. Ihre Ehemänner sind nicht in der Lage weiter für sie zu sorgen und so übernimmt Mary Bee die Aufgabe, die verlorenen Seelen zurück in die Zivilisation nach Iowa zu bringen, wo sich eine Pfarrersfrau (Meryl Streep) um sie kümmern soll. Fünf Wochen mit einem vergitterten Pferdewagen durch Wildnis und Indianerterritorium liegen vor ihr.
Unerwartete Verstärkung bekommt sie von dem Herumtreiber George Briggs (Tommy Lee Jones), der mit einer Schlinge um den Hals auf einem Pferd gefesselt um sein Leben bettelt. Mit seiner Rettung verpflichtet sich der Fremde, Mary Bee auf ihrer Reise zu begleiten. Briggs ist ein Halunke, aber er hält sein Versprechen auch wegen des in Aussicht gestellten stattlichen Honorars. Die Zwei geben eines der ungewöhnlichste Paare der Genregeschichte des Westerns ab und gemeinsam ist den beiden einzig ihre Halsstarrigkeit. Briggs fällt es nicht leicht, sich dem Kommandoton seiner Auftraggeberin zu unterwerfen und Mary Bee tut sich schwer mit dem unzivilisierten Benehmen ihres Reisebegleiters. Aber die Samariterin und der Tunichtgut raufen sich zusammen und bauen über einige tiefe Gräben hinweg langsam einen gewissen Respekt füreinander auf.
"The Homesman" ist ein etwas anderer Western
In „The Homesman“ nach dem Roman von Glendon Swarthout bürstet Jones („Three Burials – Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“) das Westerngenre kräftig gegen den Strich. Nicht nach Westen einer neuen Zukunft entgegen bewegt sich der kleine Treck, sondern nach Osten zurück in die Zivilisation. Die Figuren sind vom rauen Leben gezeichnet. Das gilt nicht nur für die drei traumatisierten Frauen im vergitterten Wagen, sondern auch für Mary Bee, die zwar die notwendige Resolutheit und moralische Integrität für den Wilden Westen aufbringt, diese jedoch mit Einsamkeit und Ehelosigkeit bezahlt.
Jones verweigert sich strikt der Romantisierung des Pionierlebens, die zum Western gehört wie der Hut zum Cowboy, und beleuchtet sehr differenziert die Lebensumstände der Frauen, die in diesem Männer-Genre normalerweise außen vor bleiben. In besonnenem Tempo bewegt sich „The Homesman“ durch die kargen Landschaften Nebraskas und findet immer wieder zu Szenen, in denen die emotionale Wahrhaftigkeit der verhärteten Seelen, ihre Ängste, aber auch ihre Charakterstärken herausgearbeitet werden. Denn das ruppige, vollkommen unsentimentale Auftreten des Films kann nicht verbergen, dass der Regisseur tief im Herzen seinen Glauben an das Gute im Menschen noch nicht verloren hat.
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