Verbittert und verarmt: Schau über ältesten Bach-Sohn
Leipzig (dpa) - Sein berühmter Vater war für ihn Fluch und Segen zugleich. Wilhelm Friedemann Bach (1710 -1784) war eines der 20 Kinder von Johann Sebastian Bach (1685 -1750) - und der Lieblingssohn des berühmten Komponisten.
Das Bach-Museum in Leipzig, das vor allem Johann Sebastian im Blick hat, widmet sich nun dem ebenfalls sehr musikalischen Sohn. Dessen Geburtstag jährt sich zum 300. Mal. "Der hochbegabte, wunderliche Liebling seines Vaters" heißt eine Kabinettsausstellung mit vielen Leihgaben, die vom 10. September bis 5. Dezember zu sehen ist.
Johann Sebastian setzte sich stark dafür ein, dass sein Ältester beruflich in seine Fußstapfen trat. Als Wilhelm Friedemann zehn Jahre alt war, habe ihm sein Vater ein Klavierbüchlein für Kompositionsversuche angelegt, berichtet die Museumsleiterin Kerstin Wiese. Allerdings ist es nicht in der Schau zu sehen. Es befindet sich in den USA.
In den Vitrinen des Bach-Museums liegen etwa Notenblätter mit der Kantate "Ich freue mich in dir", die der Sohn als 14-Jähriger für seinen Vater abgeschrieben hat. Zu sehen ist auch eine handschriftliche Gemeinschaftskomposition von Johann Sebastian und Wilhelm Friedemann. "Sie haben sich gegenseitig Aufgaben gestellt, daraus entstand diese "Kontrapunkt-Studie"", erklärte Wiese.
Noch als Erwachsener wurde Wilhelm Friedemann von seinem Vater unterstützt. Johann Sebastian verfasste ein ebenfalls ausgestelltes Bewerbungsschreiben um die Organistenstelle an der Dresdner Sophienkirche, die der 22-jährige Sohn schließlich auch bekam. Später zog der gefeierte Orgelvirtuose nach Halle um. Dort spielte er als Musikdirektor in der Marktkirche fast zwei Jahrzehnte lang seine Kantaten und zahlreiche Kompositionen seines Vaters. Über Nacht kündigte er 1764 diese Stelle, um freischaffender Musiker zu werden.
Die spontane und unbegründete Kündigung sorgte für Entsetzen; ebenso wie andere Verhaltensweisen des Bach-Sohns. "Er war ein toller Komponist, aber hatte einen schwierigen Charakter", sagt die Kuratorin der Schau, Maria Hübner. Er habe Probleme gehabt, mit der Obrigkeit angemessen umzugehen. "Johann Sebastian hatte auch so manche Probleme mit der Obrigkeit. Aber er hat seine Anstellung nie in Frage gestellt wie sein Sohn."
Dieser fasste schließlich trotz vieler Konzertreisen und einer Arbeit als Klavierlehrer nie wieder richtig Fuß. In einem Schreiben des Berliner Magistrats an Kronprinz Friedrich Wilhelm II. etwa heißt es, er habe ein "sonderbares Betragen und einen unanständigen Wandel". Daher werde der Bitte um eine Stelle an der Marienkirche nicht stattgegeben. Zum Schluss sei Wilhelm Friedemann verbittert und verarmt gewesen, berichtet Wiese.
Ausstellung: dpaq.de/unQfw
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